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Der Kran für’s Grobe

Hebetechnik trotzt Hitze und Staub beim Stahlhersteller Nedstaal
Der Kran für’s Grobe

Materialfluss | Die Stahlindustrie ist eine Herausforderung für Mensch und Maschine. Wer hier arbeitet, der braucht ein dickes Fell. Aber auch die Krantechnik muss für die harten Bedingungen taugen. Der Hersteller Stahl-Cranesystems liefert dafür die geeigneten Komponenten.

In der Auskühlhalle des Stahlproduzenten Nedstaal in Rotterdam ist schwer was los. Alle paar Minuten kommt der Werkszug und bringt rot glühenden, frisch in Formen gegossenen Stahl. Die Gussformen, auch Kokillen genannt, werden hier zum Auskühlen entladen, geöffnet, gereinigt und zwischengelagert.

An der Hallendecke bewegen sich zwei Greiferkrane, die rund um die Uhr Züge und Lastwagen beladen und entladen. Strahlend gelb hebt sich einer der Krane vom Grau der Halle ab. Erst vor wenigen Monaten wurde er hier vom holländischen Kranbauer Cranebuilders montiert, dem Partner des Herstellers Stahl-Cranesystems. „In dieser Umgebung war ein besonders robuster und zuverlässiger Kran gefragt“, sagt René Rohde, Projektleiter bei Cranebuilders. „Die Krananlage ist das Ergebnis einer gemeinsamen Entwicklung und arbeitet mit Seilzügen und einem Greifer mit spezieller Seilführung.“
Die Spezialisten aus Rotterdam stellen hochwertigen Stahl für Stahlverarbeitungsunternehmen her. Das Kerngeschäft besteht aus maßgeschneiderten, kleinen Chargen von 30 bis 50 t. Dabei ist Stahl ist nicht gleich Stahl. Das Unternehmen kann hunderte verschiedener Stahlsorten herstellen, die sich in der Mischung der Zutaten und der Verarbeitung voneinander unterscheiden. Ausschlaggebend für den Erfolg des Unternehmens sind die individuell produzierten Stahlsorten und die kurzen Lieferzeiten. Dabei kommt es auf einen hohen Materialdurchsatz in der Produktionskette an. Und dafür muss die Technik reibungslos funktionieren. Die Stahlproduktion ist extrem energieintensiv. Gerade deswegen will Nedstaal Ressourcen sparen wo es möglich ist. Der eingesetzte Kran gehört dazu. „Die Energie, die an den Frequenzumrichtern und den Bremsen entsteht, werden durch die Steuerung wieder direkt ins Netz zurückgeführt“, erklärt Projektleiter René Rohde. „Dadurch können wir den Gesamtenergieverbrauch des Krans deutlich verringern.“
Der neue Kran im vorderen Teil der Halle kann mit seinem Greifer die großen Stahlzylinder sicher und schnell aufnehmen. Das Heben und Senken des Greifers erfolgt über zwei Seilzüge, die auf einem Zweischienenfahrwerk montiert sind. Bei Greiferlösungen dieser Art wirken besonders hohe Kräfte auf die Seiltrommel. Das führt dazu, dass sich das Seil und die Seilführung schnell abnutzen. Die Folgen wären häufige Wartungstermine und ungeplante Stillstände. Das kam für die Holländer nicht in Frage. „Wir haben eine verschleißarme Lösung entwickelt, die speziell auf diese Anwendung abgestimmt ist“, sagt Marco Lindhout von Cranebuilders. „Mit unsere Konstruktion kann der Greifer absolut senkrecht und ohne Verdrehen bewegt werden.“ Das funktioniert auch bei einem geringen Ungleichlauf oder einem einseitigen Stopp eines der Hebezeuge. Möglich macht das eine ausgeklügelte Seilverspannung, die in einem festen Abstand unterhalb der Seilzüge montiert ist. „Die spezielle Seilführung über mehrere Umlenkrollen hält die Last beim Fahren schwingungsfrei und wirkt durch die schräg laufenden Seile stabilisierend“, erklärt Peter Kittsteiner, der als Area Sales Manager bei Stahl Cranesystems die Lösung mit entwickelt hat.
Bei der Konstruktion musste darauf geachtet werden, dass die Seilabgangswinkel innerhalb der vorgeschriebenen Norm bleiben. Die ersten Seilrollen an der Traverse sind in einem Winkel von 45 Grad angeordnet. Durch sie werden die vier Seile nach außen umgeleitet und dann in Richtung des Greifers zur Mitte geführt. So entsteht zwischen Traverse und Greifer je nach Hubhöhe ein variabler Seilwinkel. Der Winkel zwischen Traverse und Seiltrommel bleibt jedoch gleich. Mit dieser Technik lassen sich Belastungen der Seiltrommel zum Beispiel durch Schrägziehen effektiv vermeiden. Vom Mittelpunkt des Greifers gehen vier Seilstränge senkrecht nach oben und werden dort über zwei weitere Umlenkrollen geführt, die als Ausgleichsrollen dienen. „Vom Prinzip her entspricht die Lösung einer zweifachen Einscherung an jedem Seilzug“, erläutert Peter Kittsteiner. „Manchmal braucht man gar nicht viel Technik.“ Mit viel Erfahrung und der richtigen Idee lassen sich seiner Ansicht nach viele Aufgaben intelligent und effizient lösen.
