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Automobil-Zulieferer ohne EDV-Sorgen

Unternehmenssoftware als ASP-Lösung
Automobil-Zulieferer ohne EDV-Sorgen

Anstatt auf einen neuen Server zu wechseln, lagerte der mittelständische Automobilzulieferer Mayr sein ERP-System an einen Application Service Provider (ASP) aus. Dieser übernimmt heute die komplette System-Administration und betreut den elektronischen Datenaustausch mit den Mayr-Kunden.

Horst Stegmüller ist Fachjournalist in St. Leon-Rot

Für kleine und mittlere Unternehmen wird die EDV immer wieder zum Problem. Rechner und Software binden teilweise erheblich personelle und finanzielle Ressourcen, die an anderer Stelle dringend gebraucht würden. Die Hans Mayr GmbH & Co. KG, ein Automobil-zulieferer aus Hirschhorn-Langenthal, hat sich daher entschieden, Application Ser-vice Providing (ASP) zu nutzen. Kurzerhand lagerten die Südhessen ihre ERP-Software Frida zur OCS GmbH aus, einem Anbieter von ASP-Dienstleistungen mit Sitz im nahegelegenen Wald-Michelbach.
Da für Zulieferer der Automobilbranche die elektronische Kommunikation mit den Herstellern maßgeblich ist, entscheiden die Fähigkeiten der eingesetzten EDV mit über den Erfolg. Bis 1999 setzte Mittelständler Mayr eine eigene Software unter dem Unix-Betriebssystem ein. Als man sich für Frida – und damit für den Hersteller Command AG aus Ettlingen – entschied, war ein Serverwechsel auf die iSeries von IBM (vormals AS/400) nötig. Eine größere Investition schien unausweichlich, zumal die sehr heterogene DV-Landschaft bei Mayr ohnehin eine umfassende Neustrukturierung erforderlich gemacht hätte. In dieser Situation unterbreitete OCS das Angebot, die ERP-Software Frida für die Hans Mayr GmbH im ASP-Modell, also als Mietlösung, zu betreiben und den Betrieb in Langenthal über eine Datenleitung mit dem eigenen Server zu verbinden.
Bis dato hatte der Automobilzulieferer immer wieder mit den unvermeidlichen kleineren und größeren Problemen der EDV zu kämpfen, verfügte aber nicht über das Fachpersonal, um diese Schwierigkeiten selbst zu lösen. Die Verantwortlichen bei Mayr wollten aber möglichst wenig mit der EDV zu tun haben, um sich ganz auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu können (siehe Kasten). Zudem gab es schon länger ernste Bedenken wegen der EDV-Sicherheit, da es am Standort keinen geschützten Serverraum gab. Mittelfristig wären somit erhebliche Investitionen in die Hardwaresicherheit erforderlich gewesen.
Geschäftsführer Hans Joachim Mayr ergriff daher die Gelegenheit, sich den EDV-Klotz vom Bein zu schaffen, gerade auch weil sich OCS schon bei der früheren Zusammenarbeit als verlässlicher Partner erwiesen hatte. Der Umstieg im Jahr 2000 ging denn auch unerwartet schnell über die Bühne, wie sich der Firmenchef erinnert: „Das ist alles erstaunlich problemlos gelaufen, viel problemloser jedenfalls als der Umstieg von einer Maschine auf die andere.“ Obwohl die Aktion sicherheitshalber auf ein Wochenende verlegt wurde, war sie praktisch über Nacht abgeschlossen: Die Software wurde auf den Server von OCS aufgespielt, die Leitungen wurden angeschlossen, und am darauffolgenden Montag lief das System wieder im Echtbetrieb.
Auf dem iSeries-Server beim externen Dienstleister OCS läuft nun eine komplette Frida-Installation mit den Modulen Produktionsplanung, Materialwirtschaft und Rechnungswesen. Hinzu kommt der Automotive-Branchenteil von Frida, eine Lotus-Notes-Installation und eine Software zur Betriebsdatenerfassung. Der Betrieb in Langenthal ist über eine 64-kBit-ISDN-Standleitung der Telekom mit dem ASP-Server bei OCS verbunden, der Dienstleister wiederum verfügt über eine 64- kBit-Anbindung an das Backbone von AT&T. Inhouse sind bei der Mayr GmbH lediglich einige PC-Arbeitsplätze verblieben, die über Lotus Notes zu einem Netzwerk zusammengeschlossen sind, zu dem auch ein Druckserver gehört.
Zwölf Nutzer greifen via ASP auf die Frida-Installation zu. Abgesehen von den PC-Anwendungen setzt der Automobilzulieferer nur integrierte Software ein. Manuelle Eingriffe sind daher nicht erforderlich. Die EDI-Integration macht es beispielsweise möglich, Auftragsrückmeldungen sofort im System verfügbar zu haben. Auch die Weitergabe der Aufträge in die Produktion ist komplett integriert: Die Bestellungen werden online vom Automobilhersteller an das ERP-System geschickt und automatisch an die Produktionsplanung und
