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Qualitätssicherung in der additiven Fertigung

Qualitätssicherung in der additiven Fertigung
Gut ist das Teil, das funktioniert

Die additive Fertigung ermöglicht deutlich komplexere Bauteile. Die industrielle Computertomografie ist in der Lage, solche Bauteile von innen und von außen komplett zu erfassen.

In der additiven Fertigung wird ein Bauteil am Computer entworfen und dann „gedruckt“. Dieses Drucken von Bauteilen macht es einerseits extrem einfach, von der Entwurfsphase zur tatsächlichen Fertigung zu gelangen. Andererseits ermöglicht die additive Fertigung die Produktion aller nur denkbaren Formen – eigentlich einer der großen Vorteile dieser Fertigungstechnik – und macht damit die Produkte deutlich komplexer. So kann sich ein Ingenieur beispielsweise von der Natur inspirieren lassen und Produkte entwerfen, die die hochfeste Struktur von Knochen aufgreifen. Das Bauteil wird damit leicht, stabil und materialsparend. Jedoch macht die größere Komplexität es auch anfälliger für Fehler.
Unternehmen nutzen bereits die Freiheiten der additiven Fertigung: Der Flugzeughersteller Airbus hat beispielsweise das Bionic Cabin Bracket entwickelt. Durch seine organische Struktur wiegt es 30 % weniger als ein traditionell gefrästes Bauteil.
Die additive Fertigung konkurriert mit Techniken, die über Jahrzehnte oder noch länger perfektioniert wurden. Hersteller wissen, wie sie mit diesen „alten“ Techniken eine hochqualitative und sichere Serienfertigung sicherstellen. Um sich in der Serienfertigung zu etablieren, muss die additive Fertigung denselben hohen Qualitätsanforderungen genügen.
Es gibt viele Faktoren, die Einfluss auf das Ergebnis des additiven Fertigungsprozesses haben. Hier seien nur die Faktoren genannt, die die Qualität von additiv gefertigten Metalteilen beeinflussen können: Zu wenig eingesetzte Energie kann dazu führen, dass nicht das gesamte Material schmilzt und unregelmäßige Formen entstehen. Zu viel Energie wiederum könnte zu Spritzauswurf führen. Andere Faktoren sind entstehende Gase oder das eingesetzte Material selbst.
All diese Faktoren führen zu Bauteilen, die sich nicht wie geplant verhalten. Neben einer kontinuierlichen Verbesserung der additiven Fertigungsprozesse kann nur eine moderne Qualitätskontrolle verhindern, dass diese Bauteile ausgeliefert werden – am besten eine Qualitätskontrolle, die das Verhalten des Bauteils unter Belastung prüft.
Additiv gefertigte Bauteile mit zerstörenden Verfahren zu prüfen, ist unsinnig. Oft sind die Bauteile Einzelstücke. Sie für die Prüfung zu zerstören, würde die Produktionskosten verdoppeln. Doch selbst für eine Serienfertigung empfehlen sich wegen der Effizienz zerstörungsfreie Verfahren. Wenn erforderlich oder gewünscht, lässt sich damit sogar jedes einzelne Bauteil scannen.
Es stehen mehrere zerstörungsfreie Prüfverfahren zur Auswahl: taktil, optisch und Computertomografie (CT). Doch nur ein CT-Scan hat Zugang zu allen Oberflächen aus allen Winkeln, während traditionelle Methoden wie eine Koordinatenmessmaschine auf Bereiche beschränkt sind, die sich mit Tastern erreichen lassen. Darüber hinaus ist die CT berührungsfrei. Das bedeutet, dass Messen mit CT das Bauteil nicht verformt. Und im Gegensatz zu optischen Methoden misst die CT auch dann noch genau, wenn das Bauteil reflektiert oder transparent ist.
Um zu prüfen, ob das gedruckte Bauteil seinen Plänen entspricht, muss es lediglich gescannt werden und der beim Scan entstehende Voxel-Datensatz dann in einer Anwendung wie VG Studio Max 3.0 mit der .stl- oder CAD-Datei oder einem Referenz-Voxel-Datensatz verglichen werden.
Neben einem Soll-Ist-Vergleich mit einer .stl- oder CAD-Datei beziehungsweise einem Referenz-Voxel-Datensatz kann die Software auch Product and Manufacturing Information (PMI) in CAD-Dateien zur Prüfung heranziehen. PMI-Daten enthalten zusätzliche Informationen zum Bauteil, zum Beispiel Bemaßung, Form-& Lagetoleranzen, Anmerkungen oder Bildunterschriften, mit denen sich quasi auf Knopfdruck ein komplexer Prüfplan erstellen lässt. Am Ende kann ein und dieselbe Datei als Grundlage für die (additive) Fertigung und die Prüfung dienen. Doch die industrielle CT hat weitere Vorteile: So können mit CT auch Porosität, Wandstärke, Faserorientierung und mehr ermittelt werden.
Funktionsprüfung erfolgt per Strukturmechanik-Simulation
Ein Bauteil mit vielen Poren muss jedoch nicht unbedingt fehleranfälliger sein als eines mit weniger Poren. Aber wie lässt sich die Frage beantworten, ob das Bauteil den Belastungen in der Praxis standhält, ohne das Bauteil zu zerstören? Volume Graphics hat dafür das Modul Strukturmechanik-Simulation für VG Studio Max 3.0 entwickelt. Die Software simuliert das Verhalten von Bauteilen unter Krafteinwirkung und prüft somit virtuell deren Funktion.
Basierend auf den Ergebnissen der Simulation werden nur defekte Bauteile aussortiert, deren Ungänzen die Funktion beeinträchtigen. Je teurer das Bauteil, desto wichtiger ist eine solche Diagnose. Unabhängig davon, ob es sich um additiv oder traditionell gefertigte Bauteile handelt – die Simulation direkt auf CT-Daten steigert die Effizienz bei gleichzeitig höherer Genauigkeit.
Dass die Strukturmechanik-Simulation korrekte Ergebnisse liefert, wurde von Anwendern der Software sowie vom Hersteller in internen Tests bestätig. Volume Graphics hat zwei Arten additiv gefertigter Bauteile getestet: generische Zugstäbe und die erwähnten bionischen Cabin Brackets von Airbus. In beide wurden für die Tests absichtlich Ungänzen eingebracht. Die Bauteile wurden gescannt, mit der Strukturmechanik-Simulation analysiert und zum Vergleich in Zugtests zerstörend geprüft. Das Ergebnis: Die Bauteile brachen in der zerstörenden Prüfung tatsächlich an den Stellen, welche die Software vorhergesagt hat.
Mit der Software schließt sich somit der Kreis: Die CT ermöglicht es, komplexe, additiv gefertigte Bauteile erst ganzheitlich zu erfassen, inklusive verborgener und schwer zugänglicher Oberflächen und Ungänzen. Dann kann der Scan des Real-Bauteils mit dem Soll-Bauteil verglichen werden.

