Startseite » Allgemein »

CNC dirigiert zehn Achsen mit hoher Präzision

Zwei Anbieter kombinieren ihr Know-how in der Schweißanlage
CNC dirigiert zehn Achsen mit hoher Präzision

Wenn es um das Schweißen von Tailored Blanks geht, ist Soudronic eine erste Adresse. Für eine Anlage zum Laserschweißen nichtlinearer Nähte hat das Unternehmen die Kompetenz des CNC-Anbieters Num in Antriebs- und Steuerungstechnik an Bord geholt.

Wolfgang Klingauf ist Fachjournalist in Augsburg

Tailored Blanks – unter diesem Fachbegriff versteht man stumpf verschweißte Bleche unterschiedlicher Dicke, die beim Auto Gewicht sparen, ohne Stabilitätseinbußen hinnehmen zu müssen. Weltweit kommen im Durchschnitt drei Tailored Blanks pro Fahrzeug zum Einsatz. Doch es gibt schon Hersteller, die deutlich über zehn pro Fahrzeug einsetzen. Ein Nischenmarkt, aber der Bedarf an Tailored Blanks und damit an speziellen Schweißanlagen steigt.
Wie in der Automobilindustrie üblich, steht die Produktion solcher Tailored Blanks unter wirtschaftlichem Druck. Dieser trifft vor allem die Zulieferer aus dem Stahlsektor, die das Blech heute nicht mehr aufgerollt als ganzes Coil liefern dürfen. Sie müssen vorkonfektionierte Bleche bereitstellen, die ohne weiteres Bearbeiten in die Presse geschoben werden.
Da inzwischen die Konstrukteure immer häufiger Tailored Blanks mit nichtlinearen Nähten vorsehen, hat das Schweizer Unternehmen Soudronic AG Automotive neue Anlagen entwickelt. Mit einem Marktanteil in Europa von über 60 % ist das in Neftenbach ansässige Unternehmen weltweit einer der führenden Schweißanlagenlieferanten für solche Tailored Blanks. Um seinen Kunden mehrmaliges Umspannen zu ersparen, damit sie wirtschaftlicher fertigen können, hat Soudronic die Anlage Soutrac entwickelt, die nichtlineare Nähte in einem Arbeitsgang schweißt.
Schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt stand fest, dass diese Anlage mit ihren Elementen zum Positionieren, Schweißen und Sichern der Qualität viele Achsen benötigt, deren Ansteuern kompliziert werden würde. Für Elektroingenieur Daniel Stäubli, verantwortlich für das Engineering der Steuerungs-Software, war klar, „dass wir das nicht selber programmieren können, sondern einen Partner suchen müssen, der uns diese Arbeit abnimmt“ – obwohl das Steuerungs-Engineering durchaus eine Stärke von Soudronic ist. Aber bei der 10 m langen Anlage, die im Eilgang sehr schnell und in der Bearbeitung ausgesprochen präzise sein sollte, wollte Stäubli lieber einen Antriebsspezialisten als Partner haben. Daniel Stäubli und seine Mitarbeiter entschieden sich für die Num Güttinger GmbH aus Ostfildern: „Die dortigen Spezialisten kannten sich in der Antriebstechnik von der Elektronik bis zur Mechanik aus: Und wer hier nicht beide Disziplinen versteht, der gefährdet das Projekt.“
Erfahrungen sammelten die Soudronic-Experten schon vorher bei über 50 verkauften Laserschweißanlagen für lineare Tailored-Blanks-Nähte. Die neue Anlage sollte nun einen möglichst hohen Output liefern, prozesssicher sein, so dass sie mannarm bedient werden kann. Außerdem sollte sie beim Fügen der Bleche einen gewissen Spalt überbrücken können. Je größer, desto besser: Denn das ermöglicht dem Anwender laut Stäubli, bei der Qualität des Zuschnittes zu sparen. Selbstverständlich müssten die geschweißten Teile eine perfekte, dokumentierte Qualität besitzen und in der Weiterbearbeitung unter der Presse bestehen.
Bei der Anlage für lineare Nähte wird der Spalt durch den Druck einer Rolle, die etwa 2 t wiegt, auf das dickere Blech geschlossen. Das Material beginnt zu fließen und kann so bis zu 0,3 mm überbrücken. Für nichtlineare Nähte musste eine andere Lösung gefunden werden, da das Prinzip mit der Andrückrolle hier nicht funktioniert. Daniel Stäubli erzählt: „Wir haben uns entschieden, als Spaltschließsystem einen Fülldraht zuzuführen.“ Das heißt, vor dem Schweißen erfolgt mit einer Kamera eine Positionsbestimmung und eine Volumenmessung. Es wird errechnet, wieviel Draht benötigt wird, um den Spalt zu schließen. Über die CNC wird dann die Fördergeschwindigkeit des Drahtes gesteuert, so dass er exakt den erforderlichen Bedarf deckt. „Mit diesem Verfahren, das beim Schweißen von Tailored Blanks weltweit einmalig ist“, sagt Stäubli, „können wir nun auch hier einen Spalt von bis zu drei Zehntel Breite schließen.“
Dieses Kontrollsystem Souvis 1, das zunächst die genaue Lage der Naht feststellt und die benötigte Füllmenge ermittelt, ist ein Bestandteil des von Soudronic entwickelten Qualitätssystems Souvis 5000. Zu Souvis 2 gehört die nachgeschaltete Kamera, die zum einen das Profil über Triangulation misst. Zum andern überprüft sie die Homogenität der Naht. Dazu nimmt das System eine permanente Graustufenauswertung vor, die lokale Schweißfehler erfasst. So wird jeder Fehler größer als 0,2 mm entdeckt.
Neben Souvis 1 und 2 befindet sich auch der Laser mit der integrierten Drahtzuführung im Schweißkopf, der von seinen Entwicklern liebevoll „Tatzelwurm“ genannt wird. Die Beweglichkeit des Kopfes und seiner Elemente – sprich der steuerbaren Achsen – haben ihm diesen Namen verschafft. Er ist das Kernelement der Anlage, und wenn man ihn in Augenschein nimmt, wird klar, wie anspruchsvoll Antriebstechnik und Steuerung sein müssen.
Zehn Achsen stecken allein im Schweißkopf und seinen drei Funktionselementen. Will man eine Kontur fahren, sind mindestens zwei Schwenk- und drei Rotationsachsen erforderlich. Schließlich soll jedes Element immer senkrecht zur Naht stehen können. Drei weitere Achsen sorgen dafür, dass jedes Element in der Höhe verstellbar und somit fokussierbar ist. Eine weitere Achse ist notwendig, um den Laser auf die gemessene Position zu bringen. Mit der Drahtzuführung sind es zehn Achsen. Abgesehen von den Fokussierachsen müssen alle gleichzeitig gesteuert werden. Dazu kommen noch X- und Y-Achse des 4 t schweren Maschinentisches.
Als sich Soudronic für die Partnerschaft mit Num Güttinger entschieden hatte, checkten die Verantwortlichen das System auf grobe Fehler und verteilten die Aufgaben im Projekt. Num übernahm die Programmierung der CNC-Achsen und der SPS plus Reglerauslegung und Systemausmessung. Dazu kam die Auslegung der Antriebe, die hohe Ansprüche an die Präzision erfüllen müssen. Zum Einsatz kommt das volldigitale CNC-System Num Power 1050, das bis auf 16 Achsen ausbaubar ist. Einer seiner Vorteile ist, dass die digitalen Antriebe eine sehr hohe Auflösung haben. Gegenüber einem analogen System erhält man eine genauere Interpolation für das Kurvenfahren.
Ein wichtiger Punkt für das Entwickeln auf Steuerungs- und Antriebsseite war die Praxiserfahrung der Num-Mitarbeiter. Daniel Stäubli rechnet diese hoch an: „Wir wurden nicht nur von der elektrischen Seite her, sondern auch mechanisch beraten, so dass wir die geforderte Präzision schon beim ersten Prototypen erreichten, und das trotz des ziemlich großen Geschwindigkeitsbereiches.“ Im Eilgang können 120 m/min gefahren werden, beim Bearbeiten sind es rund 12 m/min. Der Kontur muss dabei aufs Hundertstel genau gefolgt werden. Dass dies in der Praxis funktioniert, zeigte sich beim Schweißen von Musterplatinen für den neuen Megane von Renault. Stäubli erklärt: „Wir haben unserem Kunden bei der Produktion ausgeholfen und über 10 000 Bleche geschweißt – allerdings auf der etablierten Soulas-Maschine.“ Da diese Applikation zwei Schweißnähte hatte, die nicht auf einer Linie lagen, sondern in V-Form, war das eigentlich eine Soutrac-Applikation. Renault genehmigte einen Probelauf mit 400 Blechen. In der Qualität konnte kein Unterschied zur Soulas-Naht festgestellt werden, denn die gemessenen Festigkeiten waren gleich. Auch der Tiefziehprozess als größter Stress für die Schweißnaht funktionierte, so dass Renault die Freigabe für die Anlage erteilte.
Knackpunkt ist das präzise Nachführen der Schweißnaht

