Die einen sind enttäuscht, dass es erst jetzt kommt. Die anderen freuen sich, dass es überhaupt kommt. Das Votum der vier großen Automobilhersteller für den Kommunikationsstandard Profinet. Es verhilft Ethernet zu weiterem Auftrieb.
Von unserem Redaktionsmitglied Werner Möller
Seit etwa drei Jahren diskutiert die Automatisierungs-Welt den Einsatz von Ethernet auch in der Feldebene. Kaum dass die klassischen Feldbussysteme ausgereift sind, scheint mit Ethernet die nächste Generation der industriellen Kommunikation vor der Tür zu stehen. Schneller, preiswerter, leichter zu installieren und vor allem einfacher in bestehende IT Strukturen zu integrieren – das sind die Erwartungen. Doch bei Fachtagungen und Workshops zum Thema Einsatz von Industrial Ethernet blieben die Hersteller oft unter sich.
Man könnte glauben, dass die Anwender das Interesse schon verloren oder noch nicht gefunden haben. Mit Aida, dem Positionspapier Feldbuskommunikation der Automatisierungsinitiative deutscher Automobilhersteller, könnte sich das ändern.
Die hier zusammengeschlossenen deutschen Automobilhersteller Audi, BMW, Daimler-Chrysler für Mercedes Car Group und Volkswagen für die Marke Volkswagen haben für das Thema Industrial Ethernet eine gemeinsame Vorgehensweise vereinbart, den Protokollstandard Profinet der Profibusnutzerorganisation mit integrierter Personensicherheit einzusetzen. Dieses Ankündigen soll die Zulieferfirmen darin bestärken, Profinet-basierende Systeme zügig auf den Markt zu bringen. Doch das Positionspapier ist weder ein Ausschluss-Dokument für herkömmliche Feldbus-Systeme, noch verschließt es anderen Ethernet-Varianten den Einzug in die Fabriken. Jetzt müssen die Profinet-Entwickler diese Vorschusslorbeeren in klare Vorteile für die Automobilisten umsetzen. Die mächtigen Vier lassen nämlich keinen Zweifel daran, dass in erster Linie
- der Entwicklungsaufwand und die Produktvielfalt beim Hersteller,
- der Engineeringaufwand bei der Anlagenerstellung,
- die laufenden Kosten für Schulung, Instandhaltung sowie
- die Hardwarekosten durch vermehrten Wettbewerb
reduziert werden sollen.
Skeptiker sehen in dem Positionspapier mehr eine Sympathie-Erklärung für den möglichen Ethernet-Standard Profinet. Dazu kommt, dass Profinet derzeit noch nicht die festgeschriebenen Grundbedingungen des Positionspapiers erfüllt. So ist noch die Spezifikation der Profinet-Variante mit integrierter Personensicherheit (Profisafe an Profinet) in Arbeit und nicht vor dem 3. Quartal 2005 zu erwarten. Auch entstehen beispielsweise jetzt erst am Lehrstuhl für Informationstechnik im Maschinenwesen der TU München Testsysteme und die notwendige Testsoftware, um überhaupt Zertifizierungsprüfungen für Profinet-Produkte durchführen zu können.
Zu bedenken ist auch, dass bei den Feldbussystemen nicht das physikalische Medium, sondern nur das Protokoll unterschiedlich ist. Vorstellbar ist nämlich auch ein Durchbruch der amerikanischen Fieldbus-Foundation hier in Europa. Das soll aber nicht heißen, dass ein Hinwenden zu Profinet oder Industrial Ethernet falsch ist, denn alle Systeme agieren auf dem gleichen Netzwerk und verfügen über entsprechende Migrationspfade.
Ein Freibrief für Profinet ist das Positionspapier nicht
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