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Alle Nähte in günstiger Lage zu fügen

Roboterschweißanlage reduziert Zeitaufwand um ein Drittel
Alle Nähte in günstiger Lage zu fügen

Rationelles Roboterschweißen ermöglicht eine transportable Kompaktanlage der C-Serie von Cloos. Der Traktorenbauer AGCO fügt damit Dickblech-Teile wesentlich schneller als mit bisher eingesetzten Robotersystemen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Bernhard Reichenbach

Ludwig Litschko bringt es auf den Punkt: „Mit der neuen Roboterschweißanlage können wir unsere Teile im Schnitt ein Drittel schneller fügen als mit den bisher von uns eingesetzten Robotersystemen.“ Der Leiter Schweißtechnik beim Traktorenhersteller AGCO GmbH & Co. OHG – ehemals Fendt – in Asbach-Bäumenhain spricht von einer transportablen Kompaktanlage der C-Serie der Carl Cloos Schweißtechnik GmbH, Haiger. Sie stammt komplett aus einer Hand und tut seit Oktober 2005 Dienst.
Bei der für einen universellen Einsatz konzipierten Einrichtung sind Roboter und Werkstückmanipulator auf einer Fläche von 6 m x 6 m auf einer gemeinsamen Grundplatte montiert. Schweißtechnik und Steuerschrank befinden sich im Außenbereich der Anlage, was die Bedienung erleichtert. Zur Basisausstattung gehört ein für den harten Industrieeinsatz konzipierter Sechs-Achsen-Industrieroboter des Typs Romat 350 mit einer maximalen Tragkapazität von 15 kg und einer Wiederholgenauigkeit von < 0,1 mm. Dank seines großen Aktionsradius sind selbst voluminöse Bauteile für ihn gut zugänglich. Ausgelegt ist die Anlage für Werkstücke bis 1400 mm Durchmesser.
Die hinten und seitlich von einem Schutzzaun und vorn von einer Lichtschranke sowie einem Blendschutz umgebene Einrichtung fügt derzeit 16 Traktorenkomponenten, die sich in Größe und Gewicht deutlich unterscheiden. Das Spektrum reicht von Kleinteilen wie Schalt- und Umlenkhebeln sowie Haltebügeln über Klappen und Lager bis zu großen, dickwandigen Achsträgern. Die Stückzahlen liegen meist zwischen etwa 30 und 150.
Die Teile bestehen aus Stahl – St 37 oder St 52 – im Dickenbereich zwischen 3 und 50 mm, am gängigsten sind 10 bis 30 mm. Gefügt werden sie per MAG-Schweißen – auch in Mehrlagentechnik – mit Massiv- oder Fülldraht, wobei die Schweißzeiten zwischen 5 und 15 min liegen. Die Anlage eignet sich auch für weitere gängige Lichtbogenschweißverfahren sowie für Hochleistungsprozesse wie das MIG/MAG-Tandem-Schweißen.
Für die bei AGCO zu erledigenden Fügeaufgaben wurde die Einrichtung mit ei- nem 400-A-High-End-Impulsschweißgerät des Typs GLC 403 Quinto ausgerüstet. Dieses ist laut Hersteller nicht nur auf hohe Leistung, Qualität und Flexibilität, sondern auch auf hohen Bedienkomfort getrimmt. Alle relevanten Parameter und Einstellungen lassen sich bei diesem exakt abgestimmten System bequem vom portablen Roboter-Programmierhandgerät PHG aus verwalten – und dies sogar während des Schweißens. Bei allen Metall-Schutzgas-Schweißprozessen sorgt die wählbare Funktion SPAZ (spritzerarmes Zünden) für ein weiches, sicheres Zünden.
Nach dem Schweißen ist stets die gleiche freie Drahtlänge bei spitzem Drahtende vorhanden, um ein sicheres Wiederzünden des Lichtbogens zu ermöglichen. Durch die integrierte selbstlernende Schweißdatenüberwachung lassen sich Fügeprozess und Prozessqualität kontrollieren und die Reproduzierbarkeit optimieren. „Unabhängig von Werkstoff, Blechdicke und Schweißaufgabe, liefert das System gute, reproduzierbare Ergebnisse“, bestätigt Ludwig Litschko.
Die hochflexible Schweißanlage besitzt fünf externe Achsen zur Werkstückmanipulation. Der modulare, auf unterschiedliche Werkstattanforderungen abgestimmte Manipulator des Typs Orbit 5 DP 5000N HD besteht aus zwei Dreh-/Kipp-Positionierern auf einem Takttisch und ist für bis zu 500 kg schwere Teile ausgelegt. Selbst bei derartigen Belastungen sollen steife Hochleistungsantriebe eine hohe Positioniergenauigkeit sicherstellen. Alle Bewegungen des Manipulators können in die Steuerung integriert werden und ermöglichen somit den simultanen Arbeitsablauf von Roboter und Peripherie.
