„Was der Mensch sät, wird er auch ernten“, heißt es in der Bibel. Unter normalen Bedingungen wird immer wesentlich mehr geerntet, als man gesät hat. Beim Windsäen weiß man ja, wie stürmisch es endet. Wer hingegen jetzt im Herbst die größten Kartoffeln erntet, hat im Frühjahr die Saat nicht als dümmster, wohl eher als gerissenster Bauer in die Erde gesteckt. Solche Ernten, wie die US-Firma Niantic sie mit dem Monsterjagdspiel Pokémon GO einfährt, sind für den Softwareentwickler, wie der Schwabe sagt „ein gemähtes Wiesle“. Wenn also ein Großteil der Arbeit schon getan ist – und wie bei Pokémon nur noch die Hand zum Abkassieren aufzuhalten ist. Mit der kostenlosen Smartphone-App fangen die Spieler virtuelle Fantasiewesen, um sie zu trainieren. Wer dem Jagdfieber erliegt, greift neuerdings gern zum 40 Euro teuren Gadget „Pokémon GO Plus“. Der am Armband getragene Plastikclip verständigt sich per Bluetooth mit der Smartphone-App, und hilft, die virtuellen Monster leichter einzufangen. Wem selbst dieser Erntevorgang per Knopfdruck zu anstrengend ist, kann auch ernten lassen. Etwa mit einem Mähroboter. Stets hinterlässt er „ein gemähtes Wiesle“. Diese landwirtschaftliche Methapher trifft bei keinem anderen Erntebeispiel derart ins Schwarze. Wem, wie dem Robo-Besitzer, ohne eigene Arbeit etwas in den Schoß fällt, der erntet, ohne vorher gesät zu haben. Und die Bibel hat doch nicht immer recht. dk
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