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Schneiden mit Köpfchen

Laserschneidkopf: Vom Linsenhalter zur Schneideinheit
Schneiden mit Köpfchen

Laserschneidköpfe sind das Herzstück von Laserschneidanlagen. Um die Energie des Lasers effizient und produktiv ins Blech zu bringen, werden sie mit neuen Optiken und schneller Sensorik eng an die Maschinensteuerung angebunden. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Faser- und CO2-Laser.

„Der Laserschneidkopf ist für die Laserschneidanlage das, was für einen guten Sportwagen die Reifen sind“, sagt Jürgen-Michael Weick, bei der Trumpf GmbH & Co. KG in Ditzingen zuständig für die Entwicklung von Laserschneidköpfen. Wie die Reifen die Kraft des Motors auf die Straße bringen, bringt er die Energie des Lasers als Schneidleistung ins Blech.

Die eigentliche Funktion des Laserbearbeitungskopfes ist es, den von der Laserquelle durch einen Strahlengang oder Lichtwellenleiter zum Werkstück transportierten Laserstrahl an der Schnittstelle zu fokussieren und gleichzeitig das Schneidgas parallel zum Laserstrahl an die Schnittstelle zu führen. Für die Schnittqualität entscheidend sind bei gegebener Laserleistung die Fokuslage und der Fokusdurchmesser einerseits, die Schneidgasströmung und die Zentrizität des Laserstrahls zur Düse andererseits sowie ein konstanter Abstand zwischen Schneidkopf und Blech. Unterschiedliche Materialien und Materialdicken erfordern dabei unterschiedliche Brennweiten, Fokuslagen und Fokusdurchmesser. Für die Anpassungen werden heute ebenso Linsenwechselsysteme mit vorjustierten Optiken eingesetzt wie Systeme mit adaptiven Optiken, die während des Schneidbetriebs über die Maschinensteuerung auf unterschiedliche Blechdicken eingestellt werden. Die Kopfkonstruktionen unterscheiden sich dabei je nachdem, ob CO2-Laser oder Festkörperlaser eingesetzt werden, wobei Faser- und Scheibenlaser wegen ihres wachsenden Marktanteils die Entwicklung prägen.
Speziell mit den fasergekoppelten Festkörperlasern werden im Dünnblech höhere Schneidgeschwindigkeiten erreicht, und die Anlagen sind insgesamt dynamischer. Entsprechend stabil müssen die Linsenhalterungen und Einstellmechanismen im Laserkopf ausgelegt sein. Es nutzt wenig, wenn der Laserkopf zwar mit 6 g positioniert, dann aber seine Einstellungen nicht mehr stimmen. Zudem sind die Belastungen der Systeme durch Spritzer, Gas oder Rauch und Wärme an der Schnittstelle zu berücksichtigen.
„Die meisten Schneidköpfe sind heute Linsenschneidköpfe“, sagt Weick. Er schätzt deren Anteil im Markt auf 99 %. Spiegelköpfe werden vergleichsweise selten in Fällen hoher Leistung zum Schneiden ansonsten mehr zum Laserschweißen eingesetzt. Da der Laserstrahl von Festkörperlasern bereits mit 1 µm großen Partikeln Wechselwirkungen zeigt, sind die Linsenköpfe für Faser- und Scheibenlaser hermetisch abgeschlossen. Laserköpfe für CO2-Laser sind dagegen offen. Die Linsen für CO2-Lasersysteme bestehen aus Zinkselenid (ZnSe), in Festkörperlasersystemen sind sie aus Quarz.
