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Auf dem Weg in die Zukunft

Industrie 4.0 – Chancen für die Produktionstechnik
Auf dem Weg in die Zukunft

Plenar-Vortragsreihe 1 | Auch für mittelständische Betriebe bietet die vernetzte Produktion viele Vorteile. Wo Chancen und wo Herausforderungen liegen, zeigt der erste Vortragsblock des AWK auf. §

Autor: Haider Willrett

Drei Experten (Kasten rechts) aus der Industrie referieren zu Beginn des Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquiums (AWK) am 22. Mai über die Chancen, die die so genannte vierte industrielle Revolution der Produktionstechnik bietet – gerade auch im Mittelstand. Um im internationalen Wettbewerb führend zu bleiben, muss der deutsche Maschinen- und Anlagenbau seine Innovationsstärke weiter ausspielen. IT- und Internet-Technologien helfen dabei. Die virtuelle und die reale Welt verschmelzen zunehmend. Menschen, Maschinen, Produktionsmittel und Produkte kommunizieren direkt. Die wachsende Vernetzung, die Industrie 4.0 kennzeichnet, ermöglicht eine höhere Energie- und Ressourceneffizienz, mehr Flexibilität in der Fertigung, individuelle Produkte sowie optimierte Kosten und verkürzte Reaktionszeiten. Um diese Potenziale zu nutzen, gilt es eine Reihe von Herausforderungen bewältigen. Dazu zählen Sicherheits- und Rechtsfragen ebenso, wie der Know-how-Schutz oder die Zuverlässigkeit von Produkten und Prozessen.

„Bislang sind die Diskussionen um die so genannte vierte industrielle Revolution stark von den Anbietern von IT- und Automations-Systemen geprägt. Hier müssen wir die produzierende Industrie als potenziellen Anwender verstärkt in den Mittelpunkt rücken und deren Anforderungen und Ideen einbringen“, sagt Dr. Thomas Lindner. Der Chef der Groz-Beckert KG, Albstadt, ergänzt: „Industrie 4.0 ist nicht nur ein Thema der Großindustrie, es muss auch für kleine und mittelständische Unternehmen wirtschaftlich und nutzbringend sein.“
Gerade hier sieht Christina Thomas noch einigen Handlungsbedarf. „Nicht jeder braucht alles. Deshalb müssen wir zu bedarfsgerechten Lösungen finden“, betont die Oberingenieurin am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen. Andererseits bestehe bei vielen Mittelständlern auf dem Weg in die vierte industrielle Revolution noch Handlungsbedarf. „Wir treffen immer wieder auf Betriebe, deren IT noch nicht gut genug ausgebaut ist, die Daten – wenn überhaupt – noch immer auf Papier erfassen und nicht elektronisch und die wenig Bereitschaft zeigen, hier zu investieren.“ Oft reichten aber bereits einfache Lösungen, um Fortschritte zu erzielen. Als Beispiele nennt die Forscherin Scanner um Daten zu digitalisieren oder einfache Sensorsysteme, die beispielsweise erkennen, wenn sich eine Schraubenkiste leert und dann den Einkauf informieren oder gleich selbst Nachschub ordern.
Moderne Sensorik und die direkte Kommunikation zwischen den Teilsystemen und den Anwendern sorgt für eine hohe Datentransparenz, einen schnelleren Informationsaustausch und kurze Entscheidungswege. Dieses Potenzial wird heute laut Christina Thomas noch zu wenig genutzt. Wichtig sei dabei allerdings, möglichst viele Daten aufzunehmen und diese so zu verdichten, dass sie dem Anwender zu besseren Entscheidungen verhelfen.
Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von Industrie 4.0 sieht Thomas Lindner darin, die Mitarbeiter auf den Weg mitzunehmen. Die Ingenieure müssten befähigt werden, in einer digitalen Welt zu agieren und IT-basierte Produkte und Leistungen zu entwickeln, und die Facharbeiter müssten lernen, mit diesen Systemen genauso selbstverständlich umzugehen wie mit den bisherigen. Eine interdisziplinäre, zielgerichtete und hochwertige Aus- und Weiterbildung sei dabei unerlässlich.
Ein Fokus der Aachener Forscher liegt auf dem Zusammenspiel zwischen dem Variantenmanagement und der Fertigung. Zu den wichtigen Fragen gehört hier, wie ein Produkt gestaltet sein muss, damit es sich effizient herstellen lässt. Eine konsequente Modularisierung – sowohl bei den Produkten als auch bei den Entwicklungs- und Produktionsprozessen – ist hier die Basis. Auf der anderen Seite muss geklärt werden, wann es sinnvoll ist, Abläufe zu entkoppeln und dadurch eine individualisierte Produktion zu ermöglichen. Fertigungstechniker und Produktentwickler müssen dazu noch enger zusammenarbeiten und sich frühzeitig austauschen.
Aber nicht nur beim Gestalten von Produkten bietet die Vernetzung Potenzial. Auch beim Auslegen der Prozesse und Systeme – sowohl in der Entwicklung als auch in der Produktion – eröffnet sie neue Möglichkeiten. Um komplexe IT- und Fertigungssysteme einfach, schnell und sicher an sich wandelnde Anforderungen anpassen zu können, müssen vielfach noch kompatible Schnittstellen zwischen den Modulen geschaffen werden.
Thomas Lindner betont, nachdem Industrie 4.0 zum Hype-Thema geworden sei, gelte es nun sicherzustellen, dass in Deutschland nicht nur eine tolle Vision entwickelt wurde, sondern auch konkreter Nutzen für die Industrie entstehe. Hier sieht Christina Thomas das AWK als perfekte Plattform, auf der sich Experten austauschen und Entwicklungen anstoßen können, mit deren Hilfe sich die steigende Komplexität der Prozesse auch künftig beherrschen lässt. Sie betont: „Das Kolloquium hat einen starken Umsetzungsfokus und soll praxistaugliche Lösungen aufzeigen.“ •

Themen und Referenten
Industrie 4.0 – Chancen für den mittelständischen Maschinenbau, 22. Mai, 9:30 Uhr:
Dr. Thomas Lindner ist seit 1996 Vorsitzender der Geschäftsführung der Groz-Beckert KG in Albstadt und verantwortet die Zentralbereiche Controlling, Finanzen und Unternehmensentwicklung. Er ist seit 1984 persönlich haftender Gesellschafter von Groz-Beckert.
Industrie 4.0 – Potenziale für die individualisierte Serienproduktion, 22. Mai, 10:10 Uhr:
Dr. Karsten Ottenberg ist seit Juli 2013 Vorsitzender der Geschäftsführung der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, München. Er verfügt über langjährige Erfahrung in Managementfunktionen – unter anderem in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Marketing und Vertrieb.
Modularisierung der Fabrik und die Anwendung in Presswerk und Karosseriebau, 22. Mai, 11:20 Uhr:
Steffen Reiche ist Leiter Planung der Marke Volkswagen. Der Produktionstechniker bekleidet seit 1995 leitende Funktionen im Volkswagen-Konzern, unter anderem war er Leiter Produktion in Bratislava und Bereichsprojektleiter Produktion für den Touareg und den Porsche Cayenne.
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