Zu Soudronic
Die 1953 gegründete Soudronic Group gliedert sich in zwei Unternehmensbereiche: die Herstellung von Produktionsanlagen für Metallverpackungen (Dosen, Fässer) in Bergdietikon/Schweiz und die Herstellung von Schweißanlagen für die Automobilindustrie in Neftenbach. Das Hauptgeschäft der Soudronic AG Automotive ruht wiederum auf drei Säulen: Anlagen zum Tankschweißen, zum Rohrschweißen (Tailored Tubes) und schließlich den Anlagen zum Schweißen von Tailored Blanks.

Das kann das CNC-System
Wo hohe Leistung gefragt ist, kommt das CNC-System Num Power 1050 der Ostfilderner Num Güttinger GmbH zum Einsatz, eine digitale Einheit aus CNC und Antrieben mit einer Drehzahlregler-Bandbreite von 300 Hz, hoher Abtastrate und hochauflösendem Mess-System. Es kann bis zu 16 digitale Achsen und Messkreise verwalten, von denen fünf analog sein können. Die Antriebsverstärker MDLU und MBLD steuern außer den Achs- und Spindelmotoren der Num-Drive-Reihe auch Linearmotoren und Hochfrequenzspindeln. Viele Funktionen wie
  • anpassbare Bearbeitungszyklen,
  • dynamische Operatoren,
  • Erstellen eigener HMI-Seiten,
  • Programmieren der SPS in Ladder oder C
tragen zum individuellen Einsatz des Systems bei.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de