-steuerung weitergegeben. Die Arbeitsvorbereitung kann den Arbeitsablauf und die Kapazitäten systemgestützt planen und weiß rechtzeitig, wie viele Leute, welche Maschinen und wie viel Material gebraucht werden.
Die elektronische Kommunikation mit den Herstellern spielt für Mayr eine wichtige Rolle, denn auf diesem Weg versenden die Auftraggeber beispielsweise Lieferabrufe, in denen sie mitteilen, an welchem Tag welche Teile in welcher Menge und welcher Konfiguration abgeholt werden. Um die Daten, die von den verschiedenen Herstellern ankommen, in die ERP-Software einlesen und verarbeiten zu können, ist ein spezieller Konverter im Einsatz, der in der Branchenlösung Fridafocus@Automotive durchgängig integriert ist. Er wandelt die eingehenden Edifact-, Odette- und VDA-Daten in das Frida-Format um und ermöglicht die Kommunikation über die Grenzen verschiedener Systeme hinweg.
Ein solcher Konverter stellt hohe Ansprüche, die nur mit gut geschulten Mitarbeitern zu erfüllen sind. Da diese personelle Kompetenz bei dem mittelständischen Zulieferer fehlte, gab es mit der früheren Insellösung für den Konverter immer wieder Probleme. Dabei blieb oft unklar, ob die Ursache für Störungen in der Datenübertragung beim Hersteller, in der Leitung oder bei Mayr lag. „Da konnte man dann immer trefflich über die Ursache streiten“, blickt Hans Joachim Mayr auf diese Zeit zurück, „und wenn dann jedes Mal drei Fachleute anrücken müssen, bis das Problem behoben ist, ist das auf Dauer ein untragbarer Zustand.“
Auch hier hat sich der Wechsel zum ASP-Modell bewährt. Bei Problemen genügt ein Anruf bei OCS. Die Fachleute dort überprüfen selbst die Systeme, ermitteln die Ursache und nehmen bei Bedarf auch direkt Kontakt mit dem betreffenden Hersteller auf. OCS kennt bei den wichtigsten Kunden von Mayr die Ansprechpartner und wendet sich direkt an sie, wenn etwa die Teilenummer in einem falschen Datenfeld platziert ist und dadurch einen Fehler verursacht.
Um seine starke Abhängigkeit von der Automobilbranche zu verringern, hat Hans Joachim Mayr einen neuen Geschäftszweig eröffnet und im März 2002 die Produktion von Plastikkarten aufgenommen. In der ersten Ausbaustufe sollen neben Transponderkarten für die berührungslose Datenübertragung auch chiplose Karten hergestellt werden, die mit Magnetstreifen, Beschriftungs- und Rubbelfeldern, Personalisierungen, Barcodes, Logos, Hologrammen und anderen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet werden können.
Für den neuen Geschäftsbereich werden eine zweite Buchhaltung und ein zweites Materialwirtschaftssystem benötigt. Da das ERP-System Frida mandantenfähig und skalierbar ist, wird diese Erweiterung aber kein Problem darstellen. Die Vorbereitungen für das Einpflegen des neuen Mandanten laufen bereits, und mit seiner ASP-Lösung im Rücken sieht Hans Joachim Mayr gelassen in die Zukunft: „Wir sind jetzt etliche Sorgen los, um die Technik brauchen wir uns nicht mehr zu kümmern.“
Der Anwender
Die Hans Mayr GmbH & Co. KG aus Hirschhorn-Langenthal in der Nähe von Heidelberg ist seit fast 100 Jahren am Markt vertreten. Der Mittelständler fertigt heute hauptsächlich funktionale Elemente für die Automobilproduktion. Diese werden als
– Verkleidungen,
– Abdeckungen sowie für
– Schall- und Temperatur-Isolierung
überall im Fahrzeug eingesetzt, zum Beispiel zur Kapselung des Motors, zur Verkleidung des Kofferraums oder zur akustischen Isolierung unter der Instrumententafel.
Das Unternehmen nimmt mit seinen Produkten im Markt eine Nischenstellung ein, die eine besonders hohe Flexibilität erfordert. So findet derzeit bei den Kfz-Herstellern ein Paradigmenwechsel statt, denn sie sind immer weniger bereit, mit kleinen Zulieferern zusammenzuarbeiten. Statt Einzelteilen wollen sie immer mehr komplette Module verbauen, und für den Zulieferer bedeutet das einen deutlichen Umbruch, der weg von den OEM (Original Equipment Manufacturer) und hin zu den großen Systemlieferanten führt. Geschäftsführer Hans Joachim Mayr sieht für sein Unternehmen aber dennoch eine Existenznische: „Klein- und Nischenteile werden immer gebraucht, und das ist eine Chance für kleine und mittlere Unternehmen, die flexibel genug sind, sich auf die wechselnden Anforderungen rasch einzustellen und kundenspezifische Problemlösungen zu entwickeln.“
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