„Zinkselenid-Linsen sind in CO2-Laserschneidköpfen heute Standard und problemlos“, sagt Daniel Wildmann, Geschäftsführer der auf Laserschneidköpfe und Messtechnik spezialisierten Precitec GmbH in Gaggenau. Sie seien am Markt in guter Qualität verfügbar und die Technik sei ausgereift und erprobt. Durch jahrelange Praxis werden ihre Eigenheiten beherrscht. So entstehen in den Linsen im Laufe der Nutzung feine Risse, und es setzen sich Partikel auf ihrer Oberfläche fest. Wechselwirkungen des Laserstrahls mit diesen Störungen führen zu teils starken Erwärmungen, welche die Linse verformen, so dass sie ihren Fokus verliert. Ähnliche Effekte eines Focusshifts treten auf, wenn die Linse Spannungen ausgesetzt ist. CO2-Laserköpfe sind so konstruiert, dass die Linsen zur Schnittstelle hin offen und nur durch das zur Schneidstelle strömend Schneidgas gespült sind. Dennoch schlagen sich aufsteigende Spritzer auf der Fokussierlinse nieder.
Unter Experten gilt die Vorgabe, in CO2-Lasersystemen die Zahl transmissiver Optiken gering zu halten. In den meisten Konstruktionen bleibt es bei einer Fokussierlinse. Die Linsen selbst lassen sich im Laserkopf einfach ausbauen und reinigen. Mussten früher für verschiedene Brennweiten unterschiedliche Schneidköpfe eingesetzt werden, erlauben heute austauschbare Linsenkassetten einen Brennweitenwechsel ohne Verlust des Arbeitspunkts (Tool Center Point, TCP). Automatische Düsen- und Linsenwechselsysteme erledigen zudem in hochproduktiven Maschinen den Wechselvorgang zuverlässig ohne Beteiligung eines Bedieners.
Die Entwicklung geht allerdings zu Schneidsystemen mit einstellbaren Optiken, die ohne Austausch von Linsen ein breites Blechdickenspektrum bearbeiten. Bei CO2-Lasern werden dazu die Fokuslage und der Fokusdurchmesser im Strahlengang mit Hilfe adaptiver Spiegeloptiken eingestellt. Diese Spiegel lenken den Strahl gleichzeitig um, ihre Wölbung wird beispielsweise bei den Trumpf Systemen durch Druckbeaufschlagung einer Kammer hinter dem Spiegel eingestellt. Formänderungen am Spiegel in der Größenordnung von 30 µm ändern die Fokuslage am Blech um bis zu 40 mm. Die Strahlformung erfolgt NC-gesteuert über die Maschinensteuerung während des Schneidens.
„Es gab früher einmal eine Faustregel, wonach eine Linse beim CO2-Laser etwa ein Vierteljahr hält“, sagt Jürgen-Michael Weick von Trumpf. „Heute sind wir bei einem Dreivierteljahr, manchmal auch länger.“ Das hängt einerseits mit neuen Beschichtungen der Linsen zusammen, andererseits mit dem Schutz der Linsen in der Maschine. Den größten Einfluss hat der Einsatz von Linsen mit größerer Brennweite, die einen größeren Abstand zum Werkstück ermöglichen. Statt 3,5-Zoll-Linsen werden überwiegend 5-Zoll-Linsen oder größere Brennweiten eingesetzt. „Allein die ungefähre Verdoppelung der Brennweite von 127 mm auf 250 mm verringert die Gefahr, dass Spritzer bis zur Linse kommen auf ein Viertel“, sagt Weick.
Der wichtigste Aspekt aber bleibe die Reinigung. Er kenne einzelne Anwender, sagt Axel Willuhn, Produktmanager Stanz- und Lasertechnik bei der Amada GmbH in Haan, die ihre Linsen länger als ein Jahr einsetzen. Allerdings würden dort die Linsen ausgebaut und sorgfältig gereinigt. Linsenreinigungstuch und Handschuhe gehören schließlich zu Maschinenausstattung.
Auf eine derart sorgfältige Behandlung der Linsen wollen sich die Entwickler mit Blick auf die wachsenden Märkte mit weniger gut ausgebildetem Bedienpersonal eigentlich nicht verlassen. Die Pflege, Kontrolle und Einstellung der Optiken wandert deshalb bei allen Herstellern mehr und mehr in automatische Systeme in der Maschine. Dabei spielen auch die Entwicklungen der Faserlaser eine Rolle.
