Pneumatik-Komponenten erweitern den Baukasten „Mikrosysteme für den Maschinenbau“. Beim Entwickeln legen die Aachener Forscher Wert darauf, dass die Mini-Ventile industriellen Anforderungen entsprechen.
Dipl.-Ing. Götz Günther ist Mitarbeiter am Aachener Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen
Kleinste Komponenten sind heute auch in der Pneumatik gefragt. Sie sollen nicht nur Miniaturantriebe direkt ansteuern, sondern kommen auch als Vorsteuereinheiten in Betracht für Ventile, die nach konventioneller Art konstruiert wurden. Mit entsprechenden Ansteuerleistungen und Schaltzeiten lassen sich Mikroventile direkt an einen Feldbus ohne zusätzlichen Leistungskreis anschließen.
Für Anwendungen in der Automatisierung entwickeln Aachener Wissenschaftler ein 3/2-Wege-Mikroventil, das nach thermomechanischem Prinzip arbeitet: Es öffnet oder schließt, wenn eine Metallbrücke durch Stromfluss erwärmt wird. Begleitet von Unternehmensvertretern aus der Fluidtechnik-Branche, wollen Forscher am Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen (Ifas) der RWTH Aachen dieses Element für die Industrie-Pneumatik bis zur Anwendung führen. Es soll einen Arbeitsdruck bis 10 bar vertragen und einen Volumenstrom bis zu 2 Nl/min sowie Schaltzeiten von rund 20 ms erreichen.
Die neuen Mikroventile sind aus drei Chips aufgebaut:
– Der Ventilsitzchip trägt den Einlassventilsitz.
– Auf dem Aktorchip sitzen der thermomechanische Aktor und der Arbeitsanschluss. Dieser Chip umgibt den Ventilsitzchip wie ein Rahmen.
– Im Deckelchip liegt die Entlüftungsöffnung mit dem zweiten Sitz.
Thermomechanische Aktoren ersetzen den in der Standardpneumatik gebräuchlichen elektromagnetischen Antrieb. Sie erreichen höhere Kräfte und Hübe als elektrostatische und piezoelektrische Aktoren. Zudem lassen sie sich mit Methoden der Siliziumtechnik einfach realisieren: Auf einem Wafer können mehrere 100 Ventile gleichzeitig hergestellt werden. Auch Sensoren oder Teile der Ansteuerelektronik lassen sich bei diesem Verfahren monolithisch integrieren. Als Fachleute für Fertigungstechnologien aus der Halbleitertechnik sind Mitarbeiter des in Itzehoe ansässigen Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie (Isit) am Projekt beteiligt.
Das Gesamtsystem soll kompatibel zu Komponenten verschiedener Hersteller sein. Daher folgen die Entwickler den Vorgaben, die für alle Module aus dem Baukasten „Modulare Mikrosysteme für den Maschinenbau“ gelten. Sie sind inzwischen in einem VDMA-Einheitsblatt festgehalten.
Das Projekt läuft noch bis Mai 2002. Derzeit sind die ersten Prototypen gefertigt und vermessen. Ventildesign, maximaler Luftvolumenstrom sowie die elektrische Ansteuerleistung und die Schaltzeiten sollen verbessert werden.
So funktioniert das Mikroventil: Elektrische Heizung betätigt den Aktor
Um das Mikroventil zu betätigen, wird ein brückenförmiger Aktor aus galvanisch abgeschiedenem Nickel elektrisch beheizt. Das Metall dehnt sich aus und wird nach oben ausgelenkt. Der Maximalhub beträgt dabei 40 µm. Durch diese Bewegung wird eine unter der Brücke liegende Öffnung freigegeben, so dass Luft zum Arbeitsanschluss strömt und die darüberliegende Entlüftung verschlossen wird.
Schon wenn die drei Chips zu einem Ventil montiert werden, lenkt der Ventilsitz das Brückenteil aus und setzt es unter Spannung. Das hält die Brücke auch im unbeheizten Zustand an ihrem Platz, so dass sie auch dann nicht vom Sitz abhebt, wenn eine Druckdifferenz anliegt.
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