Startseite » Allgemein »

Der gesamte Prozess muss sich rechnen, nicht nur der einzelne Abschnitt

Dreh- und Fräszentrum Macturn 250
Der gesamte Prozess muss sich rechnen, nicht nur der einzelne Abschnitt

Die Macturn macht dort weiter, wo andere Fertigungsmittel sich verzetteln. Das Bearbeitungszentrum der Krefelder Okuma Europe GmbH fasst Dreh- und Fräsarbeiten sinnvoll zusammen, kürzt die Durchlaufzeit auch komplexer Teile radikal ab und verbessert die Qualität.

Von Chefreporter Wolfgang Filì – chefreporter@fili.net

W enn’s denn drauf ankäme, könne man auch Lokomotiven zum Fliegen bringen, versichert Karl-Heinz Dreyer. Technisch liege dies durchaus im Bereich des Möglichen. Fatal sei allerdings, dass ein solches Projekt wirtschaftlich gesehen kaum mehr wäre als grober Unfug. Was der Geschäftsführer der Krefelder Okuma Europe GmbH mit seinem Exkurs auf Schiene und Startbahn vermitteln will, ist etwas komplizierter: Ihm geht es um Sinn und Grenzen der Verfahrensintegration auf Werkzeugmaschinen im Allgemeinen und auf der Macturn im Besonderen. Von diesem Verarbeitungszentrum, das vor drei Jahren auf der europäischen Leitmesse Emo erstmals vorgestellt wurde, hat Okuma bisher rund 400 Einheiten verkaufen können und damit gehörig den Markt aufgemischt, bislang aber stets der Lockung widerstanden, die Maschine mit zusätzlicher Fertigungstechnik hochzurüsten. „Die Macturn 250 ist ein Werkzeug zur Präzisionsbearbeitung von Stangen, Futter- und Wellenteilen bis 1000 Millimeter Länge“, konstatiert Dreyer.
Ihre Verfahren sind das Drehen und das Fräsen in insgesamt neun Achsen. Damit können äußerst komplexe Teile wirtschaftlich gefertigt werden, andererseits ist aber auch ausreichend Betriebssicherheit garantiert.“ Ergänzende Techniken seien zwar denk- und auch machbar, würden zur Zeit aber nicht in Serie realisiert, weil sie Kompromisse zum Nachteil der Produktivität bedingten.
Dass Werkstücke sich genauer und kostengünstiger bearbeiten lassen, wenn sie nicht mehrmals umgespannt und zwischengelagert werden müssen, liegt in der Natur der Sache: Ihre Lage, Oberflächengüte und Toleranz werden nicht negativ beeinflusst, die auf mehreren Maschinen ansonsten erforderlichen Rüst- und Nebenzeiten sinken auf das Notwendige, und die gesamte Durchlaufzeit – und nicht allein der einzelne Fertigungsabschnitt – wird abgekürzt. Die sich hieraus ergebenden Einsparungen ließen sich vor allem bei der Kleinserienfertigung komplexer Teile schnell nachweisen, betont Dreyer. Der Return-on-Investment für die bislang gelieferten Macturns liege je nach Organisation und Profil der Kunden zwischen ein und zwei Jahren. In Deutschland sind bislang an die 50 Maschinen unter Span, im gesamten EU-Raum über 160.
Mittelfristig sieht der Okuma-Mann auch an anderer Stelle Rationalisierungspotenzial. Bedingt durch die Vielseitigkeit der Maschine, hätten Konstrukteure wesentlich größere Freiheiten beim Gestalten ihrer Teile – Spielräume mithin, die bislang mangels adäquater Fertigungsmöglichkeiten nicht genutzt werden konnten. So ließen sich ganze Baugruppen montagefreundlicher konstruieren, die Teilezahl selbst damit reduzieren und die Wertschöpfung an den verbleibenden Komponenten erhöhen.