Faserlaser gelten als zehnmal so empfindlich wie CO2-Laser, ihre Laserbearbeitungsköpfe sind deshalb hermetisch gegen das Eindringen µm-großer Partikel versiegelt. Dazu wird auf der Werkstückseite zwischen Düse und Fokussieroptik ein Schutzglas eingesetzt, das sowohl die Linse vor Spritzern und Rauch schützt als auch den Innenraum des Kopfs gegen das Schneidgas abdichtet. Auf der anderen Seite des Schneidkopfes, an der Kopplung zum Lichtwellenleiter, verhindert ein Spülluftsystem das Eindringen von Partikeln.
Alle Optiken zur Strahlformung befinden sich beim Faser- oder Scheibenlaser im Laserkopf. Dort können – im Gegensatz zum CO2-Laser – mehr oder weniger beliebige viele Quarzlinsen zu optischen Systemen aufgebaut werden. Entlang der Laserachse sind das in aller Regel Kollimationslinsen zum Parallelisieren des Laserstrahls, adaptive Optiken zum Einstellen des Fokusdurchmessers und der Fokuslage und das abschließende Schutzglas. Weitere Optiken beispielsweise zur Überwachung der Schneidzone können hinzukommen.
Mit diesen Optiken lassen sich die Systeme an die unterschiedlichsten Laser- und Prozessanforderungen anpassen. Erst mit ihnen wird der 1-µm-Laserstrahl der Festkörperlaser so eingestellt, dass auch dickere Bleche geschnitten werden können. Faserlaser fokussieren sehr eng und mit hoher Energiedichte, weshalb ihre anfänglichen Einsatzgebiete auf Dünnbleche konzentriert waren. Mit entsprechende Strahlformungen, vor allem Fokuslagen und verbreitertem Fokusdurchmesser, können heute Schnitte in Edelstahl bis 20 mm mit hoher Qualität umgesetzt werden. Je vielfältiger die Möglichkeiten der Einstellung der Optiken, desto flexibler ist die Maschine einsetzbar und desto höher ist die Produktivität. Ein Grund für die Highyag Lasertechnologie GmbH in Stahnsdorf beispielsweise im Faserlaserkopf Bimo FSC die Optiken so auszuführen, dass Fokuslage und Fokusdurchmesser separat eingestellt werden, und zwar während der Bearbeitung.
Wechseln der Linsen durch den Bediener, Einstellen der Fokuslage von Hand nach papierenen Einstelltabellen und nach der Erfahrung: Das gibt es noch, aber der Trend geht zur autonomen Lasermaschine, die den Bediener von den prozessrelevanten Vorgängen und Einstellungen entlastet und den optimalen Prozess durch Regelkreise selbst einstellt. Dazu werden in den Laserköpfen motorische Antriebe für die Einstellung verschiedener adaptiver Optiken notwendig und es bedarf Sensorik zum Erfassen des laufenden Prozesses. Sensoren prüfen den Zustand der Linse und des Schutzglases, erkennen Linsenbrüche, kontrollieren die Fokuslage und den Fokusdurchmesser, prüfen die Düse und die Zentrizität der Einstellungen. Weitere Sensoren erfassen den Einstechvorgang und die Plasmabildung. Kameras beobachten den Schneidprozess durch den Laserkopf hindurch, und die automatische Auswertung der Bilder wird unmittelbar genutzt, um die Einstellungen über die Maschinensteuerung zu optimieren. Die Sensoren und Kameras sind in den Laserschneidköpfen verbaut, oder sie sind als Modul oder separates Anbauelement verfügbar. Ihre Daten liefern sie über die entsprechenden Schnittstellen an die Maschinensteuerung. Es liegt an den dort hinterlegten Algorithmen des Maschinenbauers, wie das System mit den Daten den Prozess optimiert.
