Das Prinzip, nach dem man bei Carl Stahl Feinseile herstellt, ist nicht neu. Ein Seil besteht aus vielen dünnen Einzeldrähten, die „verseilt“ werden, wie es im Fachjargon heißt. Und das funktioniert so: Es gibt einen Draht, auch Herzdraht genannt, der durch die Mitte des sogenannten Verseilkopfs läuft. Im dem sind sechs, manchmal auch zwölf weitere Drähte geführt. Die Drehung des Verseilkopfs um den Herzdraht sorgt dafür, dass sich die Einzeldrähte um diesen wickeln. Die Wicklung darf nicht zu locker sein, sonst entstehen Löcher und Schlaufen. Deshalb müssen die Einzeldrähte beim Abwickeln von der Ablaufspule einer gewissen Spannung unterliegen. Das aber ist bei der Herstellung von Feinseilen sehr schwierig. Denn manche Feinseile bestehen aus Drähten mit einem Durchmesser von nur 0,02 Millimeter – sie sind damit nur ein Viertel so dünn wie ein menschliches Haar und sind dementsprechend empfindlich. Die Kunst bei der Konstruktion der Verseilmaschine ist es also, die dünnen Einzeldrähte einerseits stark genug zu spannen, damit sie sich exakt und straff um den Herzdraht wickeln. Andererseits dürfen sie nicht zu stark gespannt werden – sonst reißen sie. Die Verseilmaschinen so fein zu justieren, dass sie die richtige Balance zwischen zu schwacher und zu starker Spannung haben, ist sehr diffizil. Den Entwicklern bei Carl Stahl ist das Kunststück gelungen. In der Produktionshalle des Unternehmens laufen 50 der selbst konstruierten Spezialmaschinen für die Herstellung von Feinseilen Tag und Nacht – und meist reißt kein einziger Draht.
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