Die Anlage ist für einen rationellen Zwei-Stationen-Betrieb konzipiert: Während der Roboter auf der einen Seite schweißt, entlädt, kontrolliert und bestückt der Bediener auf der anderen, durch den Blendschutz abgetrennten Seite den Werkstückmanipulator. Anschließend dreht sich der Takttisch binnen 6 s um 180°, und ein neues Teil kann geschweißt werden.
Für den Umgang mit der Neuanschaffung wurde das mit Roboterschweißanlagen vertraute Bedienpersonal eine Woche lang bei Cloos geschult. „Wir sind auf ein gut funktionierendes Team Mann/Roboter angewiesen“, erklärt Litschko. „In diesem Team übernimmt das Robotersystem die schweren Tätigkeiten wie Drehen, Wenden und Schweißen des Bauteils. Der Bediener ist neben dem Be- und Entladen der Anlage für das Kontrollieren und Richten des Teils sowie das Verschleifen zuständig.“ Dieses Teamwork sei speziell bei großen und schweren Werkstücken vorteilhaft, wo es den Werker erheblich entlaste.
Gegenüber einem herkömmlichen, lediglich drehbaren Takttisch wirkt sich der Einsatz der Dreh-Kipp-Positionierer wirtschaftlich positiv aus: Falls es die Fügeaufgabe erfordert, kann die Lage des Bauteils durch Drehen und Kippen des Positionierers stets optimal zum Schweißroboter eingestellt werden, so dass sich für diesen kein „Toter Winkel“ ergibt und alle Nähte in günstiger Lage zu fügen sind. „Neben den verbesserten Einheiten Roboter und Schweißtechnik hat der Werkstückmanipulator einen maßgeblichen Anteil an der gesteigerten Produktivität beim Roboterschweißen“, betont Litschko.
Der Produktivitätsgewinn lässt den Leiter Schweißtechnik positiv in die Zukunft blicken: Er geht davon aus, dass sich die Anlage, die rund 130 000 Euro kostete, in ein bis zwei Jahren amortisiert. Die Amortisationszeit hängt davon ab, wie intensiv die Einrichtung genutzt wird, deren Verfügbarkeit deutlich über 90 % liegen soll. Derzeit ist sie zweischichtig im Einsatz, Ziel ist ein Drei-Schicht-Betrieb an sechs Tagen in der Woche.
Die Anlage lässt sich optional mit dem gesamten Spektrum an Sensorsystemen des Herstellers ausrüsten. AGCO genügt diesbezüglich die Standardausstattung, zu der beispielsweise ein Gasdüsensensor gehört. „Da der Einsatz von Sensorik einen erhöhten Aufwand bedeutet, versuchen wir, möglichst darauf zu verzichten“, merkt Litschko an. „Und wenn die Vorfertigung stimmt, schaffen wir das auch.“
Standard sind auch Programmierung und Software: Das ergonomisch geformte Programmierhandgerät PHG mit grafischer Bedienoberfläche erlaubt die menügeführte Online-Erstellung, Überprüfung und Korrektur umfangreicher Programme. Zwar bietet das Gerät alle Voraussetzungen für den Anschluss an das Offline-Programmiersystem des Herstellers, doch wird bei AGCO bislang ausschließlich online programmiert.
Falls die modular konstruierte Anlage einmal ihren Standort wechseln soll, lässt sie sich schnell und unkompliziert in die Einheiten Roboter und Werkstückmanipulator zerlegen und so leicht per Stapler versetzen. Für den Produktionsbetrieb können die Systemteile wieder einfach und schnell aneinandergeflanscht werden. Klare mechanische und elektrische Schnittstellen halten die Aufbau- und Inbetriebnahmezeiten niedrig.
Geliefert wurde die Anlage binnen vier Monaten, die Erst-Inbetriebnahme wurde innerhalb weniger Tage durchgeführt. Für Wartungs- und einfache Instandhaltungsarbeiten ist eine spezielle betriebseigene Abteilung zuständig. „Nur bei gravierenden Problemen schalten wir die in der Nähe von München ansässige Cloos-Vertretung ein“, sagt Litschko. Bislang seien jedoch keine Probleme aufgetreten, die einen Einsatz von außerhalb erfordert hätten.
Ohnehin hat der Traktorenbauer, der seit rund vier Jahrzehnten Cloos-Kunde ist, mit seinen zahlreichen Roboterschweißanlagen aus Haiger bisher gute Erfahrungen gemacht. Dies kommt nicht von ungefähr: „Cloos besitzt viel Erfahrung in Sachen Schweißtechnik. Davon profitieren wir“, begründet Litschko. „Bei Robotersystemen zum Schutzgasschweißen gehört das Unternehmen zu den führenden.“
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