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100 Punkte sind die Bestnote für ein Patent

Bewertung verhilft zu maximalem Nutzen aus Schutzrechten
100 Punkte sind die Bestnote für ein Patent

100 Punkte sind die Bestnote für ein Patent
Kürzlich ist das Patent für Schnellstartglühkerzen ausgelaufen: Bis zu diesem Zeitpunkt waren alle Hersteller solcher Produkte Lizenznehmer des Patentinhabers. Damit besaß die Beru AG ein besonders wertvolles Schutzrecht (Bilder: Patev)
Patente bringen bares Geld: Das fließt beim Verkauf eigener Produkte oder wird von Lizenznehmern gezahlt. Wieviel ein Schutzrecht gerade wert ist, wollen Fachleute auf Mark und Pfennig berechnen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann

Selbst wenn die Kapazitäten eines Betriebs bereits ausgelastet sind, muss kein Markt der Erde auf eine Erfindung verzichten – und der Unternehmer nicht auf Umsatz, wenn er einen passenden Lizenznehmer findet.
„Die Partnerschaft zwischen Lizenzgeber und -nehmer vorzubereiten, ist allerdings eine aufwendige Sache“, hat Dr. Alexander Wurzer festgestellt. Mit der Münchner Patev GmbH, deren Geschäftsführer er ist, hat er sich auf diese Aufgabe spezialisiert und ein Verwertungsnetzwerk für Schutzrechte aufgebaut. Seine Mitarbeiter vermitteln unter anderem ungenutzte Patente von Großunternehmen sowie Rechte, die nach Insolvenzen nicht genutzt werden.
Wie groß dieser Markt sein kann, beschreibt Wurzer am Beispiel des IT-Riesen IBM: „Das Unternehmen soll mit den Lizenzen für ungenutzte Schutzrechte in einem Jahr einen Umsatz von beinahe einer Milliarde US-Dollar erzielt haben.“ In diesen Dimensionen bewegen sich die Münchner jedoch nicht. Sie sprechen neben Konzernen auch Mittelständler an, die als Interessenten für Lizenzen sowie als Anbieter auftreten können.
Daran ist nicht die Idee neu, aber die Strategie. Bisher gab es bereits eine Reihe von Versuchen, den Kontakt über Online-Börsen herzustellen. Dieses Vorgehen, das Wurzer unter „Ich habe ein Schutzrecht, wollen Sie eins?“ zusammenfasst, habe sich allerdings als nicht sehr erfolgreich erwiesen. „Es interessiert ja nicht das Patent an sich“, betont der Münchner. „Wichtig sind die Möglichkeiten, die sich für den Käufer daraus ergeben.“ Diese zum Teil sehr unterschiedlichen Chancen könnten Patev-Mitarbeiter anhand einer Technologieanalyse oftmals besser beschreiben, einschätzen und präsentieren, als es der Hinweis in einer Datenbank vermag. „Wir wollen Unternehmen gezielt ansprechen und ihnen die Entscheidung erleichtern, ob sie eine Lösung selbst entwickeln oder ein entsprechendes Schutzrecht erwerben können“, berichtet Wurzer und ergänzt stolz: „Allein in diesem Jahr haben wir fünfzig solcher Projekte bearbeitet.“
Dabei gehen Lizenzen häufig an Unternehmen, die eine Erfindung in einer anderen Branche nutzen: „Ein besonderes Siebdruckverfahren beispielsweise passte gut zu Verfahren in der Mikrosystemtechnik“, so der Münchner. In einem anderen Fall ließ sich eine Technik zum Bearbeiten von Aluminiumfassaden auch für Autokarosserien nutzen.
Häufig allerdings hätten Mittelständler „eine Heidenangst, ihr Know-how zu lizensieren“. Eine gewisse Vorsicht sei auch geboten, vor allem beim Kontakt mit dem Ausland, wo die Patentrechte verschiedener Länder eine Rolle spielen könnten. Allerdings findet es Patev-Geschäftsführer Wurzer sehr schade, wenn „ein Hidden Champion seine Potenziale nicht nutzt“.
Wie groß diese im Einzelnen sind, hängt vom Wert eines Patents ab. Der ist immer noch schwer zu bestimmen, und es sind unterschiedliche Ansätze dafür denkbar. Patev hat eine betriebswirtschaftliche und technologieorientierte Variante erarbeitet und prüft beispielsweise
– ob sich ein Patent durchsetzen lässt,
– ob der Lizenznehmer die im Patent geschützte Technologie in seinem Unternehmen umsetzen kann,
– ob es noch Spielraum in der Technik gibt oder das Patent von anderen Schutzrechten sozusagen „eingekreist“ ist oder
– wo der Wettbewerb in der Branche steht.
Aus diesen Überlegungen heraus vergeben die Patev-Mitarbeiter für ein Patent maximal hundert Punkte – was beispielsweise auch Banken bei der Kreditvergabe die Entscheidung erleichtern soll. Das Bewertungsergebnis ist darüber hinaus häufig die Grundlage bei Lizenzverhandlungen, um den Wert des Patentes in Mark und Pfennig auszudrücken.
Nach den Möglichkeiten, die hinter dem Patent eines Technologieführers stecken, halten allerdings nicht nur Berater und Interessenten für eine lizensierte Nutzung Ausschau. „Jedes Patent ist umgehbar“, behauptet beispielsweise Stefan Kohn, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stuttgarter Technologie-Entwicklungsgruppe TEG der Fraunhofer-Gesellschaft. „Aber bei gut gemachten Patenten ist das viel schwieriger.“ Hinter der TEG-Arbeit steckt denn auch nicht der Aufruf zum Patentklau. Vielmehr sollen Anmelder auf die Schwachstellen in einer Patentschrift aufmerksam werden, die auch deren Wert beeinflussen.
Geschickte Ingenieure können prinzipiell jedes Patent umgehen
Prinzipiell sei es nur eine Frage der Kosten und der Spitzfindigkeit von Ingenieuren und Anwälten, auf der Basis einer Patentschrift ein leicht verändertes Produkt zu entwickeln oder das gleiche Problem durch ein anderes Produkt zu lösen. Angesichts der jährlich um 7 bis 10 % steigenden Zahlen bei den Anmeldungen nehme auch die Zahl der Patentumgehungen zu. Ein Tipp der Stuttgarter ist es, die 18-monatige Frist zwischen Anmeldung und Offenlegung des Patentes zu nutzen, die Umgehungen selbst zu entwickeln und die Anmeldung zu erneuern, so dass die Umgehungen mit abgedeckt sind. Andernfalls müssen die Märkte der Welt nicht auf eine gute Produktidee verzichten, aber der Erfinder vielleicht auf seine Lizenzeinnahmen.
Patent-Datenbanken: Kostenloses Angebot für die eigene Recherche
Das Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München hat sein Patent-Informationssystem über das Internet zugänglich gemacht. Für das kostenlose Angebot unter www.de patisnet.de verteilen Berater und Rechercheure großes Lob. Dass der Datenbestand häufig aktualisiert wird, fiel den Fachleuten besonders positiv auf. Seit April 2001 stehen über 25 Millionen Dokumente bereit. Diese füllen auf einem eigenen Server eine 14 Terabyte große Datenbank – was ungefähr 280 handelsübliche Festplatten belegen würde. „Hier ist eine sehr gute Möglichkeit gegeben, sich ganz generell und kurzfristig über Erfindungen auf einem Gebiet zu informieren“, lobt TEG-Mitarbeiter Stefan Kohn. Für umfangreichere Recherchen seien allerdings die Ladezeiten zu lang und die Trefferzahl zu groß.
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