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„RFID stopft die schwarzen Löcher in der Lieferkette“

Für Intermec-Manager Uwe Hennig ist RFID auch ein Thema für den Mittelstand
„RFID stopft die schwarzen Löcher in der Lieferkette“

Nach Ansicht von Uwe Hennig wird RFID derzeit unterbewertet. Für den Geschäftsführer der Düsseldorfer Intermec GmbH soll die Technik in Zukunft eine entscheidende Rolle in der Supply-Chain und bei der Automatisierung des Lagers spielen.

Herr Hennig, alle reden über RFID, jeder meint was anderes. Was verstehen Sie unter RFID?

RFID steht für Radio Frequenz Identifikation, sprich für die Identifikation von Dingen über Radiowellen. Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren mit passiver UHF-Technik. Diese ist am weitesten standardisiert und lässt sich in der Supply-Chain am sinnvollsten einsetzen. Unser gesamtes Portfolio im Ident-Bereich ist auf RFID zugeschnitten. Wir bieten mobile und feste Leser, Drucker, Handhelds, Tags und Etiketten für Logistiklösungen. Plattformen, die wir entwickeln, lassen sich auf RFID aufrüsten.
RFID ist ein Dauerbrenner in der Ident-Technik. Warum ist das so? Was bietet RFID, was andere Techniken nicht bieten?
RFID bietet Möglichkeiten, die mit dem klassischen Barcode nicht unbedingt gegeben sind. Durch Applikationen, die erst mit RFID entstanden sind, ergeben sich komplett neue Einsparpotentiale. Logistiker können nun viele Gegenstände in der Bewegung auf einmal lesen. Von Vorteil ist auch, dass zum Auslesen kein direkter Sichtkontakt zum Gegenstand erforderlich ist. RFID-Tags lassen sich nicht nur lesen, sondern auch beschreiben. Unternehmen können somit die Automatisierung vorantreiben, die Datenqualität verbessern und dem Kunden mehr Transparenz bieten.
Hat RFID den Durchbruch bereits geschafft?
RFID gibt es bereits seit über fünfzig Jahren. Vor sechs Jahren wurde die Technik stark überbewertet. Im Moment sind wir in der Phase der Unterbewertung, die einem Hype immer folgt. Für uns als Anbieter ist das normal. Derzeit arbeiten wir endlich an echten Projekten und evaluieren weitere, also echte Business-Cases. Die hohe, globale Standardisierung der passiven UHF-Technik hilft an dieser Stelle enorm. In vielen Anwendungen, wie zum Beispiel die Verfolgung von Mehrwegverpackungen und Containern, ist die Technik voll etabliert. Weitere Supply-Chain-Anwendungen stehen auf dem Prüfstand und wir erwarten positive Ergebnisse. Es wird nicht so sein, dass morgen der Barcode verschwindet. Aber in gewissen Applikationen liefert RFID konkrete Einsparungen.
Hat RFID durch die Globalisierung einen entscheidenden Schub bekommen, sprich durch die Vernetzung von multinationalen Lieferketten?
Durch die Globalisierung wird die Lieferkette immer komplexer. Gleichzeitig erwartet der Endkunde mehr Geschwindigkeit und höhere Flexibilität. Das hat zur Folge, dass Hersteller und Logistikdienstleister eine transparente Supply-Chain brauchen. Die Lieferketten müssen zwangsweise durch Informationsketten unterstützt werden. Das vollautomatische Lesen in der Supply-Chain mit Hilfe von RFID erfüllt hier exakt den Bedarf.
In welchen Bereichen wird RFID am häufigsten eingesetzt?
Technologien sind immer nur ein Teil der Gesamtlösung. Oft rechnet sich RFID in so genannten Closed-Loop-Anwendungen. Zum Beispiel im Automobilbereich bei der Behälterverfolgung, wo Automobilhersteller, deren Zulieferer und Logistikdienstleister zusammen arbeiten. Die Transpondertechnik spielt hier eine wesentliche Rolle. Die technischen Probleme der Anfangsphase konnten mittlerweile gelöst werden.
In welchen Unternehmen macht der Einsatz von RFID am meisten Sinn?
RFID-Anwender sind in den unterschiedlichsten Branchen zu finden. Es muss dabei die Applikation im Vordergrund stehen und nicht das Marktsegment oder die Unternehmensgröße. Firmen, für die die Supply-Chain ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, sollten zusammen mit Experten herausfinden, wo in ihrer Lieferkette noch schwarze Löcher sind und wie man diese mit RFID stopfen kann. Die Frage lautet immer: Wo lassen sich Kosten senken? Die Verfolgung von Containern in geschlossenen Kreisläufen inklusive der Einbindung von Lieferanten lässt sich oft wesentlich effizienter gestalten. Das Management von so genannten Assets birgt extremes Einsparpotential. Die Verantwortlichen müssen sich einige Fragen stellen: Wie viele Assets sind eigentlich vorhanden? Warum so viele? Wo befinden sie sich? Der vollautomatische Wareneingang und die Vereinnahmung im Lager mit Fehlbuchungen, die kleiner als ein halbes Prozent sind, senken die Bestände.
