Wochenlang beeinträchtigte der isländische Vulkan Eyjafjallajökull den europäischen Flugverkehr – und damit auch die deutschen Unternehmen. Wiederholungen sind nicht ausgeschlossen. Rechtsanwalt Stefan Haas beschäftigt sich mit den arbeitsrechtlichen Fragen.
Der Vulkanausbruch in Island hat den europäischen Flugverkehr zum Erliegen gebracht. Damit stellen sich arbeitsrechtlich zwei Fragen: Erhält der Arbeitnehmer, der aufgrund des Flugverbots nicht aus dem Urlaub zurückreisen und deshalb seine Arbeit nicht wieder aufnehmen kann, gleichwohl Lohn? Behalten die Arbeitnehmer der durch das Flugverbot betroffenen Unternehmen (Flughafengesellschaften, Airlines) ihren Lohnanspruch, obwohl sie in folge höherer Gewalt nicht arbeiten können?
Die erste Frage betrifft das sogenannte „Wegerisiko“. Es ist Sache des Arbeitnehmers, dafür zu sorgen, dass er rechtzeitig zur Arbeit erscheint. Kann er das infolge höherer Gewalt nicht, verliert er seinen Lohnanspruch. Er hat auch keinen Anspruch darauf, die Arbeit nachzuholen oder die ausgefallene Zeit als Urlaub zu buchen. Selbstverständlich kann er sich aber entsprechend mit seinem Arbeitgeber freiwillig einigen.
Die zweite Frage betrifft das „Betriebsrisiko“. Dieses erfasst Fälle, in denen die Arbeit aus Gründen ausfällt, die weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber zu vertreten haben. Denkbar sind Unterbrechungen der Strom- oder Gasversorgung, ein Mangel an Rohstoffen, der Brand einer Fabrik, der Bruch einer Maschine, Überschwemmung oder etwa übermäßiger Frost. Sicher fällt hierunter auch der aktuelle Fall des Vulkanausbruchs.
Dieses Betriebsrisiko trägt nach deutschem Recht der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer verliert seinen Lohnanspruch also in solchen Fällen nicht. Er hat Anspruch auf Fortzahlung seines Lohns und ist nicht verpflichtet, die ausgefallene Arbeit nachzuholen.
In Arbeits- und Tarifverträgen können hiervon Ausnahmen geregelt werden. Nach der Rechtsprechung müssen diese aber Voraussetzungen und Rechtsfolgen klar umschreiben. Die bislang von der Rechtsprechung überprüften Regelungen erfüllten diese Anforderungen nicht.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Lohnzahlungspflicht scheint für die Rechtsprechung dann möglich zu sein, wenn die Belastung des Unternehmens mit den Lohnzahlungskosten trotz nicht geleisteter Arbeit zu einer Existenzgefährdung führt. Auch ein solcher Fall wurde allerdings zugunsten eines Unternehmens noch nicht entschieden. Dabei wird auch darauf abgestellt, dass es für die Unternehmen möglich ist, solche Fälle durch Abschluss von Betriebsunterbrechungsversicherungen abzudecken.
Ist der Arbeitgeber weiterhin zur Zahlung verpflichtet, kann er das Arbeitsverhältnis auch nicht außerordentlich fristlos kündigen. Das würde ja gerade zu einer Verlagerung des ihm auferlegten Betriebsrisikos auf den Arbeitnehmer führen.
Unter Umständen kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht kündigen. Im Übrigen bietet sich gegebenenfalls die Einführung von Kurzarbeit an.
Stefan Haas ist Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechts Anwälte e.V. sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht in Düsseldorf
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