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Clevere Baukästen erfüllen Kundenwünsche schneller

Lean Innovation – Früh strukturieren durch konsequentes Variantenmanagement, Serie Teil 2
Clevere Baukästen erfüllen Kundenwünsche schneller

Individuelle Lösungen zu marktfähigen Preisen anzubieten, wird in Zeiten einer zunehmenden Mikrosegmentierung der Märkte zur großen Herausforderung. Jene Unternehmen werden zu den Besten gehören, die die Bedeutung eines konsequenten Variantenmanagements verstanden haben.

Intelligent strukturierte Produktbaukästen ermöglichen es den Unternehmen, differenzierte Kundenwünsche zu erfüllen und gleichzeitig die so wichtigen Skaleneffekte aufrechtzuerhalten. In zahlreichen Unternehmen werden mögliche Kommunalitäten jedoch immer noch auf dem Altar vermeintlicher Produktinnovationen und -differenzierungen geopfert. Dabei gehören jene zu den Besten, die die Bedeutung eines konsequenten Variantenmanagements verstanden haben und Ähnlichkeiten von der Teileebene über Komponenten, Architekturen bis zu Technologien und Lösungsprinzipien schaffen.

Die Lean Innovation-Systematik des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen strebt hierzu eine frühe Strukturierung an, in der die Leitplanken für eine wertorientierte Produktgestaltung definiert werden. Es gilt, die Verursachung von Verschwendung im Projekt, aber vor allem auch in nachgelagerten Wertschöpfungsstufen bereits in frühen Phasen auszuschließen (siehe Bild Lean Innovation-Prinzipien).
Die systematische Produktarchitekturgestaltung ist Voraussetzung, um hohe Skaleneffekte entlang der Wertschöpfungskette trotz individualisierter Produkte zu erschließen. Eine zeitgemäße Produktarchitektur erschließt durch eine intelligente Strukturierung der Produktfunktionen, der Technologien und der Bauteile Kommunalitäten im gesamten Produktspektrum auf unterschiedlichen Ebenen – etwa durch Gleichteile, Auslegungsstandards oder fixierte Prozessfolgen. Verschwendung durch mangelhafte Ausnutzung von Skaleneffekten lässt sich bei konsequenter Umsetzung so vermeiden. Hierzu strukturieren mehr und mehr Unternehmen ihre Produkte in Form von Baukastensystemen. Ein prominentes Beispiel stellt der VW-Konzern mit seinen modularen Längs- und Querbaukästen dar.
Im Rahmen der Studie „Effizienter innovieren mit Produktbaukästen“, die das Werkzeugmaschinenlabor im Vorjahr veröffentlicht hat, haben insgesamt 95 Fach- und Führungskräfte Fragen zu Potenzialen und Herausforderungen bei der Baukastengestaltung beantwortet. Ein Großteil der teilnehmenden Unternehmen stammt aus dem Maschinenbau und der Automobilbranche.
Mehr als die Hälfte der Befragten geben an, dass die Entwicklung des Baukastens nicht anhand eines eigens definierten Prozesses, der sich vom konventionellen Produktentwicklungsprozess abgrenzt, erfolgt (siehe Bild Baukastenentwicklung). Im bislang eher intuitiven Entwickeln von Produktbaukästen besteht heute ein wesentliches Defizit der Unternehmen. Da die Entwicklung von Baukastensystemen sich aufgrund der Produktstrukturierungslogik und organisatorischer Rahmenbedingungen von der klassischen Produktentwicklung erheblich unterscheidet, lassen sich die Potenziale zur Erschließung von Skaleneffekten ohne eine prozessuale Verankerung nicht umfassend erschließen.
Aufgrund solch fehlender Prozessstrukturen bei der Baukastengestaltung werden Module mehrheitlich für die entsprechenden Baureihen entwickelt und erst nachträglich in den Baukasten übernommen. Die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch, dass für die nachhaltige Schaffung von Kommunalitäten Module direkt für den gesamten Baukasten entwickelt werden sollten (siehe Bild Entwicklungsrichtungen von Modulen).
Von den teilnehmenden Unternehmen, die als Outperformer identifiziert worden sind, setzen knapp zwei Drittel auf den baukastenbasierten Ansatz. Nur 36 % dieser Gruppe entwickeln ihre Module produktorientiert. Demgegenüber entwickeln 86 % der Underperformer ihre Module für konkrete Einzelprodukte und nur 19 % geben an, ihre Module für den gesamten Baukasten zu entwickeln. Absolut gesehen verfolgen die meisten der an der Studie teilnehmenden Unternehmen die produktorientierte Vorgehensweise. Zwei Drittel bevorzugt diese Vorgehensweise bei der Entwicklung der Module. Somit besteht in diesem Punkt erhebliches Potenzial, um die Kommunalität zu steigern.
Für die nachhaltige Gestaltung von Produktbaukästen konnten des Weiteren folgende Erfolgsfaktoren festgestellt werden:
  • Commitment des Top-Managements zur nachhaltigen Schaffung von Kommunalitäten im gesamten Unternehmen
  • Integration von Zulieferern bereits in einer frühen Phase in den Gestaltungsprozess des Baukastens
  • Systematische Bewertung von Standards hinsichtlich Machbarkeit, Aufwand und Nutzen vor der Ausgestaltung
  • Standardisierung von Produktfunktionen in Hinblick auf Bauteilstandards als auch auf Funktions-, Technologie- oder Geometrie- beziehungsweise Bauraumstandards
  • Klassifizierung von Produktmerkmalen hinsichtlich ihres Differenzierungsbeitrags und der durch sie verursachten Komplexitätskosten
  • Integrierte Planung der Produkte auf Basis von Baukasten-Lastenheften
  • Weitsichtige Planung der Modulnutzung in spezifischen Produkten mit Hilfe von Modul-Roadmaps
Neben der Definition der Produktarchitektur ist die Sortimentsoptimierung als ein weiterer wesentlicher Bestandteil des frühen Strukturierens zu sehen. Die zunehmende Produktvielfalt führt zu Verschwendung durch einen Mangel an Transparenz über Kosten und Nutzen produktseitiger Komplexität. Mit einer Klassifizierung der Produktmerkmale nach Kundennutzen und verursachungsgerechten Komplexitätskosten wird die marktseitige Produktvarianz bewertet und Verschwendung bei der Sortimentsplanung und -bereinigung reduziert.
Um anschließend einen überlegenen Produkterfolg bei geringer Time-to-Market zu realisieren, ist die Steuerung des Lösungsraumes entscheidend, die dazu beiträgt, späte Iterationen zu vermeiden. Eine wirksame Lösungsraum-Steuerung definiert klare Freiheitsgrade für die Innovations- und Entwicklungsaufgaben. Den so definierten Lösungsraum gilt es vollständig zu erkennen und zu bewerten. Gruppen alternativer Lösungsmöglichkeiten, sogenannten Design-Sets, werden teils redundant weiterverfolgt, bis eine sichere Entscheidungsgrundlage gegeben ist.
Prof. Dr. Günther Schuh Lehrstuhl für Produktionssystematik, WZL der RWTH Aachen Dipl.-Ing. Jens Arnoscht Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Stefan Rudolf M. Eng WZL der RWTH Aachen
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