Unabhängig von der Maschinensteuerung arbeitet dagegen die Abstandssensorik. Zusammen mit einem Einstellgerät kann beispielsweise im System von Precitec der kapazitive Abstandssensor zu einem eigenen Regelkreis ausgebaut werden, der den Abstand zwischen Blech und Schneidkopf konstant hält. Um bei den durch die Festkörperlaser gestiegenen Schneidgeschwindigkeiten mitzuhalten, arbeiten auch die Sensoren mit höheren Abtastraten. Im neuen Faserlaserkopf von Highyag beispielsweise erfasst die Abstandssensorik im 100-µs-Rhythmus den Abstand zum Blech und korrigiert ihn.
Wie sich die dynamischen Belastungen auswirken, hat Amada getestet. „Wir haben Versuche gefahren und unsere Maschine mit Beschleunigungen von 8 g überlastet“, erzählt Axel Willuhn. Aus dem, was dabei kaputt gegangen sei, habe man Schlüsse ziehen können. Aktuelle Laserschneidköpfe von Amada und anderen Herstellern gelten heute als fest genug für Beschleunigungen von bis zu 6 g.
Ein Aspekt, der vor allem von Trumpf in den Vordergrund gestellt wird, ist die Kollisionssicherheit. „Beim Laserschneiden liegen die Bleche auf Rosten auf. Je höher die Dynamik des vorbeiziehenden Laserkopfs ist, umso größer ist die Gefahr, wenn sich Teile aufstellen. Dicke Bleche können sich zudem verziehen. Die Gefahr von Kollisionen ist also häufig gegeben“, sagt Jürgen-Michael Weick. Abgesehen von eventuellen Schäden bedeute aber jede Kollision auch Stillstand der Anlage. Darauf will man es bei Trumpf gar nicht erst ankommen lassen und ist abgekommen von der üblichen Konstruktion, Laserköpfe mit Sollbruchstellen zu versehen und „hart“ an die Struktur zu schrauben. „Seit Mitte des letzten Jahrzehnts sind bei Trumpf alle Kollisionsschutzmaßnahmen oder besser Überlastschutzmaßnahmen so, dass sie reversibel sind“, betont Weick. Bei den CO2-Anlagen funktioniert das nach dem Prinzip der Skibindung: Stößt der Laserkopf an, löst er sich und hängt dann an der Anlage, ohne dass etwas brechen könnte. Im Kollisionsschutzsystem wird zudem detektiert, ob es sich bei der Kollision nur um eine Berührung handelt oder ob hohe Kräfte wirken. Wirkt eine Kraft , werden alle Achsen der Maschine sofort gebremst.
Insgesamt entwickeln sich heute Laserköpfe von den Linsenhaltern der Anfangszeit hin zu komplexen, sensorbestückten Schneideinheiten, die beispielsweise für 3D-Schneidoperationen mit eigenen Bewegungsachsen ausgestattet sind. So bietet Precitec sein System Formcutter als Einheit aus Laserkopf und Bewegungssystem an, das für die Laserbearbeitung an Robotern montiert wird. Dort gleicht es Ungenauigkeiten des Roboters über die eigenen Achsen selbständig aus.
Volker Albrecht Freier Journalist in Bamberg

Gebeugte Strahlen und Empfindlichkeit

Die Absorption von Laserlicht im Material hängt von der Wellenlänge ab. Laserstrahlung kann dabei nur ins Material einkoppeln, wenn die Oberfläche des Materials groß genug ist. Da CO2-Laser mit einer Wellenlänge von etwa 10 µm arbeiten, die üblichen Faser- und Scheibenlaser mit einer Wellenlänge von etwa 1 µm, treten beim Festkörperlaser Wechselwirkungen mit Partikeln bereits ab 1 µm Größe auf, die vom CO2-Laser überstrahlt werden. Ähnliche Effekte können beim Beugungsversuch am Spalt oder Draht beobachtet werden.
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