Im Normalfall sind Werkzeugmaschinen mit kombinierten Fertigungstechniken erheblich teurer als Standardmaschinen. Analog heben sich ihre Stundensätze ab – dies allerdings nur auf den ersten Blick. Denn bei der Fertigung über separate Prozesse müssen die Lager-, Zwischenlager- und Transportkosten nebst Organisation und Personal mitgerechnet werden. Der Aufwand für Arbeits- und Fertigungsplanung kommt hinzu. Selbst wenn im Einzelfall die Fertigungskosten auf einer Multifunktionsmaschine höher als bei einer konventionellen Mehrmaschinen-Lösung liegen sollten, verschafft die schnelle Verfügbarkeit den entscheidenden Vorteil.
Das haben auch Dreyers Kunden erkannt. Die Verkaufskurve für Alleskönner à la Macturn steigt an. Immer öfter ersetzen Dreh- und Fräszentren in der NC-Fertigung herkömmliche Maschinen, die allein auf einer Technologie basieren. Typische Macturn-Anwender sind Unternehmen aus der Feinmechanik, aus dem Umfeld der Automobilbauer oder solche aus der optischen Industrie, die geometrisch vertrackte Teile in überschaubaren Losen fertigen. Okuma rechnet in diesen Branchen mit einem Absatz zwischen 300 und 400 Maschinen jährlich allein im EU-Raum.
Als direkter Nachfolger der 1998 vorgestellten Macturn 30 gehört die Macturn 250 zu einer Maschinenreihe, mit der Werkstücke mit Durchmessern zwischen 250 und 350 mm, ab März 2003 bis 550 mm und kurz danach auch bis 750 mm bearbeitet werden können. Eine kleinere Variante für Durchmesser bis 150 mm ist ebenfalls geplant.
Steht Okumas Kölner Vertriebspartner Hommel GmbH bislang also vor allem im Clinch mit Wettbewerbern wie Yamazaki Mazak, Göppingen, Mori Seiki in Wernau, Index in Esslingen und der Bielefelder Gruppe Deckel-Maho-Gildemeister, dürfte der österreichische Komplettbearbeitungs-Pionier WFL, Linz, bei den größeren Maschinen noch hinzukommen. Dreyer indes ficht dies nur mäßig an. Seine Maschinen, stellt er heraus, seien im Markt für ihre solide Mechanik und Elektronik bekannt und auch dafür, dass ihre Katalogangaben in der Praxis um 20 bis 30 % übertroffen würden. Dies sei ein Alleinstellungsmerkmal. So liege der eigene mechanische Wertschöpfungsanteil bei zwei Dritteln. Das Haus liefere Maschine, Steuerung, Software und Hauptantriebe aus einer Hand. Auch die Servos und Wegmesssysteme seien Eigenentwicklungen und bestmöglich abgestimmt. Für den Anwender bedeute dies, dass er es bei Okuma und seinen Partnern mit homogener Technik und jeweils einem Verantwortlichen für den Service zu tun habe.
Der Okuma-Chef weist des Weiteren darauf hin, dass die Integration verschiedener Verfahren in ein und demselben System besondere Maßnahmen für die Prozesssicherheit erfordert. So müssten alle Werkzeuge unabhängig voneinander und während der Bearbeitung auf Bruch und Verschleiß überwacht werden. Das gelte für sämtliche eingesetzten Dreh-, Bohr- und Fräswerkzeuge. Nur so ließen sich kostspielige Maschinenausfälle vermeiden. Okuma habe in den vergangenen Jahren großes Engagement in die Entwicklung entsprechender Technik gesteckt. Beispielsweise verfüge die Macturn heute über einen automatisierten Not-Rückzug beim Abwälzfräsen sowie aktive und passive Kollisionsschutzfunktionen, die größere Folgeschäden vermieden.
