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Bei Engpässen im Betrieb sind Mitarbeiter auf Zeit die Trumpfkarte

Personaldienstleister bieten umfassenden Service, wenn geeignete Fachkräfte fehlen
Bei Engpässen im Betrieb sind Mitarbeiter auf Zeit die Trumpfkarte

Sie wechseln häufig Job und Arbeitsplatz und sind dennoch immer beim selben Arbeitgeber beschäftigt: Zeitarbeitnehmer. Doch das Image von der unqualifizierten Aushilfe, die nur für einige Wochen im Betrieb bleibt, ist längst veraltet. Bester Beweis: Immer mehr Unternehmen vertrauen dem Service von professionellen Personaldienstleistern.

Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal

Manchmal bekomme ich es noch zu hören”, klagt Marianne Dingendahl. „Zeitarbeiter sind alle langzeitarbeitslos, schlecht ausgebildet und werden nirgendwo anders gebraucht.” Gegen solche geballten Vorurteile in den Köpfen von Firmenchefs geht Marianne Dingendahl mit Fakten und aus Überzeugung vor. Denn sie ist die Leitern der Wuppertaler Niederlassung der „Deutscher Industrie Service AG (DIS)“, einem der großen Personaldienstleistungsspezialisten in Deutschland und Österreich.
Seit rund zwölf Jahren betreut sie den bergischen Raum und kennt daher ihre Auftraggeber bestens, die oft aus der mittelständisch ausgerichteten, metallverarbeitenden Wirtschaft kommen. „Solche ganz und gar abwertenden Urteile von Arbeitgebern hören wir in der letzten Zeit immer seltener”, weiß sie. „Und nur dann, wenn noch keine Erfahrungen mit dem Thema vorliegen.”
Denn anders, als es sich mancher Unternehmer vorstellen mag, geht es bei DIS wie bei allen großen Zeitarbeitsfirmen höchst professionell um das Thema Arbeitskraft. „Das fängt schon damit an, dass wir uns die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen genau ansehen”, klärt die Niederlassungsleiterin auf.
Genauso wird auch die Qualifikation der Bewerber, sei es im kaufmännischen oder im technischen Bereich, gründlich geprüft. „Anders würde es auch gar nicht gehen, schließlich leben wir davon, dass wir zufriedene Kunden haben, die uns weiterempfehlen”, sagt sie nüchtern. Da müssen schon Anforderungsprofil und Qualifikation des Bewerbers genau passen.
Gefragt sind bei den Kaufleuten neben Fremdsprachenkenntnissen die Erfahrungen im Finanzwesen. In den technischen Bereichen werden vor allem Diplom-Ingenieure, Techniker oder Meister gesucht, und bei allen Anforderungsprofilen spielen die CAD-Kenntnisse eine große Rolle. Für spezielle Anforderungen werden die Mitarbeiter auch von DIS selbst geschult, bevor der Einsatz beim Kunden erfolgt.
Manche Zeitarbeiter werden von Kunden auch persönlich immer wieder angefordert – wenn sie nicht gar abgeworben werden. „Eine Tatsache, die wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge sehen”, verrät die Chefin. Denn da bleibt das Problem, wieder neue Mitarbeiter suchen zu müssen.
Zeitarbeiter werden für den Einsatz im Betrieb auch geschult
Das Problem, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, kennt auch Michael Gockel, Geschäftsleiter des Dortmunder Personaldienstleister Tecline. Die Newcomer in Deutschland, die hier erst 1999 gegründet wurden, gehen konsequent den Weg der Spezialisierung – sei es bei der Arbeitskräftevermittlung oder bei der Zeitarbeit. Sie haben technische Fachberufe in der Elektrotechnik, Kommunikationstechnik und der EDV fest ins Visier genommen. Und dabei können sie sich auf Erfahrungen aus den Niederlanden stützen, woher auch das Tecline-Management stammt. „Wir wollen kein Allrounder, sondern Spezialist mit entsprechender Kompetenz sein”, heißt das Konzept, das aus den Niederlanden adaptiert wurde. Von dort stammen auch einige der kreativen Ansätze, die das Team bundesweit anbietet. „Wenn wir Aufträge für hochspezialisierte Fachkräfte bekommen und wir Bewerber haben, die diese Anforderungen nicht ganz vollständig erfüllen, dann schulen wir unserer Mitarbeiter genau nach den Wünschen der Kunden”, verspricht Gockel. Und nicht nur das. „Natürlich suchen die Unternehmen am liebsten junge Ingenieure mit Berufserfahrung, die dann noch gewisse Zusatzqualifikationen mitbringen sollen”, weiß er. „Die können wir auch nicht immer aus dem Hut ziehen.” Sehr wohl haben die Dortmunder in ihrem Mitarbeiterpool zum Beispiel Studienabbrecher, die zwar das gewünschte Diplom nicht mitbringen, dafür aber schon praktische Erfahrungen aus Projekten nachweisen können. Die werden von Tecline speziell geschult und für den Kunden fachlich fit gemacht.
