Startseite » Allgemein »

Blick auf Service pusht die Rendite

Dienstleistungen: Auch das Neugeschäft profitiert
Blick auf Service pusht die Rendite

Mit dem Servicegeschäft steigern Hersteller ihre Rendite. Produktbegleitende Dienstleistungen heben den Anbieter von der Masse ab. Betreibt er zudem das Gebrauchtmaschinengeschäft in Eigenregie, ist er ganz nah am Kunden.

Nach langen Verhandlungen ist das Geschäft unter Dach und Fach: Die Müller-Weingarten AG übernahm dieser Tage die Zeichnungsrechte von der US-amerikanischen Servicegesellschaft BCN Inc. in Hastings/Michigan. Das Unternehmen mit 18 Mio. US-$ Jahresumsatz kümmert sich um die betagten Pressen der US-Marken Bliss, Clearing und Niagara, wovon schätzungsweise noch 75 000 bis 100 000 im Markt sind. Vorstandsvorsitzender Rolf Zimmermann nennt einen Grund für die Übernahme: „Kunden modernisieren derzeit lieber ältere Pressen, als diese zu ersetzen.“

Zimmermann sieht in dem Deal „eine exzellente Basis, um das Geschäftsvolumen im Service auszubauen“. Das Dienstleistungsgeschäft wird für den Pressenkonzern wichtiger: 2005 registrierte Müller-Weingarten erstmals einen Auftragseingang von knapp 100 Mio. Euro in der Servicesparte. Zimmermann verfolgt ein weiteres Ziel: „Mit dem Closing erhält Müller-Weingarten darüber hinaus Zugang zu neuen Kunden und stärkt so die Marktposition, wenn das Interesse an Ersatzinvestitionen wieder anzieht.“
Mit dem Servicegeschäft die Rendite steigern! So lautet die Devise, die Fachleute ausgegeben haben. Denn die Umsatzrendite von Maschinenherstellern ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten konstant auf niedrigem Niveau. „Auch in guten Jahren steigt die Ertragskraft nicht wesentlich“, beobachtet Peter Baumgartner, Maschinenbauexperte bei Mercer Management Consulting in München. Die Umsatzrendite liegt über einen Zehnjahreszeitraum durchschnittlich bei gerade mal 3,4 %, wie die Unternehmensberatung in ihrer Studie „Maschinenbau 2010“ feststellt. Die Gründe sind bekannt: Globalisierung, Konjunkturtäler und der Preisverfall.
Experte Baumgartner rät Maschinenherstellern dazu, das Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen: Der Mehrwert, den das Unternehmen durch Dienstleistungen – von der Finanzierung über die Gebrauchtmaschine bis zum Betreibermodell – bieten kann, solle mehr im Mittelpunkt stehen. Denn die Anwender der Maschinen sind in der Regel bereit, einen guten Preis zu bezahlen, wenn die produktbegleitende Leistung die eigene Wirtschaftlichkeit erhöht.
Im Servicegeschäft sind zweistellige Renditen zu erwirtschaften. Ergebnis einer Mercer-Umfage unter 200 Maschinenbauern: Bei Ersatzteilen bis 18 % Umsatzrendite, bei Reparatur und Umbau 11 %, beim Gebrauchtmaschinen-Geschäft beachtliche 8 bis 9 %. Ein gewünschter Nebeneffekt für die Hersteller, die diese Dienstleistungen selbst übernehmen, ist die Nähe zum Kunden. Denn sie eröffnet die Chance, das Geschäft mit neuen Maschinen anzukurbeln.
So gibt es immer mehr Hersteller, die die Überholung und den Handel mit Gebrauchtmaschinen nicht mehr dem freien Handel überlassen wollen, sondern in Eigenregie betreiben, beobachten Experten. Vorreiter ist hier die Gildemeister AG (DMG) in Bielefeld. Sie betreibt das Gebrauchtmaschinengeschäft unter strategischen Gesichtspunkten, wie Ralph Christnacht erläutert, der als Geschäftsführer die DMG Vertriebs- und Service GmbH als Profit Center führt.
„Das Gebrauchtmaschinengeschäft ist ein tragendes Argument für den Neuabsatz, viele Kunden wollen ihre Maschine in Zahlung geben, wenn sie sich für eine neue entscheiden“, erläutert Christnacht. Werksüberholt, mit 120-Punkte-Check-Protokoll und Garantie bietet der Werkzeugmaschinenspezialist DMG die „Gebrauchte“ über seine Servicegesellschaft an. Mit den Maschinen aus zweiter Hand erschließt er neue Abnehmerkreise. „Viele Anwender, die über Maschinen aus dem Low-Cost-Bereich verfügten, steigen über eine unserer Gebrauchtmaschinen in die Fünf-Achs-Technologie ein“, sagt der Manager. Bei DMG macht das Gebrauchtgeschäft einen Umsatz von etwa 60 Mio. Euro jährlich aus, den 75 Mitarbeiter erwirtschaften. Durchschnittlich 600 werksüberholte Maschinen finden pro Jahr neue Besitzer.
