Startseite » Allgemein »

Der Lieferant steht im Fokus des Einkäufers

Claas und IBM schaffen den Einkaufsarbeitsplatz der Zukunft
Der Lieferant steht im Fokus des Einkäufers

Die Suche nach dem besten Lieferanten und die Zusammenarbeit mit den Zulieferbetrieben wird künftig die Arbeit des Einkäufers bestimmen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Internet. Das Workplace-Portal von IBM erleichtert nicht nur die Materialbeschaffung, sondern auch die Kommunikation zwischen Zulieferer und Abnehmer.

Von unserem Redaktionsmitglied Susanne Schwab susanne.schwab@konradin.de

Zufrieden legt Günter P. den Telefonhörer auf die Gabel. Das Gespräch verlief ganz nach seinem Wunsch: Die Drehteile, in Tschechien günstig gefertigt, entsprechen den vorgeschriebenen Qualitätsnormen. Den Einkaufspreis konnte er bereits zu seinem Gunsten herunterhandeln, jetzt stimmt auch die Lieferzeit. Per Mail bestätigt er den Auftrag. Der Einkaufsleiter kann zufrieden sein: Die Suche nach dem günstigsten Drehteil in gewünschter Qualität war für ihn erfolgreich. Mit ein paar wenigen Mausklicks setzt er die notwendigen Zeichnungen ins Internet; bei Bedarf jederzeit beim Lieferanten abrufbar. Mit einer kurzen Mail informiert er anschließend den zuständigen Fertigungsbereich über die Lieferzeit.
Während das eben beschriebene Szenario für größere Unternehmen bereits heute Realität ist, haben viele kleine und mittlere Betriebe ihren Stammlieferanten um die Ecke, bestellen – wenn überhaupt am Computer – über elektronische Kataloge oder durchsuchen halbherzig Online-Marktplätze.
Der Wettbewerbsdruck erfordert jedoch neue Strukturen, um die Informationsflut und die wachsende Komplexität von Geschäftsprozessen und Technologien schneller in den Griff zu bekommen. Gerade in den Einkaufsabteilungen der Unternehmen stehen verstärkt Veränderungen an. Der „Einkaufsarbeitsplatz der Zukunft“ wird immer häufiger diskutiert. Dr.-Ing. Heinrich Zetlmayer von der IBM Business Consulting Services weiß aus Erfahrung von den Bemühungen der Unternehmen: „Bislang hinkt der Mittelstand jedoch definitiv hinterher. Das liegt vor allem daran, dass lange Zeit die Lizenzen für Einkaufssoftware viel zu teuer waren.“ Inzwischen habe sich das Preis-Leistungs-Verhältnis aber relativiert, so der IBM-Verantwortliche für Supply Chain Management Services. Marktplätze, Elektronische Ausschreibungen und E-Auktionen wurden getestet, die ersten internen E-Procurementsysteme sind im Einsatz.
Um die vielfältigen externen Anwendungen miteinander zu verknüpfen und die Bedienung der Systeme zu vereinfachen, wurde von IBM ein Workplace-Portal entwickelt, das die Arbeit des Einkäufers vereinfachen soll – und den Einkaufsarbeitsplatz der Zukunft beschreibt. Entwickelt als kundenspezifische Lösung, integriert das Programm alle spezifischen Anwendungen und konzentriert so den Blickwinkel des Einkäufers auf seine wichtigsten Features.
Das Portal auf Basis von IBM-Websphere ist eine integrierte Lösung für die Entwicklung von elektronischen Marktplätzen und die nahtlose Integration von Käufern und Lieferanten über das Internet. Es beinhaltet Funktionen für Kataloge, dynamischen Handel, Mitgliedschaften, Zugriffssteuerung und Business-Intelligence-Management. Dadurch können Käufer und Verkäufer auf einfache Weise zu ihren jeweiligen Bedingungen Waren und Services austauschen. „Unser Workplace-Portal unterstützt den Einkäufer, der in Zukunft mehr strategisches und taktisches Einkaufs-Know-how brauchen wird“, erklärt Beschaffungsexperte Dr. Zetlmayer. „Mit wenigen Mausklicks kann er über das Online-Portal auf verschiedene Systeme, wie Internet, PPS-System, Lieferantenbuchung und Qualitätssysteme, zugreifen.“
