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Nur breites Bündnis steigert Wettbewerbskraft

Elektromobilität
Nur breites Bündnis steigert Wettbewerbskraft

Für das 2020-Ziel der Bundesregierung – 1 Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen – müssen bis 2016 attraktive und bezahlbare Stromautos verfügbar sein. Dies und die Einbindung der Stomer ins Energienetz halten Experten nur mit einer nationalen Kraftanstrengung für möglich.

„Die beste Zeit des Autos kommt noch.“ Vor allem China macht Daimler-Chef Dieter Zetsche, der wie die Automobilbranche insgesamt wieder satte Zuwachsraten verbucht, viel Freude.

Bis 2015 könnte das Reich der Mitte der größte Einzelmarkt der Stuttgarter werden. Ausgelöst durch die Luftbelastung in seinen Megastädten schickt China sich an, der führende Markt für alternativ angetriebene Fahrzeuge zu werden. Dass Dieter Zetsche „die beste Zeit des Autos“ auch mit emissionsfreien Stromautos und deren Chancenpotenzial in Asien verknüpft, liegt also auf der Hand. Indes spricht vieles dafür, dass China selbst – seit 2009 der größte Pkw-Absatzmarkt der Welt – zu einem Hauptplayer avanciert und den künftigen Massenmarkt mit lokal emissionsfreien Vehikeln vorrangig bedienen wird. Mit erheblichen Folgen für die etablierte Autoindustrie. Fernöstliche Neueinsteiger, die unbelastet von verbrennungsmotorischen Fahrzeug-Architekturen an der Null-Linie starten, könnten dank satter Staatshilfe alteingesessene westliche Autokonzerne und ihre Zulieferer abhängen.
„Wir werden eine neue Automobilindustrie außerhalb Deutschlands erleben, die von Anfang an konsequent auf Elektromobilität setzt“, skizzierte Umweltstaatssekretär Jürgen Becker auf dem 2. Elektro-Mobil-Kongress des Nova-Instituts in Bonn den anstehenden Wandel. Eine von McKinsey im Auftrag des Umweltministeriums erstellte Studie geht davon aus, dass Elektro- und Hybridfahrzeuge bereits 2020 bis zu einem Drittel der Neufahrzeuge stellen könnten. Für die Anbieter klassischer Komponenten wird das Eis dadurch dünner. Weltweit könnten dort über 45 000 Arbeitsplätze verschwinden, zitierte Becker aus der Studie. Deutsche Zulieferer würden voraussichtlich stärker als andere betroffen sein. Im Gegenzug dürfte der E-Antrieb als Jobmaschine wirken: auf circa 250 000 taxiert McKinsey dadurch das Plus an neuen Stellen.
Um die Chancen auf dem Zukunftsfeld zu wahren, hat die Bundesregierung beschlossen, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu entwickeln. Bis 2020 sollen 1 Mio. Elektrofahrzeuge auf heimischen Straßen rollen. Damit diese möglichst von deutschen Herstellern kommen, wie Jürgen Becker formulierte, „bedarf es des großen gemeinsamen Aufbruchs“. Auch Dr. Karl-Thomas Neumann, der Elektromobil-Beauftragte des VW-Konzerns, beschwört den Schulterschluss. „Eine enorme nationale Kraftanstrengung der gesamten Industrie und der Politik“ hält er für unabdingbar. Nur dann sei das 2020-Ziel zu schaffen.
Vorausgesetzt, dass bis dato Stromautos verfügbar sind, die diese Millionen-Kundenschaft bereit ist zu kaufen. Der Massenkunde wünsche ein attraktives Auto, das er sich auch leisten könne, sagte Neumann. Diese Herausforderung gelte es, bis spätestens 2016 zu bewältigen. Dann müssten E-Mobile auf dem Markt sein, die wirklich gekauft werden. Dabei dürfe das „E“ keinesfalls für Entbehrung stehen. Sonst, so der VW-Manager, „werden wir keine Kunden finden, vielmehr müssen wir unsere Marken aufladen mit einer Begeisterung für Elektromobilität“.
Trotz der Innovationskraft, die etwa BMWs künftiges Mega City Vehicle, Audis E-Tron oder der E-Up! von VW ahnen lassen, steckt die Entwicklung der Stromer noch in den Kinderschuhen. Batteriekosten von 20 000 Euro wirken ebenso limitierend wie die Reichweite. Voraussetzung dafür, dass die Kosten der Batteriezellen fallen, ist die Massenfertigung. Neumann ist zuversichtlich, dass dies den heimischen OEM im Schulterschluss mit Zellenherstellern gelingen wird. Eventuell könnten schon bald 600 Euro für 1 kWh Energieinhalt je Batteriezelle veranschlagt werden. Im Vorjahr waren es noch 1000 Euro.
Die Blaupause dafür liefert der Markt für Notebook-Akkus. Aus einst 1000 Euro wären heute 180 Euro geworden, sagte Neumann. Bei vergleichbarem Verlauf könnte eine Lithium-Ionen-Batterie für den Golf mit 26 kWh bei rund 4500 Euro liegen. „Wenn uns das gelingt, sind wir dem Durchbruch schon erheblich näher“, schöpft der VW-Manager Hoffnung.
Noch in weiter Ferne von der Serienfähigkeit liegt eine Technologie, die einen deutlichen Sprung nach vorn verspricht, aber noch im Forschungsstadium verharrt: Metall-Luft-Akkus haben laut Dr. Rupert Stützle vom Zulieferer Bosch gegenüber der Lithium-Ionen-Variante ein Potenzial um den Faktor 10. Deren Energiedichten beziffert Prof. Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen je nach Material auf 1000 bis 4500 Wattstunden/kg, gegenüber 600 Wattstunden/kg theoretischer Energiedichte bei der Lithium-Ionen-Batterie. Als kommerzielles Produkt in einem Elektromobil sieht Sauer diesen Problemlöser jedoch nicht vor dem Jahr 2020.
Ein Türöffner sind für den Wissenschaftler die Plug-in-Hybride. Über diese könne man sehr viel schneller in den Markt kommen, was wiederum die Batterievolumina antreibe. Analog zur Entwicklung der Batterieproduktion für Laptops schätzt Sauer, dass in etwa acht Jahren nurmehr fünf bis acht große Batteriehersteller den Automobilmarkt beliefern werden.
Ein Weg, die Elektromobilität kostengünstig in den Markt zu bringen, ist für Prof. Dr. Gernot Spiegelberg, wenn „das Auto integraler Bestandteil des Energienetzes wird“. Der bei der Siemens AG für diesen Bereich zuständige Forscher bemängelt, dass zu viel auf das Auto gesehen werde und zu wenig die Möglichkeiten eines Synergieeffekts aus E-Mobil und Infrastruktur. Mit dem Elektrofahrzeug als Energiespeicher lasse sich das Netz stabilisieren, vor allem, wenn größere Mengen an nicht prognostizierbaren erneuerbaren Energien erzeugt würden. All dies müsse in Kooperationen zielgerichtet vorangebracht werden. Partnerschaft ist auch beim Aufbau der Ladeinfrastruktur nötig. Sollten 2020 eine 1 Mio. E-Autos fahren, wären dafür 1,3 bis 1,5 Mio. Ladestationen erforderlich, rechnet Carolin Reichert hoch. Die Investitionskosten von bis zu 3 Mrd. Euro, die die RWE-Managerin insgesamt für die Ladeinfrastruktur veranschlagt, könne kein Energieversorger oder Privatanbieter alleine schultern.
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