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Alles im Kasten – alles aus einer Hand

AVL liefert Prüfstandsmodule für Daimler-Chrysler und das Gebäude dazu
Alles im Kasten – alles aus einer Hand

Im Auftrag von Daimler-Chrysler errichtet Prüfspezialist AVL ein siebengeschossiges Test- und Prüfstandscenter mit insgesamt 60 Prüfmodulen. Der Lieferant schultert die Generalunternehmerschaft für das hochfahrende Projekt. Ein wagnisreiches Unterfangen. Denn AVL hat einen Ruf zu verlieren.

Thomas Baumgärtner ist Journalist in Kusterdingen Tb.Presse@t-online.de

Der Projekt-Terminplan von Herbert Schmied umfasst mehr als 3000 Vorgänge. „Und da ist noch nicht einmal alles erfasst“, so der Projektleiter des wohl größten und ehrgeizigsten Auftrages, den die AVL Deutschland GmbH, Mainz-Kastel, je übernommen hat. Stündlich wenigstens ein Termin ist damit rein rechnerisch pro Arbeitstag bei zweijähriger Projektlaufzeit fällig.
Mitte 2004 wird dann, wenn alles gut geht, im Herzen des Mercedes-Benz-Technology-Center in Untertürkheim ein glasummantelter Neubau schlüsselfertig übergeben werden, der insgesamt 60 hochmoderne Prüfmodule für Motoren und Getriebe beherbergt. In einem zweiten Bauabschnitt, der auch bereits begonnen ist, können noch weitere zwölf Prüfmodule untergebracht werden.
Mit gespannter Neugierde dürften andere Automobilhersteller Verlauf und Ergebnis des DC MH3 – wie das Projekt intern als Abkürzung für „Daimler-Chrysler Motorenhaus III“ genannt wird – beobachten. Abgesandte von Toyota zeigten sich angetan von der Idee, Prüfstände mehrstöckig unterzubringen.
Das Beispiel AVL zeigt, welche Anforderungen derzeit entlang der Wertschöpfungskette an Lieferanten gestellt werden: Mehr Verantwortung, so lautet das Motto. AVL, mit Stammsitz in Graz, ist eigentlich Spezialist für Motoren- und Getriebeprüfstände und beliefert weltweit nahezu alle Automobilhersteller.
Prüfstände sind in Containern untergebracht
Verschiedentlich ist das Unternehmen bislang schon als Generalunternehmer aufgetreten. Doch angesichts der Größe des DC MH3-Projektes scheinen die bisherigen geradezu als Pflicht zur jetzigen Kür. „Wir haben uns sehr sorgfältig vorbereitet“, so Peter Ziegler, Geschäftsführer von AVL Deutschland. „Mit dem DC MH3-Projekt zeigen wir, dass wir alles aus einer Hand anbieten können.“ Die Fäden aus der Prüftechnik, der technischen Gebäudeausstattung (TGA) und der Bautechnik laufen beim Team von Projektleiter Schmied zusammen. Auf 100 Millionen Euro rechnet sich das Vorzeige-Vorhaben zusammen. Ein „garantierter Maximalpreis“, so Ziegler. Und Projektchef Schmied ergänzt: „Dass sich Projektlaufzeit und Kosten verselbständigen, das gibt es bei uns nicht.“
Richtungsweisend an der Konzeption ist die modulare Struktur: Die Prüfstände sind nicht fest in das Gebäude integriert, sondern in Containern untergebracht. Ähnlich einem Hochregallager lassen sich die einzelnen Prüfmodule in das Gebäude ein- und ausfahren. Eine fest installierte Krananlage hievt die massigen Boxen an ihren Platz.
Gegenüber der klassischen, fix gemauerten und installierten Variante von Prüfständen zeigen sich deutliche Unterschiede: ohne, dass zentrale Versorgungskreise (Kühlwasser, Abgase, Ventilation) geöffnet und neu verlegt werden müssen, kann die Prüftechnik je Modul ausgewechselt werden. „Und zwar bei laufendem Betrieb der anderen“, erklärt Schmied. Angesichts der Tatsache, dass sich Anforderungen an Prüf-abläufe – größere Motoren, andere Brennstoffe – schnell ändern können, wird aus dem bloßen Unterschied schnell ein wichtiger Flexibilitäts-Vorteil.
Der zweite Vorzug der Container-Bauweise: Die Bauzeit ist kürzer. Während in Untertürkheim das Gebäude errichtet wird, entstehen in Graz die Prüfmodule. „Gebäude und Ausbau verlaufen parallel“, berichtet Schmied.
Nach Freigabe des ersten Prüfmoduls durch Daimler-Chrysler wurde die Serienfertigung ausgelöst. Um die restlichen 59 Module zu fertigen, haben die AVL-Ingenieure und ihre Lieferanten 15 Monate Zeit. Jeden Monat müssen mindestens vier der mächtigen Container fertig sein. So sind stets vier Container im Stahlbau/Rohbau, vier Container im Ausbau und vier Container im Test.
Diese Prüfmodule beherbergen sech Schlüsselsysteme modernster Technik, die von AVL oder anderen Lieferanten kommen:
– Automatisierung (Lieferant: AVL),
– Indizierung (Lieferant: AVL),
– Kraftstoffmesstechnik (Lieferant: AVL),
– Messtechnik (Lieferant: IMC)
– Belastungsmaschinen (Lieferant: Siemens)
– Abgasmessanlage (Lieferant: Horiba)
Zum Auftrag des Generalunternehmens AVL gehörte es auch, sämtliche Lieferanten für Gebäude wie Prüftechnik auszuwählen, zu bewerten und dann Daimler-Chrysler vor-zuschlagen. „Wir haben eine klassische Lieferantenbewertung durchgeführt“, berichtet Schmied.
Jüngst sind die ersten sechs Container termingerecht in das Gebäude eingebracht worden. Seither hat sich der Wettlauf gegen die Zeit für Schmied und sein Team nochmals verschärft. Doch der im Projekt-management sturmerprobte Ingenieur zeigt sich zuversichtlich: „Wir halten den Termin“.
Gebäude undPrüfmodule entstehen parallel
Das ist auch nötig. Denn sollte das ehrgeizige Projekt auf Schlingerkurs geraten, hätte die AVL ihr Meisterstück in Sachen Projektmanagement verpatzt. Dann dürften interne Planungen für einen eigenen Geschäftsbereich für solche Aufgaben auch wieder schnell in der Schublade verschwinden.
Bislang sieht es danach aber nicht aus. Auf die Frage, ob ihn das Projekt bereits schlaflose Nächte gekostet habe, wiederholt Schmied die Frage, als ob er gar nicht wüsste, was schlaflose Nächte sind: „Schlaflose Nächte? Nein, aber schon viel Energie“.
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