Kunststoffverarbeitung | Neben intelligenter Software und Industrie 4.0 sind es immer noch Neu- und Weiterentwicklungen bei Verfahren und Maschinen, die Spritzgießzellen leistungsfähiger machen. Auf der K 2016 zeigen die Hersteller eine erstaunliche Fülle solcher Innovationen. Hier kurze Einblicke. ❧ Olaf Stauß
Composites mit Endlosfaser-Verstärkung spritzgießen, geht das? Ja, ist tatsächlich möglich: durch „Insitu“-Polymerisierung im Werkzeug. Nachdem Engel das Prinzip vor vier Jahren vorstellte, liefern die Österreicher jetzt den Beleg und fertigen live eine faserverstärkte Schaufel: Die Verstärkungstextilien werden in die erste Kavität eingelegt. Ein neu entwickeltes Reaktivaggregat schmelzt ε-Caprolactam, ein Vorprodukt von Polyamid, zu einem dünnflüssigen Fluid auf und infiltriert damit das trockene Faserhalbzeug. Das Monomer polymerisiert zur festen Matrix, so dass das Composite in der zweiten Kavität durch Spritzgießen funktionalisiert werden kann: Zum Beispiel erhält es Rippen und/oder andere Konturen aus kurzglasfaserverstärktem PA 6.
Der Spritzgießmaschinenbauer vertieft damit einen Ansatz, mit dem er im Wettbewerb bereits eine Marke gesetzt hat. Ähnliches gilt für etliche weitere Neuheiten der Hersteller, die sie auf der K-Messe vorstellen. Arburg etwa will den Erfolg der „Golden Edition“ mit der neuen „Golden Electric“ fortschreiben: Auch diese Maschinenreihe bietet hochwertige Standards – nun für den Einstieg ins vollelektrische Spritzgießen.
Hydraulischer Servoantrieb imitiert Vollelektrik
Dr. Boy ist fokussiert auf hydraulische Spritzgießautomaten bis 1000 kN Schließkraft. Der Vorreiter für Servoantriebe steigt nicht etwa in die Vollelektrik ein. Mit dem neuen Multi-Drive wollen die Rheinländer „die Funktionalität einer vollelektrischen Spritzgießmaschine abbilden“. Der Antrieb enthält zwei servomotorisch angetriebene Pumpen, die „völlig flexibel“ parallel zueinander oder miteinander eingesetzt werden können.
Wittmann Battenfeld baut das Engagement im Mikro-Spritzguss aus. So wird erstmals eine MicroPower als 2K-Maschine zu sehen sein. Ausgestattet mit zwei Spritzaggregaten und Drehteller, produziert sie einen Stecker aus PC sowie elektrisch leitfähigem PC.
Spritzgießzellen können mehr als Spritzgießen. Zum Beispiel das Lackieren ersetzen – ein ganz großes Thema. Es gibt zwei Wege dahin: Materialhersteller Covestro propagiert zum Beispiel ein Konzept für den Automobilbau, bei dem das spritzgegossene Teil in einer zweiten Kavität mit Lack geflutet wird. Maschinenhersteller KraussMaffei kommt bei seinem weiterentwickelten Prozess ColorForm hingegen mit nur noch einer Kavität aus – und bietet dafür eine standardisierte Spritzgießzelle an.
Hinterleuchtete Holzleiste – spritzgegossen
Der zweite Weg, das Lackieren zu substituieren, läuft über das Hinterspritzen einer Dekorfolie, die zuvor ins Werkzeug eingebracht wird. Bei dem neuen DecoJect-Verfahren von Engel flutscht die Folie mit diversen Strukturen (wie Narbungen) von der Rolle in die Kavität und wird nach dem Spritzen ausgestanzt: etwa fürs Interieur im Auto. Auf der Messe soll alle 60 s ein Teil die Fertigungszelle verlassen.
Spritzgießmaschinenbauer Sumitomo Demag nutzt das Inmould-Dekorieren, um in Düsseldorf eine dekorierte und zugleich hinterleuchtete Türleiste zu produzieren – eine höchst anspruchsvolle Applikation. Das Dekor ist keine – wie sonst üblich – vollflächig geschlossene und bedruckte Kunststofffolie, sondern eine offenporige Holzstruktur, die neben dem Tagdesign auch eine Ambientebeleuchtung als Nachtdesign bietet. Neugierige Leser können sich bereits jetzt einen Eindruck verschaffen – ein großflächiges Foto des Teils ziert das Cover dieser Industrieanzeiger-Ausgabe.
Unsere Webinar-Empfehlung
Der Summit richtet sich an Entscheider aus den Bereichen Fertigung, Instandhaltung, Fabrikautomatisierung, Automatisierung, Intralogistik und Fabrikplanung, Netzplanung, Netzwerkinfrastruktur, Innovationsmanagement. Daneben sind Hersteller aus den Bereichen Maschinenbau, Sensorik,…
Hier finden Sie mehr über:
Teilen: