Die Unterschiede zwischen England und Estland könnten größer nicht sein: England hat eine dreimal so große Fläche und rund 40 Mal mehr Einwohner. Zudem trennt eine Luftlinie von 1784 km beide Länder. In wohl nicht allzu ferner Zeit unterscheiden sie sich darin, dass das kleine Land an der baltischen Küste gegenüber dem großen Atlantik-anrainer treues EU-Mitglied ist, England aber von der Europäischen Union geschieden sein wird. Im zweiten Halbjahr 2017 übernehmen die Esten sogar anstelle der Briten den Vorsitz in der EU. In so große Fußstapfen zu treten, ist nicht leicht. Nicht so die Esten. Sie ziehen einfach größere Schuhe an. Um auf großem Fuß leben zu können, offerieren sie jedermann/frau eine virtuelle estnische Staatsbürgerschaft, die sogenannten E-Residenz. Briten, die das Weite suchen, gründen damit ohne physisch anwesend sein zu müssen massenhaft EU-Unternehmen, die sie von UK aus managen können. Die Gebrauchsanleitung dafür liefert die Home-page namens www.howtostayin.eu. Damit den Füßen auch die übergroßen Schuhe passen, unterfüttern die Esten sie mit Einlagen. Tragekomfort verspricht etwa die Aussicht, dass virtuelle Staatsbürger für in Estland reinvestierte Gewinne keine Steuern zahlen. Mit einem Ansturm der Briten auf die E-Residenz könnte für die Regierung in Downing Street No. 10 das Maß bald voll sein. Die Esten jedenfalls müssen noch lange nicht Maß halten. dk
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