Jemand, der Zeitarbeit schon lange in die betriebliche Praxis umsetzt, ist Klaus Paucke, Leiter Rechnungswesen, Inkasso und Personal bei der Intercard GmbH in Taufkirchen. Das mittelständische Unternehmen, das Terminals für die Abwicklung bargeldloser Zahlungen mit EC-Karte oder Kreditkarte vertreibt, setzt schon seit einigen Jahren immer wieder auf Zeitarbeit. Für Paucke liegen die Vorteile klar auf der Hand: „Damit decken wir vor allem Spitzenzeiten ab, in denen einfach mehr Arbeit anfällt, als unsere Stammbelegschaft schafft. Aber auch bei längeren Krankheitszeiten und als Urlaubsvertretung schätzen wir Kollegen auf Zeit.” Paucke vertraut auf seinen externen Personaldienstleister und weiß damit viele praktische Vorteile auf seiner Seite. „Adecco übernimmt für uns die Vorauswahl und spart uns damit hohe Inseratskosten. Bei Neueinstellungen testen wir den Arbeitnehmer für ein halbes Jahr und beobachten dann, ob der- oder diejenige zu uns passt, bevor wir einen Arbeitsvertrag schließen. Und klappt es wider Erwarten einmal nicht, besteht für uns keine Übernahmeverpflichtung.” Mitarbeiter, die nur für eine bestimmte Zeit zum Team gehören, gibt es bei Intercard in allen Unternehmensbereichen – für die Dateneingabe ebenso wie für die Telefonzentrale, für Lager, Versand, Vertrieb oder das Sekretariat. Und die Erfahrungen sind überwiegend positiv, berichtet Paucke, „da wir vorab ein genaues Mitarbeiterprofil abgeben und Adecco unseren Betrieb mittlerweile sehr gut kennt und weiß, wer zu uns passt.” Da spielten die Kosten nicht die größte Rolle, so der Personalchef. „Die sind im Durchschnitt 10 Prozent höher, als bei Leuten, die ich selber einstelle.” Sobald Zeitarbeitnehmer jedoch in Urlaub gehen oder krank werden, was bei längeren Entleihzeiträumen vorkommt, „dann rechnet sich dieser Service sogar gut”, hat Paucke die Erfahrung gemacht.
Denn zu den Vorteilen für den Betrieb gehört in solchen Fällen, dass der Mitarbeiter immer beim Verleiher angestellt bleibt, für das entleihende Unternehmen also keine Kosten anfallen. Mittlerweile scheinen immer mehr Firmenchefs und Personalverantwortliche so zu denken, wie Klaus Paucke. Denn Zeitarbeit ist eine Wachstumsbranche mit kräftig steigenden Zahlen. Allein in Deutschland sind rund 3000 Zeitarbeitsunternehmen tätig, die sich den geschätzten Markt von rund 8,7 Mrd. DM Umsatz teilen. Im vergangenem Jahr waren nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit und des Instituts der Deutschen Wirtschaft 286000 Arbeitnehmer bei einem Personaldienstleister beschäftigt.
Es besteht noch viel Aufklärungsarbeit bei den Arbeitgebern
„Dadurch wird deutlich, wie sehr sich die Zeitarbeit in den vergangenen Jahren zur Jobmaschine entwickelt hat”, lobt Ingrid Hofmann, Geschäftsführende Gesellschafterin der Hofmann Personalleasing GmbH in Nürnberg. Solche Zahlen haben auch bei den staatlichen Arbeitsvermittlern manches Vorurteil gegen die vermeintliche Konkurrenz zu Fall gebracht. „Mittlerweile kooperieren die Arbeitsämter häufig mit unserer Branche, zum Beispiel bei Jobbörsen”, weiß die Vizepräsidentin des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA). Nur in manchen Arbeitgeberköpfen seien immer noch falsche Vorstellungen beim Thema Personalleasing fest verankert, beklagt die Chefin von rund 3000 Mitarbeitern in 44 deutschen Niederlassungen. „Da gibt es noch viel Aufklärungsbedarf”, lautet ihr Fazit nach einer Umfrage, die im Auftrag der Hofmann Personal-Leasing durchgeführt wurde. Denn die wenigsten Befragten wussten, dass ein „überlassener Arbeitnehmer” unter die gleichen gesetzlichen Bestimmungen bei Renten- und Krankenversicherung, Krankheits- und Unfallschutz fällt wie jeder andere Beschäftigte auch.
