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Regenerativ wärmen und kühlen

Mit Wärmepumpen erneuerbare Energien nutzen
Regenerativ wärmen und kühlen

Regenerativ wärmen und kühlen
Großwärmepumpen bieten zwar ein großes Energieeinsparpotential, doch finden sie im Markt immer noch kaum Beachtung Bild: Ochsner
Nicht nur im Einfamilienhaus, auch in Industrie, Gewerbe und Verwaltung bieten Wärmepumpen Energieeinsparpotential. Doch gerade die Nutzung großer Anlagen befindet sich noch in den Kinderschuhen. Dabei lassen sich Abwärme und Kühlwasser ideal zum Heizen nutzen. Und das Erdreich kann im Sommer gar zur natürlichen Kühlung der Verwaltung genutzt werden.

Trotz eines Markteinbruchs in 2009 setzt die Branche weiter auf die Wärmepumpe. Von allenfalls einer kurzzeitigen Konsolidierung spricht Karl Ochsner, Präsident des Europäischen Wärmepumpenverbandes ehpa (European Heat Pump Association) und geschäftsführender Gesellschafter der Ochsner Wärmepumpen GmbH, Linz. „Es bleibt uns ja auch gar keine andere Wahl, als auf effizientere Technologien und auf erneuerbare Energien zu setzen. Und Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnik für die Nutzung erneuerbarer Energien – über den ganzen Tag und das ganze Jahr.“ So ist europaweit 2009 die Nachfrage nach Heizungswärmepumpen und Brauchwasserwärmepumpen im Zuge der Wirtschaftskrise um etwa 10 % auf rund 500 000 Stück zurückgegangen. Deutschland musste gar einen Rückgang um 15 % von gut 77 000 auf rund 66 000 Anlagen verzeichnen.

Den Markt dominieren kleine Anlagen unter 40 kW Heizleistung. Zeigt sich das mittlere Leistungssegment von 40 kW bis 100 kW noch relativ klein, so steckt der Bereich großer Leistung über 100 kW gar noch in den Kinderschuhen, beklagt Ochsner. „Hier befinden wir uns leider immer noch in einem Nischenmarkt.“ Als größten Feind der Wärmepumpe hat der ehpa-Präsident die Unwissenheit über die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten ausgemacht, beispielsweise im Bereich industrieller Abwärme (wie Kühlwasser oder Prozesswärme). Dadurch werde viel Potential verschenkt. So könnten auch rund 5 % aller Gebäude in Städten mit Energie aus kommunalen Abwässern beheizt werden – über Nahwärmenetze und Wärmepumpen in Heizzentralen.
Als klassische und effiziente Wärmequelle für die Wärmepumpe gilt die Geothermie, also Erdwärme samt oberflächennahem Grundwasser. Da die Erschließung im Gebäudebestand jedoch auch auf Grenzen stößt, beispielsweise bei Platzproblemen oder fehlender Bohrgenehmigung, befindet sich die Wärmequelle Luft stark im Vormarsch. In Deutschland ist der Anteil der Luftwärmepumpen zwischen 2006 und 2009 kontinuierlich von 33 % auf 45 % gestiegen. Europaweit zeigt sich die Entwicklung noch deutlicher. Hier stieg der Anteil zwischen 2005 und 2009 von 32 % auf 64 %.
Einsatz für die Wärmepumpe findet sich in Industrie und Gewerbe nicht nur im Bereich Raumheizung, sondern auch als Prozesswärme, ob in der chemischen Industrie oder in der Metall- und Lebensmittelverarbeitung. Anwendungen bieten sich zudem zum Beheizen von Treibhäusern oder Zuchtbecken sowie zum Trocknen in der Holz- und Papierindustrie.
Geringer Aufpreis für die Kühlfunktion
Auch die Möglichkeit des Kühlens im Sommer sollte bei der Wärmepumpe beachtet werden. Um 40 % auf 1 500 Anlagen ist 2009 in Deutschland die Nachfrage nach reversiblen Anlagen, die auch kühlen können, gestiegen. Hier zeigt sich für Ochsner ein eindeutiger Trend. „Bei reversiblen Anlagen bekommt man für einen relativ geringen Aufpreis auch die Kühlfunktion. Diese ist zum einen wirtschaftlicher als der Einsatz einer konventionellen Klimaanlage, und zum andern auch wesentlich komfortabler, da die Kälte nicht über Gebläse, sondern in der Regel über den Fußboden, die Wand oder die Heizkörper übertragen wird.“
Die Geothermie lässt sich dabei auch ideal zur passiven Kühlung nutzen. Erdsonden, die an kalten Tagen als Wärmequelle dienen, werden so an warmen Tagen als Kältequelle eingesetzt. So lässt sich in der Regel die Grundkühllast z.B. eines Verwaltungsgebäudes im Sommer abdecken. Wird bei hohen Temperaturen eine aktive Kühlung benötigt, schalten sich die Klimamodule der Wärmepumpen zu. Die in diesem Betriebsmodus entstehende Abwärme kann man wiederum in die Erdsonden einspeisen, wodurch sich das nach einer Winterperiode abgekühlte Erdreich schneller erholen kann.
Robert Donnerbauer Fachjournalist in Frankenberg