Neue Normen
Die beiden Normierungsorganisationen ISO/TC und ASTM entwickeln derzeit gemeinsam Standards für die additive Fertigung – nämlich für Materialien, Prozesse und Produkte. Denn nur wenn die Qualität auf jeder Stufe des Additiven Fertigungsprozesses sichergestellt ist, lassen sich Teile mit einem konstant hohen Qualitätsniveau produzieren. Die meisten Normen aus der obersten, der allgemeinen Ebene sind bereits veröffentlicht. „ISO 17296–2:2015 Additive manufacturing, General principles, Part 2“ etwa gibt einen Überblick über Prozesskategorien und Rohmaterialien. Für die Schaffung neuer Standards sollen zum Teil bereits bestehende Normen als Vorlage genutzt werden. So können beispielsweise viele existierende Material-Prüfungsnormen unmittelbar auf die Additive Fertigung übertragen werden. Das Prüf- und Zertifizierungsinstitut UL International geht derzeit davon aus, dass das Gros der Normen für den Bereich der Additiven Fertigung in den nächsten zwei bis drei Jahren vorliegen wird.
Christian Lohmüller, Marketing & Kommunikation bei Volume Graphics, Heidelberg

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In einem Webinar von Quality Engineering hat Volume Graphics erklärt, wie sich Bauteile mit CT scannen und umfassend prüfen lassen. Die Aufzeichnung kann hier abgerufen werden: www.qe-online/webinare
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