Der Chef kann den Urlaub verweigern, wenn wichtige betriebliche Belange dagegen- stehen. Außerdem: Über die Frage, wer wann in Urlaub darf, entscheiden soziale Gesichtspunkte.
Jahr für Jahr entbrennt vor der Sommerpause in vielen Betrieben der Streit darüber, ob, wann und wie Betriebsangehörige ihren Jahresurlaub nehmen. So manche Auseinandersetzung wird allerdings völlig unnötig geführt, so der Stuttgarter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn von der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Trier. Die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern sind nämlich im Bundesurlaubsgesetz genauestens geregelt.
Demnach, so Henn, hat jeder Arbeitnehmer zunächst einen gesetzlich verankerten Mindestanspruch von 24 Werktagen Erholungsurlaub in jedem Kalenderjahr. Schwerbehinderte können fünf Werktage zusätzlichen Urlaub geltend machen. Während der urlaubsbedingten Abwesenheit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes. Eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit ist während des Erholungsurlaubs übrigens nicht gestattet.
Während über diese grundsätzlichen Regelungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsangehörigen weitgehend Einigkeit besteht, beginnt der Streit häufig dann, wenn der Urlaub geplant und auch tatsächlich genommen werden soll. Dabei beinhalte das Bundesurlaubsgesetz auch hier eindeutige Regelungen.
Dies bestätigt die Nürnberger Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Gabriele Husslein-Stich. Sie verweist darauf, dass der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat, es sei denn, dass diesen „dringende betriebliche Belange“ oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter „sozialen Gesichtspunkten“ den Vorrang verdienen.
Genau an diesen Kriterien entzündet sich häufig Streit. Dringend im Sinne des Gesetzes sind betriebliche Belange, wenn die Urlaubsgewährung für den Arbeitgeber zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebsablaufes führen würde. Maßgeblich sind die Umstände der betrieblichen Organisation, der technischen Arbeitsabläufe, der tatsächlichen Auftragslage. Ebenso wichtig ist die Bedeutung des Arbeitnehmers und die ausgeübte Tätigkeit. So können personelle Engpässe in Saison- oder Messezeiten, plötzlich auftretende Produktionsnachfragen oder Jahresabschluss- und Inventurarbeiten Gründe dafür sein, den Urlaub nicht zu gewähren.
Bei der Sozialauswahl hingegen können dem Urlaubswunsch die Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die der Chef aufgrund gesetzlicher Vorgaben zu berücksichtigen hat: beispielsweise Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Anzahl der Kinder unter Berücksichtigung der Schulpflicht, Urlaub anderer Familienangehöriger, aber auch ein „bestehendes Erholungsbedürfnis“ oder Urlaubsregelungen der Vorjahre.
Ein Arbeitnehmer, der seit einigen Monaten im Betrieb und dazu noch ledig ist, kann vor dem Urlaubswunsch eines Familienvaters mit drei Kindern, der schon seit 20 Jahren im Betrieb ist, kaum bestehen.
Stehen dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers weder dringende betriebliche Belange noch die Urlaubswünsche von Kollegen entgegen, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht verweigern, und er darf die Entscheidung über das Gesuch auch nicht in die Länge ziehen.
Sich bei Ablehnung eines Urlaubsgesuches selbst Urlaub zu gewähren, so betonen die Arbeitsrechts-Experten, sei allerdings nicht der richtige Weg. In diesem Fall muss ein Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch letztlich gerichtlich durchsetzen. Ansonsten kann die Selbstbeurlaubung sogar zur fristlosen Kündigung führen. tv
Selbst denn Urlaub zu genehmigen, ist streng verboten
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