Die Maschinen von der DMG-Servicegesellschaft sind keine Schnäppchen. „Wir liegen preislich 10 bis 20 Prozent über den freien Händlern“, sagt Manager Christnacht selbstbewusst, „dafür erhält der Kunde das gleiche Angebot wie der Neumaschinenkunde, also Service rund um die Maschine, von der Schulung bis zur Finanzierung.“ Christnacht sieht sich nicht als direkte Konkurrenz zu den etablierten Händlern. Diese sprechen laut seiner Aussage in der Regel andere, stärker am Preis orientierte Zielgruppen an.
Auf der Gebrauchtmaschinen-Messe Resale in Karlsruhe war dieses Jahr schon mehr als jeder fünfte der knapp 550 Aussteller selbst Hersteller, wie der Veranstalter Florian Hess bestätigt. Als Kenner des Marktes registriert er seit Jahren „eine leicht steigende Zahl“ von herstellergebundenen Händlern, die das Second-Hand-Geschäft unter eigenem Namen offensiv angehen.
Auf der Ausstellung, die als weltweit führende Veranstaltung ihrer Art gilt, stellt beispielsweise schon seit einigen Jahren ein Netzwerk von Trendsettern auf einem Gemeinschaftsstand aus: der Messmaschinenhersteller Zeiss, die Werkzeugmaschinen-Spezialisten SHW und Chiron sowie Siemens, zuständig für die Steuerungen. Das Quartett registriert regen Zulauf. Man reicht sich die Interessenten innerhalb des gemeinsamen Auftritts an die Partner weiter.
„Wir bedienen mit den Gebrauchtmaschinen ein Segment, das wir sonst nicht erreichen könnten,“ sagt Günter Keck vom Produktbereich Industrielle Messtechnik beim Hersteller Zeiss aus Oberkochen. Auch dort betreibt man den Service, die Aufrüstung und das Gebrauchtmaschinengeschäft strategisch – denn eine Messmaschine des Herstellers aus Ostwürttemberg kann durchaus 30 Jahre lang ihren Dienst verrichten. Durch neue Software und Elektronik bringen die Messspezialisten Maschinen mit zwei Jahrzehnten auf dem Buckel fast auf den heutigen Stand. Der Zeitwert kann dann ein bis zwei Drittel unter dem eines Neuprodukts liegen. Das macht die Technologie für eine Abnehmergruppe erschwinglich, die sie sonst nicht wirtschaftlich einsetzen könnte.
„Es gibt dabei auch Verbindungen zum Verkauf von Neuprodukten,“ erläutert Keck, „denn wer Systeme aus einer Hand und mit der gleichen Software wünscht, entscheidet sich häufig für eine neue Maschine aus dem gleichen Haus, das ihm auch seine bereits vorhandenen Systeme modernisiert und vereinheitlicht.“ Die Sparte ist im Konzern ein Profit Center. Was die Margen angeht, hält man sich bei Zeiss bedeckt, wenngleich Keck einräumt, dass sie „prozentual auch besser“ sein können als im Neumaschinengeschäft, mit dem Zeiss nach wie vor den größten Umsatz macht.
Beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Frankfurt/M. registriert man schon seit Anfang der 90er-Jahre bei den Mitgliedern einen steigenden Umsatzanteil, der durch produktbegleitende Dienstleistungen und Gebrauchtmaschinen erwirtschaftet wird. Lag der vor gut zehn Jahren in einigen Fachzweigen des Maschinenbaus noch bei gut 15 %, ist er mittlerweile auf geschätzte 20 % gestiegen.
Friedrich Wagner von der VDMA-Außenwirtschaftsabteilung hält diese Entwicklung „prinzipiell für gut für unsere Mitglieder“. Die hohe Dienstleistungsqualität hält Wagner für eine besondere Stärke der deutschen Hersteller im internationalen Wettbewerb. „Die Zuverlässigkeit des Service ist das Wichtigste“, betont er, „denn erst wenn eine Maschine steht, dann kostet das den Anwender richtig viel Geld.“
Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de
Gebrauchte erschließen neue Kundenkreise
Wenn die Maschine steht, wird’s teuer
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de