Spezialisieren und vernetzen
Die Kommunen des Ruhrgebiets müssten sich einerseits stärker vernetzen, forderte das Forscherteam der Ruhru-Uni Bochum, bestehend aus den Professoren Jörg Bogumil, Rolf Heinze, Franz Lehner, Klaus Peter Strohmeier, Jörg-Peter Schräpler und Sören Petermann. Andererseits sehen sie es als notwendig an, dass sich das Ruhrgebiet funktional differenziert und flexibel spezialisiert. „Dazu muss die Strukturpolitik des Landes neu ausgerichtet werden“, sagte Prof. Jörg Bogumil auf der Tagung „Die Zukunft des Ruhrgebiets – Was kommt nach dem Strukturwandel?“ an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Die Strukturpolitik müsse die Herausbildung wirtschaftlicher Kerne mit hoher Spezialisierung und internationaler Sichtbarkeit fördern, so Bogumil weiter. Neben dem grundlegenden Strategiewandel der Strukturpolitik müsse auch die regionale Wirtschaftsförderung reorganisiert werden.
Starke Wissenschaft
Die zweite These besagt, dass das Ruhrgebiet zwar zu einer starken Wissenschaftsregion geworden ist. Doch Wissenschaft und Wirtschaft müssen sich in inhaltlich fokussierten Kompetenzzirkeln vernetzen, damit diese Stärke international zum Tragen kommt. „Die Innovationsforschung zeigt, dass es nicht mehr isolierte Schlüsseltechnologien und Schlüsselakteure sind, welche Beschäftigung und Wohlstand in Regionen vorantreiben, sondern die Vernetzung von Akteuren und die Verknüpfung von Technologien in Zukunftsfeldern“, so Prof. Rolf Heinze.
Investitionen in Menschen
These Nummer drei: Das Ruhrgebiet benötigt dringend mehr Investitionen in die nachwachsende Generation. Die Experten fordern eine Bildungsoffensive, die von massiven baulichen und sozialen Investitionen flankiert wird. „Ziel muss es sein, niedergehende Quartiere, insbesondere ehemalige Arbeiterviertel, zu revitalisieren. Dabei ist ganz entscheidend, dass Ungleiches auch ungleich behandelt wird“, sagen die Professoren Peter Strohmeier und Sören Petermann. Das Forscherteam rät nicht nur von der Förderung nach dem Gießkannenprinzip ab, sondern auch von der Mittelzuweisung nach Köpfen. „Konkret heißt das zum Beispiel, dass Schulen in Problembezirken mehr Ressourcen pro Schülerin oder Schüler erhalten“, erläutert Prof. Jörg-Peter Schräpler. Das bedeute aber auch in den Sozialräumen Gestaltungshilfe anzubieten, in denen die Bewohner zwar um ihre Probleme wüssten, diese aber nicht selbstorganisiert lösen könnten.
Mehr Zusammenarbeit
Die Kooperation zwischen den Kommunen habe sich im Ruhrgebiet zwar in manchen Bereichen erheblich verbessert, sei in anderen Bereichen aber noch ausbaufähig, stellen die Forscher fest. Im öffentlichen Personennahverkehr und der regionalen Wirtschaftsförderung sehen sie noch Verbesserungspotenzial. „Das Ziel, innerhalb von zehn Jahren zu einer international wettbewerbsstarken Region zu werden, ist gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung und ihrer möglichen Folgen, nur zu erreichen, wenn das Ruhrgebiet seine im weitesten Sinne strukturpolitischen Anstrengungen systematisch in Dekadenprojekten bündelt und organisiert“, meint Prof. Franz Lehner. Dazu bedarf es einer starken regionalen Koordination, insbesondere in der Wirtschaftsförderung. „Konkret: Das Ruhrgebiet braucht eine starke regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft, an der auch privatwirtschaftliche Akteure beteiligt sind“, so Lehner weiter. (dk)