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Auf die Pizza gewartet

Stichprobeninventur spart Zeit und Kosten
Auf die Pizza gewartet

Auf der Liste der notwendigen Übel steht die Inventur ganz weit oben. Mindestens einmal pro Geschäftsjahr muss jedes Unternehmen seine Lagerbestände erheben. Eine Software-gestützte Stichprobeninventur spart Zeit und Geld.

Torsten Krüger ist freier Journalist in Berlin

Der Wechsel zum Duisburger Logistik-Dienstleister Panopa Logistik GmbH & Co. KG und der damit verbundene Umzug des zentralen Ersatzteillagers war gerade abgeschlossen, da stand bei der Terex Germany GmbH & Co. KG in Dortmund ein neuer Kraftakt bevor: Mitten im Jahr wurde eine kurzfristige Inventur fällig, um die aktuellen Lagerbestände zu überprüfen. Um Zeit und Kosten zu sparen, entschied sich das Unternehmen bereits vor dem Lagerumzug, die Inventur als Stichprobeninventur mit der Software Gestin-77 durchzuführen. Nach wenigen Stunden hatte das Unternehmen den Kraftakt bewältigt.
„Unsere letzte Vollinventur hat 14 Tage gedauert, das wollten wir unserem neuen Dienstleister nicht mehr zumuten“, erinnert sich Robert Morris, der die Abteilung Ersatzteilwesen leitet. In den zwei Wochen hatte damals der ganze Betrieb geruht. Umfangreiche organisatorische und logistische Maßnahmen mussten getroffen werden, damit die benötigten Ersatzteile auch während der Vollaufnahme ausgeliefert werden konnten. „Das war nicht einfach. Trotzdem haben wir das fast Unmögliche geschafft, wenngleich mit erheblichem Zeit- und Personalaufwand.“ Nach diesen Erfahrungen wollte Terex die Inventur des Ersatzteillagers effizienter gestalten – und bald stand eine Vollinventur gar nicht mehr zur Diskussion.
Das Unternehmen ist eine Tochter der Terex Corporation in Westport, Connecticut/ USA, die sich auf Maschinen für Förderung, Abbau und Transport in Steinbrüchen und Tagebaubetrieben spezialisiert hat. In Dortmund werden Hydraulikbagger mit einem Einsatzgewicht von 80 bis 1000 t gebaut, außerdem ist hier das weltweite Ersatzteillager des Konzerns mit über 30 000 verschiedenen Artikel-Nummern angesiedelt. Alle Produkte zu zählen, ist fast unmenschlich.
Bei einer Stichprobeninventur wird nicht das gesamte Lager gezählt, sondern nur ein nach dem Zufallsprinzip ausgewählter, repräsentativer Bruchteil, der auf den restlichen Lagerbestand hochgerechnet wird. Kaufleute begegnen diesem Prinzip oft mit einer gewissen Skepsis, weil ihnen eine Vollinventur als das Maß der Genauigkeit erscheint. Dabei wird meist der menschliche Faktor übersehen: Durch unqualifiziertes Personal kommt es zu falschen Erfassungen und zu Fehlern beim Messen und Wiegen. Zwar steigt mit der Zahl der inventarisierten Bestände in der Regel auch die Routine, das heißt die Zählgeschwindigkeit, aber die Genauigkeit sinkt. Im Schnitt weichen bei Vollinventuren deshalb Buch- und Istwert um etwa 3 % voneinander ab. Eine sauber durchgeführte Stichprobeninventur erreicht dagegen eine statistisch nachweisbare Genauigkeit von bis zu 99%.
Seit 1977 ist das Verfahren der Stichprobeninventur vom Gesetzgeber anerkannt. „Aufstellung des Inventars mit Hilfe von anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren“ nennt es das HGB. Eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung einer Stichprobeninventur entsprechend §241 Abs. 1 des HGB ist, dass der Aussagewert einer solchen Inventur dem einer Vollaufnahme entsprechen muss. Der Umfang der real aufgenommenen Lager-Bestandseinheiten muss dafür groß genug und repräsentativ sein.
Besonders geeignet für das Stichprobenverfahren sind Unternehmen, bei denen ein vielfältiges Produktspektrum mit mittleren bis längeren Liegezeiten lagert. Das Lager sollte mindestens 1000 Artikel oder Lagerfächer umfassen und sich artikelgenau verbuchen lassen. Lager ohne „diskrete“ Produkte, wie solche für Schüttgut oder Flüssigkeiten, können nicht per Stichprobe inventarisiert werden. Auch sollte der Anteil hochwertiger Artikel nicht überproportional sein, da diese Artikel immer voll aufgenommen werden.
Bei Terex in Dortmund hatte eine Testinventur mit der Software Gestin-77 bereits ergeben, dass sich das Lager für eine Stichprobeninventur eignet. Auch das O.K. des Wirtschaftsprüfers lag vor, und so stand der Inventur des Ersatzteillagers mit Unterstützung des Software-Anbieters, der Bochumer BK Beratung + Kommunikation GmbH, nichts mehr im Wege.
Die Vorbereitungen dauerten kaum drei Wochen. Binnen weniger Stunden waren die Software Gestin-77 auf dem Terex-Server installiert und die nötigen Schnittstellen programmiert. Die eigentliche Inventur fand an einem Samstag statt, als der Betrieb in dem vollautomatischen Lager ruhte. Dabei wurde der gesamte Bestand zunächst in verschiedene Werteschichten eingeteilt. Pro Werteschicht wählte die Software nach dem Zufallsprinzip eine bestimmte Anzahl repräsentativer Artikel für eine Stichprobe aus. Diese – und nur diese – wurden dann körperlich aufgenommen, die Ergebnisse in das System eingegeben und die Zahlen automatisch auf den restlichen Lagerbestand hochgerechnet. Ein Vergleich der hochgerechneten Bestände mit dem Buchwert ergab keine nennenswerten Abweichungen. Damit war die Inventur für Terex abgeschlossen. „Die ganze Inventur dauerte kaum drei Stunden“, resümiert Robert Morris. „Am Ende mussten wir noch auf den Pizza-Service warten“, lacht er, „den hatten wir für einen zu späten Zeitpunkt bestellt.“
Rechtzeitig wäre der Pizzabote nur gekommen, wenn der hochgerechnete Wert erhebliche Differenzen zum Buchungswert aufgewiesen hätte. In diesem Fall hätte eine genauere Analyse angestanden, die unter Umständen zu einer Vollinventur führen kann. Bei Unternehmen mit verlässlicher Buchführung sind solche Fälle aber ausgesprochen selten. „Mit einer sorgfältigen Prüfung der Daten im Vorfeld und gegebenenfalls einer Testinventur kann man das nahezu ausschließen“, weiß BK-Geschäftsführer Jochen Köhler.
In Dortmund verlief inzwischen auch die zweite Stichprobeninventur reibungslos. „Mit Gestin haben wir sowohl den Zeitaufwand als auch die Kosten signifikant gesenkt“, freut sich Morris. „Nach diesen Erfahrungen planen wir inzwischen, auch die Inventur unseres Produktionslagers per Stichprobe durchzuführen.“
Industrieanzeiger
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