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Am besten läuft es mit persönlichen Beziehungen

Steinbeis-Hochschule vermittelt China-Kontakte für Mittelständler
Am besten läuft es mit persönlichen Beziehungen

Chinesische Akademiker mit Berufserfahrung werden in ihrer Heimat für deutsche Mittelständler aktiv. Sie kommen für ein zweijähriges Aufbaustudium an die Berliner Steinbeis-Hochschule, die den Kontakt zu den Unternehmen vermittelt.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

„Seit sechs Monaten haben wir ein eigenes Repräsentanzbüro in Shanghai, und ich bin mit dem Verlauf der Geschäftsentwicklung bisher sehr zufrieden.“ Joachim Jung, Geschäftsführer der IST Metz GmbH in Nürtingen und Chef von weltweit rund 350 Mitarbeitern, hat die Hürde genommen und bearbeitet jetzt den chinesischen Markt. Mark Jiang heißt der Leiter der Niederlassung, der für die Nürtinger UV-Anlagen zur Farben- und Lacktrocknung an chinesische Kunden verkauft. Jung kennt ihn gut. Denn Jiang hat im Rahmen seines MBA-Studiums an der Berliner Steinbeis-Hochschule insgesamt 15 Monate im schwäbischen Unternehmen verbracht und in dieser Zeit vielversprechende Kontakte in sein Heimatland geknüpft.
So eine Erfolgsstory ist kein Einzelfall, wie Professor Werner G. Faix von der Steinbeis-Hochschule betont. Seit 1998 habe es rund 130 Projekte gegeben, in denen Unternehmen einen Kontakt nach China bekamen: „Und bei 80 Prozent der Projekte war das der Grundstein für die eigene Niederlassung.“
An der Hochschule bereiten sich Studierende auf Abschlüsse wie den MBE, MBA oder BBA vor. Sie arbeiten eng mit einem Unternehmen zusammen, erstellen eine Marktanalyse oder sind an einer technischen Entwicklung beteiligt, unterstützt von den Professoren. Dieses Konzept hat sich mit Bewerbern aus dem In- und Ausland bewährt. Auch die Vermittlung von Kandidaten, die wie Jiang aus der Volksrepublik China stammen, ist inzwischen Routine.
„Wir haben bei der deutschen Auslandshandelskammer Shanghai einen Mitarbeiter, der die Bewerber für uns bewertet“, berichtet Faix. Sie müssen ein Studium abgeschlossen haben, mehrere Jahre Berufserfahrung nachweisen sowie begründen, weshalb sie sich für die Arbeit mit einem deutschen Unternehmen interessieren. „Dem Kandidaten winkt ja nicht nur der MBA-Abschluss, sondern ein Karriereschritt, wenn er die Verantwortung für eine Niederlassung übernimmt“, erläutert der Professor. Der Steinbeis-Mitarbeiter in Shanghai legt auch Wert darauf, dass Bewerber nicht etwa im Ausland studiert haben – „denn Verbindungen, auch die zu staatlichen Stellen, sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Arbeit in China erfolgreich läuft“, so Faix.
Anforderungen an den zukünftigen Mitarbeiter stellen auch die deutschen Unternehmen. Maschinenbauer und Automobilzulieferer, auf die rund 60 % der bisherigen Projekte entfallen, legen oft Wert auf ein Ingenieurstudium. Dr. Kuang-Hua Lin, Geschäftsführer der Düsseldorfer Unternehmensberatung Asia Pacific Management Consulting GmbH macht jedoch auf einen Unterschied in der Ausbildung aufmerksam: „In China“, so berichtet er, „werden viele Schulabgänger – entsprechend ihren Leistungen – einer Universität und einem Fach zugeordnet. Ein Diplom muss also nicht unbedingt etwas mit den persönlichen Neigungen zu tun haben.“
Im Fall von Mark Jiang gab jedoch die Vorbildung als Chemie-Ingenieur den Ausschlag bei einer Wahl, die allein nach Papieren getroffen werden musste. Denn gesehen haben die Nürtinger den damals 28-Jährigen erst am Bahnhof in Stuttgart, als der Vertrag schon unterzeichnet war. „Das war ein Risiko, denn wir suchten jemanden, der sich ein wenig im Druckbereich auskennt“, erzählt Udo Hartrampf, Leiter des Zentralbereichs Technik bei IST Metz. Er hat Jiang mit einem Kollegen betreut und ausgebildet – und nennt einen weiteren Pluspunkt des Bewerbers, wobei Anerkennung aus seiner Stimmt klingt: „Dass jemand mit einer sechs Monate alten Tochter bereit ist, für zwei Jahre hierher zu kommen, hat mir gezeigt, dass sehr viel Energie hinter der Entscheidung steckt.“ Von den 24 Monaten verbrachte Jiang die ersten zwei als Assistent der Geschäftsführung in Schwaben. „Wir wollten zuerst einen ISTler aus ihm machen“, sagt Hartrampf, „denn die fehlende Bindung an die Firma ist in China schon ein Problem.“ Die nächsten vier Monate widmete der Aufbaustudent einer Marktanalyse in seiner Heimat. Die UV-Lacktrocknungsanlagen der Nürtinger werden vor allem in der Grafik- und Druckindustrie eingesetzt sowie für das Beschichten von PVC-Bahnen für Bodenbeläge. Für die Zukunft sei der Einsatz auch in der Automobilindustrie denkbar, bis zum Lackieren von Karosserieteilen mit UV-härtenden Lacken. „Wir hatten Shenzhen, die Sonderhandelszone nahe Hongkong, oder den Großraum Peking in Betracht gezogen“, erinnert sich Hartrampf. Jiangs Daten aber wiesen wegen der Nähe zu Drucktechnik-Unternehmen, Rohstofflieferanten und Institutionen Shanghai als die beste Lösung aus. „Für eine Produktionsstätte könnte die Entscheidung anders ausfallen“, betont Hartrampf. Das soll ein zweites Projekt mit der Steinbeis-Hochschule zeigen.
Wie der Job für den nächsten Aufbaustudenten aussieht, ist schon definiert. Er soll im Büro in Shanghai Ersatzteile und Service betreuen. Jiang hingegen wird sich um Aufträge kümmern. Dass er das kann, hat er schon gezeigt. Prokurist Hartrampf betont, dass persönliche Beziehungen zum Unternehmen in Deutschland sowie zu chinesischen Geschäftspartnern das A und O für den Erfolg seien. Dass er und Jiang einen guten Draht zueinander haben, zeigt der Name des frisch gebackenen Büroleiters: Zhoiuyang Jiang nennt sich neuerdings mit Vornamen Mark – wie der Sohn des Mannes, der ihn in Deutschland betreut hat.
Bewerberauswahl in China ist heute schon zur Routine geworden
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