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Firmen müssen ins Risiko gehen

Bernd Groß im Interview
CTO der Software AG: „Viele Firmen gehen nicht radikal in Risiko“

CTO der Software AG: „Viele Firmen gehen nicht radikal in Risiko“
Um erfolgreich zu sein, müsse man neue digitale Aktivitäten aus seinem Kerngeschäft herausnehmen und separat hochziehen, meint Bernd Groß CTO der Software AG. Bild: Software AG
Als Technik-Chef der Software AG hat Bernd Groß viel Erfahrung mit der Digitalisierung in Unternehmen. Im Interview erklärt er, wieso sich gerade mittelständische Maschinenbauer damit noch schwer tun und warum es vor allem auf Offenheit und Mut ankommt.

» Markus Strehlitz

Herr Groß, Sie haben in einem LinkedIn-Post geschrieben, traditionelle Industrieunternehmen seien zwar hochinnovativ. Aber häufig fehle ihnen beim Thema Digitalisierung der Mut, ins Risiko zu gehen. Was meinen Sie damit?

Wir stellen fest, dass sich gerade mittelständische Maschinenbauer bei der digitalen Transformation schwer tun. Einer der Gründe dafür ist, dass sie in der Regel eine sehr hohe vertikale Integrationstiefe haben. Sie sind erfolgreich damit, vieles selbst zu machen. Zum Beispiel gibt es Firmen, die die Fahrzeuge selbst herstellen, mit denen die Maschinen in der Fabrik transportiert werden. Die Digitalisierung erfordert aber Kooperation – also mit verschiedenen Partnern zusammenzuarbeiten, um zum Beispiel neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Also die Zusammenarbeit zum Beispiel mit IT-Anbietern?

Genau. Wir glauben nicht mehr an die klassische Kunden-Lieferanten-Beziehung. Stattdessen geht es darum, sich die Dinge partnerschaftlich zu erarbeiten. Wir haben daher eine Buy-and-Build-Strategie definiert. Unsere Kunden sagen uns: „Wir möchten digitale Dienste über eure Technologien so schnell wie möglich zu unsere eigenen Kunden bringen.“ Aber solche Projekte müssen klein anfangen und skalierbar sein, mit geringen Anfangsinvestitionen. Daher bieten wir als Software AG ein verbrauchsabhängiges Preismodell. Man kann theoretisch mit ein paar hundert Euro beginnen – zum Beispiel mit Analytic-Services über unsere Public Cloud. Dann kann das Ganze wachsen. Das ist ein erheblicher Vorteil. Früher mussten für solche Projekte gleich zu Beginn ein paar Millionen Euro gezahlt werden, heute geht das mit viel geringeren Anfangsinvestitionen.

Digitaler Wandel braucht Kooperation

Müssen sich Unternehmen auch innerhalb ihrer Organisation verändern?

Genau – auch innerhalb der Unternehmen geht es um mehr Kooperation. Verschiedene Abteilungen wie Vertrieb, Marketing, Support, Engineering und Controlling müssen zusammen in neue digitale Produkte investieren, um die maximale User Experience liefern zu können. Es geht zum Beispiel darum, das Vertriebskonzept direkt mit dem Produkt verknüpfen, sodass es einfach ist, dieses weiterzuempfehlen und zu verkaufen. Es müssen automatisch Rechnung gestellt werden können, weil der Verbrauch eines Produkts beim Nutzer bekannt ist. Und die Customer-Success-Abteilung benötigt Informationen, um die Usability zu analysieren. Wie wird das Produkt wirklich genutzt? Wo haben die Nutzer Probleme? Diese Fragen können nur kooperativ beantwortet werden.

Und das machen die meisten Unternehmen nicht?

Ich würde sagen, noch nicht. Es gibt Ausnahmen wie etwa DMG Mori, die zu ihren CNC-Maschinen Equipment-as-a-Service anbieten. Solche Firmen wollen die Digitalisierung nutzen, um sich im Wettbewerb mit neuen Geschäftsmodellen zu differenzieren. Viele Unternehmen machen aber noch mit dem weiter, was sie bisher tun und immer getan haben. Sie gehen nicht radikal ins Risiko, um ihre gesamte Firma digital zu transformieren, indem sie ihre Prozesse oder ihre Geschäftsmodelle ändern. Klassisches Beispiel sind Firmen, die zwar eine schöne Webpräsenz aufbauen und vielleicht einen Ersatzteil-Store ins Netz stellen, aber sie haben nicht die gesamte Supply Chain oder das Ersatzteil-Management mit Maintenance-Events vor Ort verbunden. Sie erhalten zum Beispiel keine automatische Meldung, wann eine Maschine wirklich ein neues Ersatzteil braucht.

Mindset aus der alten Welt

Sie sagen auch, dass eines der größten Hindernisse das fehlende Mindset ist.

Viele Firmen sind vom Mindset her in der alten Welt verhaftet. Sie setzen darauf, dass sie in ihrem jetzigen Setup diese neuen digitalen Transformationen realisieren können. Doch um erfolgreich zu sein, muss man die neuen digitalen Aktivitäten aus seinem Kern-Geschäft herausnehmen und separat hochziehen.

Warum?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Der Vertrieb bei einem Maschinenbauer beruht auf einem festen Incentive-Modell, das vielleicht schon seit 20 oder 30 Jahren auf die gleiche Weise existiert. Da kann man nicht plötzlich sagen: „Jetzt stelle ich auf einen Subscription-Vertrag für 10.000 Euro im Monat um.“ Der Kunde will dann natürlich wissen, wie er selbst seine Maschinen verkaufen soll und ob er so einen Service überhaupt liefern kann. Da entstehen riesige Konflikte. Und diese Umsetzungsprobleme gibt es auch in anderen Abteilungen. Auch die derzeitigen Managementsysteme, mit denen die Unternehmen zum großen Teil arbeiten, passen häufig nicht in die neue Welt. Deswegen ist es mittlerweile gängige Praxis, diese neuen Modelle herauszuziehen – entweder in einen neuen Geschäftsbereich oder ein eigenes Unternehmen. Und dort können die Prozesse und die Systeme so aufgesetzt werden, wie es für das neue Geschäft optimal ist.

Viele sind also in der alten Welt gefangen.

Viele Unternehmen in Deutschland sind mit ihrem exportgetriebenen Geschäftsmodell oder der Rolle als Global Player in der Nische sehr erfolgreich. Und wenn man erfolgreich ist, dann fällt es schwer zu antizipieren, was in den kommenden fünf oder zehn Jahren passiert. Doch wenn man jetzt nicht damit beginnt, Abläufe zu digitalisieren und zum Beispiel mithilfe von Software-Algorithmen eine vorausschauende Wartung umzusetzen, dann ist es eben in fünf oder zehn Jahren zu spät. Unternehmen müssen jetzt eine digitale Sicht auf ihre Zukunft schaffen, die eine komplette Veränderung zu dem ist, was sie aktuell erfolgreich macht.

Kontakt:
Software AG
Uhlandstrasse 12
64297 Darmstadt
Tel. +496151920
www.softwareag.com

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