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Big Brother hat alles unter Kontrolle

Gebäudetechnik: vernetzt, gebündelt und aus der Ferne bedient
Big Brother hat alles unter Kontrolle

Um bis zu 30 % reduzierte Betriebskosten versprechen große Gebäudeautomatisierer wie ABB oder Honeywell. Die Messe Light + Building in Frankfurt/M. gewährt tiefe Einblicke in die Möglichkeiten des technischen Gebäudemanagements.

Sven Hardt ist freier Journalist in Neuenhagen bei Berlin

Vernetzte Gebäudetechnik ist der gemeinsame Nenner aller Events auf der Fachmesse Light + Building. Die zweite Auflage der weltgrößten Schau für das Zusammenspiel von Architektur und Technik findet vom 14. bis 18. April in Frankfurt/M. statt. Einen Schwerpunkt der Veranstaltung bildet das technische Gebäudemanagement. Das intelligent gesteuerte Zusammenspiel von Beleuchtung, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik und scheinbar untergeordneten Prozessen wie Parkplatzmanagement oder Raumauslastung soll die Betriebskosten eines Gebäudes um bis zu 30 % senken. Gedrosselte Sozial- und Opportunitätskosten in Folge zufriedener Mitarbeiter kommen hinzu. Die Integration von Licht, Elektrotechnik, Klimatechnik und Gebäudeautomation auf einer Messe ist, nach Aussage des Veranstalters, weltweit einmalig.
Dr. Michael Peters, Geschäftsführer der Messe Frankfurt GmbH, freut sich über mehr als 20 % Wachstum im Vergleich zur Premiere im Jahr 2000. Über 2100 Aussteller füllen jetzt fast das ganze Frankfurter Messegelände. „Wir haben den Nerv des Marktes getroffen und eine internationale Schwerpunktmesse etabliert.“ Die Veranstaltung gilt als wichtiger Treffpunkt für Planer, Facility-Manager und Bauherren.
Für Unternehmer, die ihre Neu- oder Bestandsbauten auf den aktuellen Stand bringen wollen, sind Full-Service-Anbieter interessant, die alle technischen Lösungen aus einer Hand liefern. Deutlich reduzierte Nebenkosten bei mehr Komfort und Flexibilität versprechen die Unternehmen. Einige Systeme bieten fast schon Kontrollmöglichkeiten im Orwellschen Sinn: Elektronische Zugangskontrollen verhindern, dass sich Mitarbeiter oder Besucher in Bereiche verirren, für die sie keine Berechtigung haben. Preiswerte digitale Videosysteme informieren das Wachpersonal und liefern gleich das passende Fahndungsfoto.
Als technischer Generalunternehmer verzahnt die ABB Gebäudetechnik AG aus Mannheim (Halle 9.2, Stand E10) vormals getrennte Prozesse unterschiedlicher Gewerke wie Heizung und Elektrotechnik, und dies möglichst schon in der Planungsphase. Auf diese Art realisieren die Mannheimer nach eigenen Angaben Einsparpotenziale, auf die man bei einer klassischen Planungskette womöglich nie gestoßen wäre. Darüber hinaus hat der Bauherr während Planung und Bau nur einen Ansprechpartner und im späteren Gebäudemanagement einen Partner, der das Objekt kennt wie seine Westentasche.
Die Kurpfälzer rüsten Gebäude mit modularer Technik aus, die Umnutzung ohne Umbauten ermöglicht. Damit passt sich das Firmendomizil dem Karavanenverhalten wachsender oder schrumpfender Abteilungen an. In Frankfurt stellt ABB das Automatisierungskonzept Industrial IT for Per-formance Buildings (IIPB) in den Mittelpunkt. Das Unternehmen versteht unter diesem Begriff die nahtlose Integration von Gebäudeautomation, Datennetzen und Sicherheitstechnik. Die Gebäudetechniker verwenden beispielsweise den Europäischen Installationsbus (EIB) für die Lichtsteuerung oder das LON-Protokoll für die Steuerung der Primäranlagen Heizung, Lüftung und Klima. Die offene Architektur des Systems bindet auch Produkte anderer Hersteller ein. Laut Thomas Bruder, dem Vorstandsvorsitzenden der ABB, ist das System beliebig skalierbar und für alle Gebäudegrößen sinnvoll: „Jeder, der ein Bürogebäude unterhält, Besucher empfängt, Arbeitsplätze einrichtet, Sitzungen abhält oder seine Fläche optimal nutzen möchte, kann davon profitieren.“ Dies gelte vom kleinen Unternehmen mit 30 bis 50 Mitarbeitern bis hin zu großen Konzernzentralen. Zur Zeit entwickeln die Mannheimer eine Reihe von Produkten, die IIPB in der Feldebene ermöglichen. In Frankfurt wird der Bacnet-fähige Web-Controller Inscontrol 3000 vorgestellt. Bacnet ist ein Standard, der die Kommunikation unterschiedlicher Leitsysteme ermöglicht. Und diesem Standard bietet der neue Controller einen Weg ins Internet und stellt die Verbindung zu anderen offenen Protokollen wie EIB oder LON her. In Live-Demonstrationen werden die ABB-Techniker von Frankfurt aus auf die technischen Systeme des Referenzgebäudes City-Port in Zürich zugreifen und die Einzelraumregler und Primäranlagen überwachen und verändern.