Die Vorteile der Seilverspannung im Vergleich zu einem Hubmast liegen laut Peter Kittsteiner auf der Hand: „Zwar erfüllt der Hubmast ähnliche Anforderungen wie eine Seilverspannung, aber durch sein hohes Eigengewicht bringt er bei Kran- und Katzfahrten hohe Kräfte auf das Fahrwerk.“ Die einfache Anbindung der Seilverspannungstraverse über vier Punkte erlaubt dem Kranbauer außerdem eine sichere und schnelle Installation in die Kran-Konstruktion. Die Lösung bei Nedstaal könnte nach Ansicht von Kittsteiner Schule machen: „Überall dort, wo heute Hubmasten eingesetzt werden, könnte man jetzt den Einsatz dieser Seilverspannung prüfen“, so der Entwickler. „Die Lösung mit Seilwinden haben wir schon in früheren Projekten realisiert und auch bei Nedstaal war diese Technik die richtige Wahl.“
Um trotz der hohen Staubbildung einen störungsfreien Betrieb des Kranes zu ermöglichen, entschieden sich die Holländer für zwei AS7-Seilzüge des Herstellers, die sozusagen das Herz der Krananlage sind. Die Seilzug-Serie ist seit knapp 40 Jahren auf dem Markt und wurde immer wieder leicht modifiziert und verbessert. Die Produkte gelten als besonders robust und zuverlässig, sind wartungsarm und funktionieren auch bei hohen Temperaturen und widrigen Umgebungen. Dank des modularen Aufbaus sind die Hebezeuge in vielen Varianten lieferbar. Hierzu zählen zum Beispiel Ausführungen für geringere Traglasten bis 32 t oder Zwillingshubwerke, die Lasten bis maximal 125 t heben können.
Die Seiltrommeln sind eine Sonderanfertigung aus dem Künzelsauer Werk
Für den Einsatz bei Nedstaal wurden zwei frequenzgeregelte Seilzüge speziell an die Situation vor Ort angepasst. Die Hubwerke verfügen über vierpolige Hubmotoren, die eine variable Regelung der Geschwindigkeit ermöglichen. Außerdem sind sie mit einem Encoder und einer Fremdbelüftung ausgestattet, damit eine hohe Einschaltdauer erreicht werden kann. Wegen des anspruchsvollen Einsatzes im Stahlwerk wurden die Hubwerke außerdem in einer hohen Hubwerkseinstufung bereitgestellt. Auch die Seiltrommeln mussten im Werk von Stahl Cranesystems in Künzelsau individuell für diese Seilzüge gefertigt werden. Mit Hilfe eines optimierten Durchmessers konnten die Konstrukteure gleiche Bedingungen für beide Tragseile erreichen.
„Durch die hohe Fertigungstiefe in unserem Werk und unsere eigene Seiltrommelfertigung können wir auch komplizierte Sonderanfertigungen auftragsbezogen herstellen“, erklärt Peter Kittsteiner. Beide Seiltrommeln nehmen je zwei Seilenden der beiden Tragseile auf. „Um die vorgeschriebene Aufwickelrichtung für die beiden durchgehenden, 20 mm starken Tragseile zu gewährleisten, haben wir die Trommeln je zwei Mal links geschnitten“, erläutert Kittsteiner die Sonderanfertigung. Auch bei der Bremsüberwachung setzen die Künzelsauer auf ein System aus der eigenen Entwicklung. Das Modul überwacht, ob die Bremsen beim Hubvorgang ordnungsgemäß geöffnet sind. Sollte das einmal nicht der Fall sein, schaltet das Betriebsüberwachungssystem die Hebezeuge sicher ab.
Auch Kranbauer René Rohde ist überzeugt von der Lösung: „Der AS7-Seilzug war für diese Anwendung die beste Wahl und der Hersteller konnte die Seil-züge für unsere Konstruktion individuell anpassen.“ Die Installation war nach eigenen Angaben einfachund die Inbetriebnahme problemlos. Der Kran läuft seither ohne Zwischenfälle – trotz der dicken Staubschicht, die sich in nur wenigen Wochen auf dem Kran gebildet hat. (ub)

Krantechnik aus Holland
Die Zusammenarbeit zwischen Cranebuilders und Stahl Cranesystems hat eine lange Tradition. Cranebuilders ist als eigenständiger Kranbauer aus der niederländischen Tochtergesellschaft von Stahl Cranesystems hervorgegangen und hat sich mit dem Schwesterunternehmen Cranesolutions zu einem der führenden Kranbauer in den Niederlanden entwickelt. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Katwijk, 20 km nördlich von Den Haag. Zu den Kunden zählen Industrieunternehmen im In- und Ausland aber auch Schiffswerften oder Produktionsfirmen von Offshore-Anlagen.
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