Großwärmepumpen finden noch immer kaum Beachtung

Herr Ochsner, wie schätzen Sie die Marktentwicklung bei großen Wärmepumpen ein?
Großwärmepumpen finden im Markt noch immer kaum Beachtung. Hier bewegen wir uns noch in einer Nische. Es gibt nur wenige realisierte Objekte. Dabei sollte dieses Marktsegment besonders gefördert werden. Denn hier gibt es ein riesiges Potential zur Energieeinsparung und CO2-Reduktion. Eine gemeinsame Untersuchung von Ochsner Wärmepumpen und dem Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung IER der Universität Stuttgart hat ergeben, dass in Deutschland allein im Bereich der Industrie schon 112 TWh Energie jährlich durch Einsatz von Großwärmepumpen eingespart werden könnten. Dies entspricht immerhin 17 Prozent des Endenergieverbrauchs der deutschen Industrie.
Können die realisierten Projekte nicht Vorbild sein?
Es gibt in der Praxis wahrlich interessante Anwendungen. Verwaltungsgebäude, Schulen, Hotels, Industrie und Gewerbebetriebe bieten ja auch ein riesiges Potential. Ich hoffe sehr, dass die bereits realisierten Projekte Vorbildcharakter haben und zusammen mit unseren Informationsveranstaltungen den Großwärmepumpen den Weg bereiten. Ein schönes Beispiel ist der Powertower der EnergieAG in Linz. Dieses Passiv-Bürohochhaus hat weder Gas- noch Fernwärmeanschluss. Die komplette Heizung und Kühlung erfolgt durch Wärmepumpen mit den Energiequellen Erdreich und Grundwasser.
Auch von der Energiepolitik und der Öffentlichen Hand wird das Potential der Wärmepumpe noch nicht genügend erkannt und berücksichtigt. Besonders Kommunen müssten hier vorbildlich vorangehen, im Zweifel auch finanziert durch ein Contracting.
Findet die Wärmepumpe seitens der EU entsprechende Würdigung?
Derzeit ist die Wärmepumpe von drei Richtlinien betroffen, die alle das Ziel haben, den Primärenergiebedarf in der EU zu reduzieren: Die Erneuerbare Energie Richtlinie RES (Energy from Renewable Sources), die Ecodesign Richtlinie EuP (Energy using Products) und die Gebäuderichtlinie EPBD (Energy Performance of Buildings). Hierbei wurde dokumentiert, dass Wärmepumpen die in Luft, Wasser und Boden gespeicherte Umgebungswärme nutzen und folglich als erneuerbare Energie anerkannt werden. Diese können daher auch zur Berechnung der Erreichung der nationalen Energie- und Klimapolitischen Ziele herangezogen werden, wenn nach der RES-Direktive die erneuerbaren Energien bis 2020 mit 20 Prozent zum Endenergieverbrauch beitragen sollen. Hierunter fallen jedoch nur Anlagen, die eine Mindestanforderung an Effizienz, sprich einer Jahresarbeitszahl von 2,875 erreichen. Schlecht ausgelegte Anlagenwie besonders die im Umkehrbetrieb laufenden Billig-Klimaanlagen haben hier keine Chance. Dies ist ein wichtiges Qualitätskriterium, das von modernen Wärmepumpen für alle Wärmequellen erfüllt wird.
Effizienz ist auch wesentliches Qualitätsmerkmal innerhalb der Ecodesign Richtlinie für EuP. Hier sind vier Produktgruppen für die Wärmepumpe von Relevanz. Besonders wichtig ist dabei, dass die Planungen derzeit vorsehen, herkömmliche Heizkessel ohne Brennwertnutzung in zwei Schritten ab 1.1.2011 und 1.1.2013 vom Markt zu nehmen. Auch hier bleiben Wärmepumpen als energieeffiziente Heizlösung prädestiniert. Nebenbei bemerkt: die Betriebskosten liegen bei der Wärmepumpe nur bei der Hälfte bis zu einem Drittel im Vergleich zu Heizkesseln mit Heizöl oder Erdgas.
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