Automatisierte Gebäude sollen den Nutzern helfen, ihre Unternehmensziele schneller zu erreichen; diese Ansicht vertritt auch die Honeywell AG Haus- und Gebäudeautomation aus Offenbach (Halle 9.2, Stand D50). „Steigende Energie- und Wasserpreise treiben die Betriebskosten in die Höhe“, erklärt Dipl.-Ing. Christian Müller, Marketingmanager bei Honeywell. „Auch die Ausfallkosten nehmen zu, da das Alltagsgeschäft immer stärker von technischen Anlagen wie EDV, Laboren oder Sicherheitslösungen abhängt. Nicht zuletzt steigen die Instandhaltungskosten, weil immer höher qualifiziertes Personal immer besser bezahlt werden muss.“ Honeywell setzt diesen Entwicklungen ein Automatisierungskonzept entgegen, das die wichtigen Gewerke integriert. Dazu gehören unter anderem:
– die Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik,
– die Energieversorgung,
– die Sicherheitstechnik,
– Automatisierungssysteme oder
– Beleuchtungs- und Beschattungsanlagen.
Als Basis der technischen Betriebsführung erfasst und reduziert das System Betriebskosten und vereinfacht Verbrauchskontrolle, Kostenzuordnung sowie Instandhaltungsplanung. Über Standardschnittstellen werden Informations- und Steuerungssysteme (ERP, Rechnungs- und Personalwesen) mit Daten versorgt, um die Betriebsführung zu erleichtern.
Die klassische Ausschreibung nach Gewerken führt meist zu inkompatiblen Einzelsystemen unterschiedlicher Hersteller mit unterschiedlicher Bedienphilosophie. Ein integriertes Gebäudemanagement ist so kaum möglich. Müller sieht jedoch einen Trend zur Integration: „Auf der Feldebene setzt sich heute das Bewusstsein durch, dass sich eine integrierte Planung mit einem vernetzten Raumautomationskonzept spätestens bei der ersten Nutzungsänderung durch niedrigere Anpassungskosten rechnet.“ Die Kosten für die Anpassung der technischen Anlagen wie Beleuchtung, Beschattung, Medienversorgung und Zutrittskontrolle können nur mit einer zukunftssicheren, integrierten Gebäudetechnik niedrig gehalten werden. Der Schlüssel für Integration und Zukunftsfähigkeit sind offene Datenaustauschprotokolle wie LON-Talk oder EIB/KNX. Der Honeywell-Manager nennt ein Beispiel aus dem großen Automatisierungsbaukasten des Unternehmens: Bei der intelligenten Entrauchung im Brandfall schließt der Alarm des Kanalrauchmelders die Brandschutzklappe im Zuluftkanal. Ein LON-Talk-Telegramm stoppt die Zuluft im betroffenen Bereich, öffnet die Entrauchungsklappen und startet die Entrauchungsventilatoren – alles automatisch in Abhängigkeit des Brandszenarios.
Honeywell integriert auch die Sicherheitstechnik in das Automatisierungskonzept. Das System kann auf dem TCP/IP-Protokoll aufsetzen. Vorteil: Problemlose Bedienung vom PC aus mit handelsüblichen Internet-Browsern. Die Zutrittskontrolle wird mit einem Personalwirtschaftsmodul des Systems SAP R/3 gekoppelt. Eine doppelte Erfassung und Verwaltung von Personaldaten ist damit nicht erforderlich. Die berührungslos lesbaren Zutrittskarten nutzt der Mitarbeiter nebenbei für andere Anwendungen wie Kantinen-, Parkraum- und Kopierernutzung.
Messeangebote der Light + Building
Die Klimatechnik präsentiert sich in Frankfurt/M. unter dem Dach der neuen Parallelmesse Aircontec in den Hallen 9.0 und 9.1. Technisches Licht, Komponenten und Zubehör sind in den Hallen 1, 3, 4 und im Forum zu sehen. Die Hallen 8, 9.2 und 9.3 beherbergen die Elektrotechnik und Gebäudeautomation. Wohnraumleuchten findet der Besucher in den Hallen 5 und 6.
Parallel zur Light + Building findet vom 15. bis 17. April der Kongress Building Performance statt. In neun Foren vermitteln Experten Fachwissen in Vorträgen und Workshops.
Die Klimabedürfnisse der Nutzer stehen im Mittelpunkt der Ausstellung Constructing Atmospheres im Rahmen des Messeevents Outlook. Zum Thema Klima und Mensch präsentieren renommierte Ingenieur- und Architekturbüros in Halle 9.1 Ansätze, Gebäude in natürliche Klimaprozesse zu integrieren. Die Sonderschau „Architektur und Klimatechnik“ zeigt architektonisch ansprechende Systeme der Klima- und Lüftungstechnik.
Das Center of Open Standards (COS) präsentiert in Halle 9.3, Stand A86, offene Kommunikationsstandards, die sich mit Erfolg auf dem europäischen Markt etablieren konnten. Vorgestellt werden KNX (EIB), LON-Works und Bacnet.
Das Tageslichtforum präsentiert aktuelle Entwicklungen und realisierte Objekte rund um Tageslichttechnik und effiziente Beleuchtung. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den positiven Folgen für die Gesundheit der Nutzer und den Energieverbrauch.
Erstmals findet parallel zur Light + Building in Frankfurt die Luminale statt. Die Veranstalter sehen diese Schau als eine Biennale des Lichts. An spektakulären Orten, in Museen und Galerien, in Geschäften und prominenten Gebäuden laden Installationen und Events zum Nachdenken und Staunen rund um das Thema Licht und Architektur ein.
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