Startseite » Themen » Elektromobilität »

Bei 400 Volt heißt es vorsichtig sein

Sicherheit: Direkte Kennzeichenabfrage beim Fahrzeugregister
Bei 400 Volt heißt es vorsichtig sein

Im normalen Fahrbetrieb ist der Fahrer vor der Hochspannung der Lithium-Ionen-Batterien geschützt. Bei einem Unfall sollen die Trennung vom 12-V-Bordnetz und eine große Knautschzone für die Hochleistungsbatterie Sicherheit garantieren.

Den ersten Crashtest mit einem drei Jahre alten Toyota Prius hat die Prüforganisation Dekra gefahren. Offizielles Ergebnis: keine besonderen Vorkommnisse. Bevor die Testingenieure aber den Innenraum untersuchten, hatten sie vorsichtshalber mit Messgeräten überprüft, ob die Karosserie unter Strom steht. Statt der üblichen 12-V-Ströme einer Bleibatterie haben die Elektro- oder Hybrid-Modelle zusätzliche Nickel-Metall-Hydrid-(NiMH-) oder Lithium-Ionen-Batterien an Bord, die den Elektromotor speisen und bis zu 400 V Spannung erzeugen. Dabei muss heute zwischen aktiver und passiver Sicherheit unterschieden werden.

Die Aufgaben für die passive Sicherheit haben die Hersteller gemacht. Hier spielen Materialien mit hoher Eigensicherheit eine wesentliche Rolle, wie zum Beispiel keramische Separatoren, die den Stromfluss der Zelle bei unzulässig hohen Temperaturen unterbrechen Beim Batterie-Pack steht die Überwachung der Zellen im Mittelpunkt: Strom und Spannung sowie Temperatur und Ladezustand werden über das Batterie-Management-System kontinuierlich erfasst und geregelt. So wird die Batterie vor zu starker Entladung oder Überhitzung geschützt. Ein ausgeklügeltes Thermomanagement sorgt dafür, dass die Batterie stets in einem optimalen und damit sicheren Temperaturbereich arbeitet.
Wie automobiler Starkstrom zulangen kann, weiß man seit jenem Unfall 2008 in der Formel 1: Beim Berühren der Karosserie eines mit dem Energie-Rückgewinnungssystem Kers (Kinetic Energy Recovery System) ausgerüsteten Rennwagens wurde ein BMW-Mechaniker in der Boxengasse zu Boden geworfen. Grund soll ein Konstruktionsfehler gewesen sein. Die gleiche Gefahr besteht aber grundsätzlich bei jedem elektrobetriebenen Fahrzeug mit leitfähiger Stahlkarosse. Und beim Unfalls wird es noch komplizierter. Zwar ist die Betriebssicherheit auch von Hybrid-Fahrzeugen in einer Vielzahl internationaler Regelungen festgeschrieben, „doch eine einheitliche Norm für das Bordnetz in Elektrofahrzeugen fehlt bislang“, klagt Holger Potdevin, Experte für Hochvoltsicherheit beim Elektronikzulieferer Bender in Grünberg.
Mit einer Versuchsreihe versuchte der TÜV Süd, das Sicherheitsniveau, die Belastungsgrenzen und mögliche Schadensszenarien der neuen Batterie-Technologie auszuloten. Getestet wurden Lithium-Ionen-Batterien, wie sie im Mercedes S 400 Hybrid und im neuen BMW 7er Hybrid zum Einsatz kommen. Das Resultat fiel positiv aus: Die Serien-Batterien hielten den Crashreihen stand. Die auf Basis statischer Tests ermittelte Deformierung war nahezu deckungsgleich mit den im dynamischen Test tatsächlich eingetretenen Werten. Im weiteren Verlauf wurden noch Versuche mit anderen Werkstoffen unternommen. Eine beim Crash gerissene Batterie lief zwar aus, es kam aber nicht zu einer befürchteten Verpuffung beziehungsweise zum Brand. Unter dem Strich attestiert der TÜV den Batterien ein hohes Sicherheitsniveau, dennoch müssten verbindliche Sicherheitsstandards für die Lithium-Ionen-Batterien entwickelt werden. Diese seien von hoher Wichtigkeit, nicht nur für Fahrzeug und Batteriehersteller, sondern auch für Verbraucher, Feuerwehren und Rettungsdienste.
An der Unfallstelle schnell und richtig die Antriebsart zu erkennen und zu interpretieren, kann zur lebenswichtigen Fähigkeit für Polizei, Sanitäter und Feuerwehr werden. Ersthelfern droht unter Umständen ein Stromschlag, wenn sie mit Rettungsmaßnahmen beginnen. „Bei verunglückten Hybridfahrzeugen weiß man nie so genau, wo die Elektronik ausgeschaltet wird und welche Kabel wo verlaufen“, sagen Experten von der Feuerwehr. Zwar sinkt bei einem Unfall die Bordnetzspannung innerhalb von 5 s auf ungefährliche 60 V – so will es eine amerikanische Norm. Ein europäisches Gegenstück dazu gibt es aber nicht. Unter der Leitung von VW entwickelt die Autoindustrie aber derzeit einen Standard für ein Hochvolt-Bordnetz.
So wie in Großbritannien, Schweden und Holland, wo es eine Datenbank gibt, die die Platzierung der Sicherungen anzeigt, wünschten sich auch hierzulande Einsatzkräfte die Option, mit einem Notebook Daten sofort abrufen zu können. Hilfe kommt vom Gesetzgeber: Wie bei der Polizei soll eine direkte Kennzeichenabfrage beim Fahrzeugregister in Flensburg der Feuerwehr Auskunft über relevante Technik eines Hybrid-Fahrzeugs geben. „Ich habe deshalb eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrzeug-Zulassungsordnung auf den Weg gebracht“, verkündete Verkehrsminister Peter Ramsauer. wm
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de