Mitentscheidend für die Effizienz der Maschine sei die Steuerung. Ergo müsse die CNC nicht nur eine den integrierten Verfahren entsprechende Funktionalität bieten, sondern auch ausreichend Programmier- und Bedienkomfort. Werden die beiden Hauptspindeln (2 x C- und W-Achse), zwei Werkzeugträger sowie Y- und B-Achse der Macturn gesteuert, müsse der Programmieraufwand im Rahmen bleiben. Andernfalls werde auch das Einfahren und Optimieren aufwendig. Bei der Macturn 250 – wie auch bei ihren Schwestermaschinen – habe man das Problem derart gelöst, dass sogar Werkstattprogrammierung Sinn mache. Dabei werde der Arbeitsplan genau so automatisch erstellt, wie die Programme für 4-Achsen-Dreharbeiten, Gewindefräsen mit Schraubenlinien-Interpolation oder Taschenfräsen. Dass die Handhabung der Mensch-Maschine-Schnittstelle so einfach sein muss, dass der Techniker sich auf das für ihn Wesentliche konzentrieren kann, ist für Okuma elementar. Karl-Heinz Dreyer: „Wir denken, dass sich der Einsatz von Maschinen mit integrierten Fertigungsverfahren überhaupt nur mit leicht verständlicher Programmierung und Bedienung rechnet.“
In der Standardausführung hat die Macturn 250 ein Werkzeugmagazin mit 44 Plätzen, das sich auf Wunsch auf 80 oder 120 Stationen ausbauen lässt. Mit diesem üppigen Vorrat ist sowohl die Fertigung in bedienerarmer dritter Schicht möglich als auch das unbeaufsichtigte Spanen von Teilen mit hochkomplexer Kontur und Kavität. Der 1-fach-Werkzeugrevolver hat eine HSK-A63-Aufnahme. Capto C6 und KM63 stehen als Option zur Verfügung. Die Tools können über interne Leitungen mit Kühlschmierstoff versorgt werden. Beim Vergleich der indirekten Werkzeugkosten wird ebenfalls deutlich, wo das Rationalisierungspotenzial der Maschine liegt: Arbeitet die Macturn mit einem standardisierten und einheitlichen System wie HSK, fällt der Aufwand für Pflege und Organisation der Werkzeuge geringer aus als bei der gleichen Gesamtzahl mehrerer, bei Dreh- und Fräsmaschinen in der Regel unterschiedlicher Werkzeugaufnahmen.
Größere Freiheit beim Gestalten von Bauteilen
Der Hohlwellenmotor sorgt mit kurzen Beschleunigungs- und Abbremszeiten für kurze Stückzeiten und eine schnelle Reaktion. Durch das elektrische, zweistufige Vorgelege schaltet er bei voller Drehzahl innerhalb von 0,5 s. Neben einem hohen Drehmoment bringt dies größere Spanvolumina und in der Konsequenz kürzere Stückzeiten. In der Y-Achse rotiert die Macturn um ±80 respektive 160 mm. Die Sicht auf das obere Werkzeug ist frei. Hat sich der Kunde für die Ausführung mit zusätzlichem unteren Revolver entschieden, liegen die Werkzeuge exakt um 180º gegenüber auf einer Bearbeitungsebene. Für vierachsiges Synchrondrehen ist das eine der günstigsten Bedingungen. Die B-Achse der Maschine rotiert um 210º. Gegen Aufpreis kann sie auf 0,001º indexiert werden. Vorteilhaft ist dies beim Bohren und Fräsen auf schrägen Ebenen sowie bei schrägen Bearbeitungen auch links vom Spannfutter.
Auf mittlere Sicht schließt Okuma-Europa-Chef Dreyer zusätzliche Verfahren jedoch nicht aus. Im Lauf der Jahre hätten die japanischen Hersteller es immer besser verstanden, sich auf die Denke ihrer europäischen Kunden einzustellen. Ein erster Schritt könne beispielsweise die punktuelle Wärmebehandlung der Werkstücke per Laser sein. Allerdings müsse sich auch dies im Gesamtprozess rechnen.
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de