Lohnt sich RFID auch für mittelständische Betriebe?
Die Analyse der Prozesse steht zwingend am Anfang. Ergibt sich daraus die Möglichkeit, den Geschäftsprozess mit RFID zu verbessern, ist eine Detail-Betrachtung mit Pilotierung der nächste Schritt. Diese Vorgehensweise arbeiten wir in mittelständischen, aber auch in großen Unternehmen ab.
In welchen typischen Fällen hat der Anwender mit RFID über das Ziel hinaus geschossen? Wann ist der Barcode die bessere Lösung?
Eines ist klar. Die Ablösung des Barcodes durch RFID in einem Prozess führt nicht zum Ziel, wenn der Prozess nicht betrachtet wird. Denn hierbei zeigt sich oft, dass beispielsweise die Umstellung auf einen 2D-Barcode schon extreme Verbesserungen mit sich bringt. Wir haben bereits vor drei Jahren den Autofokus-Imager vorgestellt, mit dem sich Barcodes in einem Abstand zwischen fünf und fünfzehn Zentimeter lesen lassen. Das hat für den Anwender vieles vereinfacht. Der Bediener muss den Code auf dem Etikett nicht mehr exakt anpeilen, wie es beim Laserscanner notwendig ist. Das Lesen ist auch in einem dunklen Lager möglich oder in kurzen Abständen beim Kommissionieren. Auf diese Weise lässt sich die Effizienz steigern und die Ressourcen reduzieren.
Was sind die entscheidenden Vorteile von RFID? Wann und wie profitiert der Anwender von der Technik?
Die eigentliche Aufgabe ist nie das Lesen von Barcodes oder RFID-Tags. Die Technik muss den Anwender optimal unterstützen und darf ihn bei der Arbeit nicht behindern. Das Lesen von Barcodes oder RFID-Tags muss in den Arbeitsprozess möglichst flüssig integriert sein. Dafür ist es notwendig, dass sich der Hersteller mit dem Anwender und seinem Prozess beschäftigt. Wir arbeiten seit Jahren weltweit mit Kunden und Partnern in Arbeitskreisen zusammen, um die Supply-Chain-Prozesse von heute und morgen zu verstehen. Nur so können wir auch die richtigen Produkte entwickeln.
Welche Probleme müssen für einen breiten Einsatz von RFID noch überwunden werden? Wo sind die Schwachstellen bei dieser Technik?
Wir arbeiten permanenten an der Aufklärung des Marktes und versuchen herauszufinden, was die Technik kann und was nicht. Gerade in den letzten achtzehn Monaten hat sich einiges positiv verändert. Anwender, die sich vor zwei Jahren von der Technik abgewendet haben, weil sie den Anforderungen nicht entsprach, sollten sich jetzt unbedingt wieder damit beschäftigen. Auch das Kostenmodell hat sich positiv verändert. Selbstverständlich steht aber die Kosten-Nutzen-Betrachtung immer am Anfang.
Was muss der Kunde bei der Einführung von RFID unbedingt beachten?
Die Analyse der Prozesse muss immer der Startpunkt sein. Die Pilotierung von RFID ist in der Regel immer möglich und bringt ein Ergebnis. Zudem muss erarbeitet werden, welche Verbesserung erreicht werden soll. Intermec hat wesentliche Elemente der Technik entwickelt und patentiert. In unserem globalen Partnernetzwerk findet der Kunde weitere Bausteine wie Prozessanalyse, Beratung, Systemintegration und Software.
Wie wird sich speziell die RFID-Technik in Zukunft entwickeln? Welche Trends sind zu erkennen?
Wir sehen den Trend zu Anwendungen in geschlossenen Kreisläufen. RFID spielt eine wichtige Rolle bei der Automatisierung des Lagers, besonders in den Bereichen Warenvereinnahmung, Kanban-Steuerung und Nachschub. Der Anwender erwartet, dass die Technik standardisiert und global verfügbar ist. Und dass sich heutige Investitionen in Ident-Lösungen später auf RFID erweitern lassen.
Glauben Sie, dass RFID den herkömmlichen Barcode über kurz oder lang ersetzen wird? Gehört RFID die Zukunft?
Der Barcode stirbt nicht aus. Wir glauben, dass die Techniken zusammen wachsen. Deswegen haben wir robuste Handhelds im Angebot, die Barcodes scannen, RFID-Tags lesen und schreiben sowie Sprachanwendungen unterstützen. Das ist aus meiner Sicht die Zukunft: Kostengünstige Technik, die die Prozesse von heute und morgen unterstützt.

Globalisierung
Durch die Globalisierung wird die Lieferkette immer komplexer. Gleichzeitig erwartet der Endkunde mehr Geschwindigkeit und höhere Flexibilität. Das funktioniert nur mit einer transparenten Supply-Chain, die durch Informationsketten unterstützt wird. RFID bietet dafür die technologische Basis und erfüllt exakt den momentanen Bedarf.
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