Die Karosserien von morgen müssen nicht nur leichter, sondern auch hochflexibel sein. Denn sie müssen eine steigende Anzahl an Fahrzeugderivaten aufnehmen. Edag konzipierte dafür mit Partnern ein Konzeptauto. Es basiert auf einem neuartigen Spaceframe mit 3D-gedruckten Knoten.
Das Edag Concept Car „Light Cocoon“ ist ein kompakter Sportwagen mit einer bionisch gestalteten und generativ hergestellten Fahrzeugstruktur, überzogen mit einer Außenhaut aus wetterbeständigem Textil. Der 2015 auf dem Genfer Autosalon und der Internationalen Automobilausstellung IAA vorgestellte Wagen will aus Designersicht polarisieren und bricht Denkmuster in der Fahrzeugkonzeption auf. Leicht, bionisch, flexibel und wirtschaftlich. Edag Engineering, das Laser Zentrum Nord, Concept Laser und die BLM Group haben sich bei dem Projekt zusammengetan. Mit dem bionisch optimierten und hybrid gefertigten Spaceframe wollen sie Additive Manufacturing als mögliche Fertigungsstrategie aufzeigen. Kombiniert werden generativ hergestellte Karosserieknoten und intelligent bearbeitete Profile. Die additiven Knoten wurden multifunktional und flexibel gestaltet, um zum Beispiel unterschiedliche Fahrzeugvarianten ohne zusätzliche Werkzeug-, Betriebsmittel- und Anlaufkosten produzieren zu können – „on demand“ oder auch „just-in-sequence“ (JIS). Als Verbindungselemente dienen Profile aus Stahl. Diese können, durch unterschiedliche Wandstärken und Geometrien individuell den vorgegebenen Laststufen angepasst werden.
Verfahren kombiniert
Beim „NextGen Spaceframe“ handelt es sich um eine Kombination von generativ gefertigten 3D-Knoten und intelligent bearbeiteten Profilen aus Stahl. Auch die Knoten können vor Ort für die jeweilige Variante „just-in-sequence“ hergestellt werden – ebenso wie die Profile, die zunächst durch 3D-Biegen und anschließendes 2D- und 3D-Laserschneiden in die gewünschte Form und Länge gebracht werden. Im Fokus steht bei dem Projektansatz das Fügen einzelner Bauteile zu einer Hybridstruktur, um topologieoptimierte Strukturen herzustellen, wie sie aktuell noch nicht möglich sind. Zum Einsatz kommt das Laserschweißen, das sich durch filigrane Schweißnähte und geringe Wärmeeinbringung auszeichnet. Geschweißt werden die Bauteile mittels Kehlnaht am Überlappstoß. Geometrische Grundlage hierfür ist die komplett umlaufende Einschuhung der Profile, die sich über das 3D-Vermessen der Profile mittels additiver Fertigung anfertigen lässt – auch „on demand“. Realisiert wird die Verbindung durch das umlaufende Schweißen für eine große Anbindungslänge bei gleichzeitig guter Vorpositionierung der Bauteile. Die Profile werden dabei automatisch durch den Knoten ausgerichtet und fixiert. Zum Einsatz kommt dafür ein Scheibenlaser mit robotergeführter Optik.
Kosten und Zeit sparen
Das automatisierbare Konzept bietet Einsparpotenziale bei Kosten und Zeit. Die additiv gefertigten Knoten können entsprechend jeder Laststufe eines Automodells angepasst werden, zum Beispiel durch zusätzliche versteifende Elemente bei höheren Lastanforderungen. Damit wird jede Variante gewichts- und funktionsoptimal ausgeführt. Die CAE/CAD-optimierte Hybridbauweise überbrückt mit den Profilen die geforderten Distanzen der Struktur, während die Knoten zur Verbindung der Profile dienen. Edag koordinierte das Projekt und erarbeitete darüber hinaus das Spaceframe-Konzept. Das Laser Zentrum Nord kümmerte sich um das Laserschweißen, BLM um das 3D-Biegen und Laserschneiden und Concept Laser um die additive Fertigung der Knoten.
Der LaserCusing-Prozess von Concept Laser generiert Bauteile schichtweise direkt aus 3D-CAD-Daten. Die Methode erlaubt die werkzeuglose Produktion von komplexen geometrischen Bauteilen, die im konventionellen Stahlguss nicht hergestellt werden können. Für einen fehlerfreien Aufbau ist an Flächen mit einem Winkel kleiner 45° zur Bauplattform eine Supportstruktur vorzusehen. Neben der Stützfunktion nimmt der Support vor allem Eigenspannungen auf und verhindert Verzug. Die Knoten wurden auf einer X line 1000R-Anlage von Concept Laser gefertigt, die mit 630 x 400 x 500 mm3 den für solche Projekte nötigen großen Bauraum aufweist und mit einem 1kW-Laser arbeitet.
Mehrere Vorteile vereint
Das Spaceframe-Konzept vereint die Vorteile des 3D-Drucks, wie Flexibilität und Leichtbaupotenzial, mit der Wirtschaftlichkeit konventioneller Profilbauweisen. In beiden Technologien spielt der Laser die zentrale Rolle. Die topologieoptimierten Knoten ermöglichen den derzeit intensivsten Leichtbau und einen hohen Grad an Funktionsintegration. Sowohl die Knoten als auch die Profile können ohne Zusatzaufwand auf neue Geometrien und Lastanforderungen angepasst werden. Die hybride Knoten-Profil-Bauweise bietet so die Möglichkeit, jedes einzelne Teil laststufengerecht auszulegen und nicht, wie bisher, die Dimensionierung der Bauteile an der größten Motorisierung beziehungsweise Laststufe auszurichten.
Der Grundgedanke ist also eine Knoten-Profil-Bauweise, die sich gut auf die Anforderung der Modellvariante abstimmen lässt. Das Ergebnis ist eine lastpfadoptimierte Spaceframe-Struktur.
Guido Radig, Fachjournalist in Bergkirchen
Autor Guido Radig lud alle beteiligten Unternehmen zum Expertengespräch ein: www.industrieanzeiger.de/edag-spaceframe
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