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Industrielle Liegenschaft autark mit Energie versorgt

Smart Grid
Industrielle Liegenschaft autark mit Energie versorgt

In einem Pilotprojekt konnte ein französisches Industriegebiet autark mit Energie aus PV-Anlagen versorgt werden. Batteriewechselrichter von Socomec sorgen für einen unterbrechungsfreien Stromfluss.

Fast zehn Stunden war das Industriegebiet im südfranzösischen Carros vom Stromnetz getrennt. Ein Zustand, der Energieversorger und Unternehmen sonst in Panik versetzt, löste in der Kleinstadt nahe Nizza im vergangenen September dagegen Freude aus. Den Projektpartnern des Smart-Solar-Demonstrationsprojekts „Nice Grid“ war es in dieser Zeit gelungen, das Gebiet mit Energie aus einem sogenannten Micro Grid unterbrechungsfrei zu versorgen.

Die Gemeinde hat im Winter oft mit Stromlastspitzen zu kämpfen. Da die Gegend dafür sonnenreich ist, bot sie sich als Pilotgemeinde für das europäische Projekt „Grid 4 EU“ an (mehr dazu im Kasten). Im Rahmen dieses Projekts haben sich Ende 2011 Netzbetreiber aus sechs europäischen Ländern zusammengeschlossen, um die Funktionsweise von Smart Grids genauer zu untersuchen. Am Beispiel von Carros wurde getestet, wie dezentral erzeugte Energie – in diesem Fall in Form von photovoltaisch erzeugter Energie – in ein lokales Niederspannungsnetz eingebunden werden kann, wie Lastspitzen verringert werden können und wie eine mögliche Trennung vom Netzbetrieb, also ein sogenannter Inselbetrieb, sichergestellt werden kann.
In Carros wurden Photovoltaik-Anlagen mit rund 2,5 MWp installiert
Für den Inseltest wurden zunächst acht Industriebetriebe im Test-Areal mit intelligenten Stromzählgeräten ausgestattet. Die Smart Meter messen den Energieverbrauch und übertragen die Messwerte eigenständig an ein zentrales Energiemanagementsystem. Dort werden die Daten im Hinblick auf auftretende Lastspitzen kontinuierlich überwacht. Der französische Energieversorger Électricité Réseau Distribution France (ERDF), der das Projekt startete und leitet, installierte Photovoltaik-(PV)-Anlagen sowie Lithium-Ionen-Batterien als Stromspeicher. Die Energie-Produktion aus den PV-Anlagen beträgt maximal 2,5 MW, gespeichert werden können rund 1,3 MW. Um das Testgebiet als Micro Grid – das heißt, unabhängig vom Netzbetrieb auf Basis einer Energiespeicherlösung – weiter versorgen zu können, wurde ein 620 kWh-Batteriecontainer über vier Batteriewechselrichter des Typs Sunsys PCS² IM mit jeweils 66 kW an der Niederspannungsseite der Transformator- und Verteilerstation angeschlossen. Die Batteriewechselrichter von Socomec regeln die 430 kW-PVProduktion im Niederspannungsnetz für einen Verbrauch von 150 kW vor Ort. Darüber hinaus wird im Falle eines Netzversagens das Ersatznetz vom Hauptnetz getrennt und liefert die Energie allein mithilfe der Batterie und der PV-Anlagen.
„Zu Beginn des Projekts haben wir uns nicht vorstellen können, dass es uns gelingt, jede Lösung so zu steuern, um einen Blackout zu bewältigen“, erzählt Frédéric Busin, früherer Direktor der Regionalverantwortung für den Mittelmeerraum bei ERDF, heute Direktor für den Bereich autarke Energieversorgung bei der Muttergesellschaft EDF. „Das Know-how von Socomec war entscheidend für die Testphase“, lautet sein Credo.
Batteriewechselrichter steuern lokal den Ausgleich von Produktion und Verbrauch
Die Wechselrichter wandeln im Normalbetrieb den erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom zur Versorgung der Lasten um. Solange die Stromproduktion höher ist als der Verbrauch, laden die Wechselrichter die Batterien und speisen überschüssige Energie in das übergeordnete Netz ein. Wenn die Energieerzeugung unterbrochen wird oder mehr Strom benötigt wird, wird die in den Batterien gespeicherte Energie in Wechselstrom für die Verbraucher umgewandelt. Damit steigen im Inselbetrieb auch die Anforderungen an die Batteriewechselrichter: Sie müssen weiterhin für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sowie die Balance zwischen Stromverbrauch und -produktion sorgen. Eine integrierte Schwarzstart-Funktion stellt außerdem sicher, dass die Batteriewechselrichter im Falle eines Stromausfalls – also sobald das Micro Grid vom Netz getrennt wird – das System mit Spannung versorgen. Ein Steuersystem kontrolliert dann die Batteriewechselrichter, sodass die Spannung kontrolliert und die Frequenz synchronisiert wird, bevor das Netz wieder zugeschaltet wird. Dann kann Strom im Insel-Netzbetrieb fließen.
Das Besondere an der Lösung sei laut den Ingenieuren von Socomec, dass der Container mit den Komponenten zur Energiespeicherung innerhalb weniger Stunden einfach installiert werden könne, da er bereits vorkonfektioniert geliefert wird. Des Weiteren konnte anhand des Projekts gezeigt werden, dass der Einfluss von Energiespeichern auf Lastspitzen signifikant sei. In Testphasen während der Winterzeit 2014/2015 konnten die Teams feststellen, dass der Energiebedarf in der Spitzenzeit zwischen 18 und 20 Uhr in Carros um rund 43 % gesenkt werden konnte – allein aufgrund des Einsatzes von Energiespeichern.
Mittlerweile sind alle Tests abgeschlossen und die Container wurden vom Netzbetreiber Enedis (ehemals ERDF) übernommen. Das Unternehmen möchte in einem Projekt im Rahmen des EU-Forschungsprogramms Horizon 2020 die Rolle von Energiespeichern in zukünftigen Smart Grids weiter erforschen. (nu)

Was steckt hinter Grid 4 EU?
Im Projekt Grid 4 EU haben sich Ende 2011 führende europäische Netzbetreiber zusammengeschlossen, die in sechs Demonstrationsprojekten unterschiedliche Aspekte der zukünftigen Netzversorgung abbilden. Bis Anfang 2016 wurde untersucht, wie regenerativ erzeugter Strom direkt genutzt oder dynamisch ins Stromnetz eingespeist werden kann, wie Lastspitzen reduziert werden können und welche Rolle Energiespeicher spielen. Ziel war es, das Potenzial von intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) zu testen. Projektpartner waren der französische Stromnetzbetreiber Électricité Réseau Distribution France (ERDF), der italienische Energiekonzern Enel, der spanische Stromerzeuger Iberdrola, der tschechische Energiekonzern CEZ, das schwedische Energieunternehmen Vattenfall und der deutsche Energieversorger RWE. Unterstützt wurde das rund 54 Mio. Euro teure Projekt von der Europäischen Kommission mit rund 25 Mio. Euro an Fördermitteln.
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