Asiatische Zulieferer müssen mit steigenden Produktionskosten und Qualitätsanforderungen zurechtkommen. Wie sich das auf die Marktchancen europäischer Werkzeugmaschinenanbieter auswirkt, sagt Franz Wyss, COO der Mikron Machining Technology in Agno.
Herr Wyss, zur Messe EMO präsentiert Mikron mit dem Multistep XT-200 ein Lineartransfersystem, mit dem Sie neue Märkte erschließen wollen. Welche sind das?
Zum einen wollen wir unsere Position in neuen Absatzregionen wie Indien stärken, zum anderen unsere Präsenz in Anwendungsfeldern außerhalb der Automobilindustrie ausweiten. Dazu haben wir ein ergonomisches, schnell umzurüstendes Produktionssystem entwickelt, das Teile mit Kantenlängen bis 200 Millimeter bearbeitet.
Sind solche hochproduktiven Systeme für den asiatischen Markt interessant?
Noch vor einem Jahr hörten wir in Indien die Aussage, man setze lieber zehn Bearbeitungszentren ein. Mittlerweile hat sich die Einstellung dort geändert. Die Bodenpreise sind stark gestiegen, so dass Prodktionsfläche immer teurer wird. Die Lohnkosten haben sich in den letzten beiden Jahren teilweise verdoppelt. Auch in Asien spielen diese Aspekte in der Produktivitätsrechnung inzwischen eine wesentliche Rolle. Das Geld für Investitionen ist da. Vor dem Hintergrund, dass Abnehmer von asiatischen Anbietern die gleiche Qualität fordern wie von europäischen, ist das eine echte Marktchance für die hiesigen Maschinenbauer – vorausgesetzt sie haben beherrschbare und ergonomische Maschinen im Programm.
Wie schätzen Sie Chancen und Risiken beim Maschinenexport nach Asien ein?
Wer´s richtig macht, hat gute Chancen. Natürlich gilt es, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Man muss unbedingt vor Ort sein, nah beim Kunden. Einfach nur das große Geschäft machen zu wollen, funktioniert nicht. Wichtig ist eine clevere Absicherung des eigenen Know-hows. Die lässt sich jedoch definitiv nicht erreichen, indem man diese Märkte ignoriert. Denn: Wer das Know-how haben will, der kann es sich auch beschaffen. Unser Vorteil ist, dass es nicht reicht, eine Maschine oder ein Produktionssystem einfach nachzubauen. Man muss das Gesamtkonzept verstehen und die Fertigungsprozesse kennen. Außerdem sind die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl der Montagemitarbeiter extrem wichtig.
Haben die heimischen Maschinenbauer mittel- und langfristig eine Chance gegen die aufstrebenden asiatischen Anbieter?
Durchaus. Wir müssen allerdings darauf achten, uns nicht immer weiter in die Spitze der Produktivitäts- und Präzisionspyramide drängen zu lassen. Die Luft dort oben wird immer dünner, das Volumen immer kleiner. Wir haben die Aufgabe, auch im mittleren Segment gute Maschinen zu bauen, die bezahlbar sind. Hierfür lediglich Teile und Komponenten international zu beschaffen ist keine Lösung. Wir müssen die Organisation unserer Betriebe so verbessern, dass wir kostengünstig produzieren können. Eine Reihe von Beispielen belegt, dass es geht.
Wenn asiatische Lohnfertiger qualitativ hochwertige, komplexe Teile liefern, was heißt das für die deutschen Anbieter?
Hochwertige Teile kosten auch in Asien Geld. Der Preisvorteil schrumpft und wird schon heute teilweise von den Nachteilen – etwa dem höheren Logistikaufwand – ausgeglichen. Immer mehr Abnehmer kaufen deshalb wieder in Europa. Dennoch: Lohnfertiger, die im Rennen bleiben wollen, müssen ständig an ihren Prozessen feilen und die passenden Produktionsmittel einsetzen.
Haider Willrett haider.willrett@konradin.de
Mikron in Kürze
Mikron Machining Technology, Agno/Schweiz, stellt mit 560 Mitarbeitern Transfer-Bearbeitungssysteme und Präzisionswerkzeuge her. Das Maschinenportfolio reicht von mechanischen Hochleistungsanlagen bis zu flexiblen CNC-gesteuerten Fertigungssystemen. Gefertigt wird in Agno und Rottweil.
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