Ob es wohl daran liegt, dass im internationalen Vergleich zu Ländern wie Großbritannien, Frankreich, Japan oder den Niederlanden die Zeitarbeit in Deutschland noch immer eine geringere Bedeutung einnimmt? „Ja, viele Firmen sehen in einem Personaldienstleister noch immer eine Art Feuerwehr”, schätzt Kay Bornemann ein. Also ein Notruf nur dann, wenn es nicht mehr anders geht? Das scheint sich langsam zu ändern, glaubt der Gebietsleiter Mitteldeutschland bei der Hamburger Vedior GmbH, die zum niederländischen Vedior International Konzern gehört.
„Wir stellen immer mehr fest, dass unsere Kunden nicht einzelne Berufsqualifikationen abfragen, sondern nach einem Profil für konkrete, an einem bestimmten Arbeitsplatz zu lösende Probleme suchen.” Gerade für den Mittelstand sieht Bornemann im Mitarbeiter auf Zeit handfeste Vorteile. „Hier ist die Verwaltung im Verhältnis zum operativen Bereich oft sehr groß und damit kostenintensiv. Da macht sich jeder Ausfall schmerzhaft bemerkbar.”
Auch das Thema Überstunden sei hier oft ausgereizt, so dass auf externe Hilfe nicht verzichtet werden könne. „Und schließlich werden mittelständische Firmen als Unterauftragnehmer von den Großen oft stark unter Druck gesetzt. Da kann ein professioneller externer Dienstleister sehr nützlich sein.”
Elmar Hoff, Chief Operating Officer, Adecco Deutschland: „Zeitarbeit ist nur eine Facette der Personaldienstleistung”
Adecco ist nach der Übernahme von Olsten zur Nummer zwei unter den Zeitarbeitsfirmen in Deutschland aufgerückt. International ist Adecco schon Marktführer. Elmar Hoff sagt, wie sich der Personaldienstleister positioniert.
?Adecco will weiter wachsen und zwar zweistellig. Was macht Sie so optimistisch?
!Die Zeitarbeit gewinnt an Bedeutung und Akzeptanz. Dafür ist unter anderem auch ein Umbruch in unseren Arbeitsgewohnheiten verantwortlich. Flexible Arbeitszeiten und Telearbeit sorgen insgesamt für ein Umdenken bei Arbeitgebern und Beschäftigten. Das macht sich auch bei der Zeitarbeit bemerkbar, deshalb werden wir auch unser Filialnetz in Deutschland in absehbarer Zeit auf 250 Niederlassungen ausbauen, um noch näher am Kunden zu sein.
?Welchen Anteil nimmt die klassische Zeitarbeit in Ihrem Dienstleistungsangebot ein?
!Einen hohen. Ich schätze, dass er ungefähr 85 Prozent unseres Geschäfts ausmacht. Wie bei fast allen Personaldienstleistern liegen eben auch unsere Wurzeln hier. Aber zunehmend gewinnen andere Sparten wie Personalvermittlung, Management auf Zeit oder Outsourcing eine größere Bedeutung. Das beweist schon die Tatsache, dass wir auch unabhängig vom Thema Zeitarbeit auf diesen Service angesprochen werden. Natürlich gibt es auch hier Synergieeffekte und Verflechtungen, die wir nutzen.
?Einige Anbieter unter Ihren Konkurrenten spezialisieren sich auf bestimmte Branchen. Sehen Sie sich als Generalist dadurch gefährdet?
!Nein, überhaupt nicht. Wir wollen als internationaler Marktführer den Anspruch beibehalten, immer präsent und für alle Aufträge ansprechbar zu sein. Wir haben unter dem Dach der Adecco auch spezielle Niederlassungen und Netzwerke für bestimmte Aufgaben. Etwa für Finanzfachkräfte, technisches Personal oder IT-Fachkräfte. Dazu kommen mit unserem Unternehmen Lee Hecht Harrison Profis für das Outplacement.
?Es scheint, als ob überwiegend Großunternehmen Ihre Dienstleistungen nutzen. Können nur die sich den Service leisten?
!Natürlich übernehmen wir häufig Großprojekte wie für die Expo, wo wir rund 8000 Mitarbeiter stellen. Aber wir engagieren uns auch sehr stark im Mittelstand, weil er die Basis unseres Geschäfts bildet. Und Zeitarbeit oder etwa ein Management auf Zeit rechnet sich gerade für einen mittelständischen Betrieb, der Auftragsspitzen oder Ausfallzeiten viel schlechter auffangen kann, als ein Riesenunternehmen. gm
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