Bei der Claas-Gruppe ist dieser „Einkäuferarbeitsplatz der Zukunft“ bereits heute Realität: Der Landmaschinenhersteller aus dem westfälischen Harsewinkel hat im Februar 2002 gemeinsam mit IBM ein entsprechendes Projekt in Angriff genommen. Das Einkaufsportal Clip befindet sich inzwischen in der Roll-out-Phase, in der mehr und mehr Lieferanten an das System angeschlossen werden.
Die Claas KGaA produziert Mähdrescher, Feldhäcksler, Traktoren sowie Futtererntemaschinen und Systemträgerfahrzeuge. Neben der reinen Landtechnik werden Hydraulik- und Antriebskomponenten sowie Fertigungseinrichtungen für die Automobil- und die Luftfahrtindustrie auf der ganzen Welt entwickelt und hergestellt. Fertigungsstätten unterhält das Unternehmen weltweit an elf Standorten, von denen jeder auf die Herstellung einer bestimmten Produktlinie ausgerichtet ist.
Damit alle Beschaffungsaktivitäten auf die Produkt- und Kundenanforderungen konzentriert werden können, ist der operative Einkauf in den dezentralen Produktgesellschaften angesiedelt. Roland Sobisch, Leiter Zentraleinkauf bei Claas: „Damit wollen wir eine effektive Versorgung der Produktion gewährleisten und eine möglichst enge Kooperation zwischen Lieferanten, Einkauf und technischen Bereichen bereits in der Entwicklungsphase eines Endproduktes ermöglichen.“ Ein werksübergreifendes Warengruppenmanagement fasst die Bedarfe und Interessen der Gruppe zusammen. „Dadurch können wir unseren Lieferanten weltweit ein bedeutendes Einkaufsvolumen in unterschiedlichen Warengruppen anbieten“, erläutert Sobisch.
Die Steuerung und strategische Ausrichtung der konzernweiten Einkaufsaktivitäten übernimmt der Zentraleinkauf in Zusammenarbeit mit dem Lenkungskreis Einkauf. Das Einkaufsvolumen der Claas-Gruppe liegt bei über 900 Mio. Euro. Zur Zeit sind weltweit circa 70 strategische Einkäufer für Claas auf der Suche nach geeigneten Lieferquellen. Hierbei müssen leistungsfähige Systeme unterstützen, damit Effizienz und Ergebnis bei der Optimierung der Materialkosten kontinuierlich gesteigert werden können.
Insofern kam die Motivation für ein Einkaufsportal damals auch aus dem direkten Einkauf. Mitarbeiter wie Lieferanten empfanden die Flut an Geschäftsdokumenten, die täglich auf den Schreibtisch gelangten, zunehmend als unerträglich. In Zusammenarbeit mit IBM wurde deshalb das Lieferantenportal Clip entwickelt. „Clip ist eine sogenannte Web-EDI-Lösung“, erklärt Einkaufsleiter Sobisch das System. „Daten wie Anfragen, Bestellungen, Lieferpläne, die automatisch in unserem SAP-R/3-System erzeugt werden, bekommt der Lieferant online zur Verfügung gestellt, und er kann ebenfalls via Internet darauf reagieren.“
Durch die Anbindung von Clip an die Planungs- und Produktionssysteme können diese Daten dann automatisch weiterverarbeitet werden. Damit, so Sobisch, ließen sich der umständliche und langwierige Papierweg verhindern und eine wesentliche Voraussetzung für eine flexiblere Beschaffung und Produktion schaffen. Beispielsweise könnten Just-in-time- und Just-in-Sequence-Anlieferungen, bei denen die benötigten Materialien ohne Lagerhaltung direkt in die Produktion einfließen, gemeinsam mit den Lieferanten bewältigt und damit eine Bestandoptimierung bei 100%iger Verfügbarkeit realisiert werden.
Schon seit einiger Zeit tauscht Claas Beschaffungsinformationen mittels klassischem EDI aus. Dies erfordert jedoch hohe Investitionen und viel Know-how auf Lieferantenseite und ist somit eher für große Betriebe geeignet. Sobisch: „Clip richtet sich an kleine bis mittlere Lieferanten und schließt damit diese Lücke.“
Nach der Design- und Implementierungsphase, die letzten Sommer begann und im März dieses Jahres endete, geht das Projekt jetzt in die Roll-out-Phase, in der mehr und mehr Lieferanten angeschlossen werden. Roland Sobisch ist vom Nutzen des Portals überzeugt: „Nach Aussagen der bereits involvierten Lieferanten sind wir mit der Entwicklung des Clip ein Vorreiter im Bereich der elektronischen Online-Kommunikation. Unsere Lieferanten betrachten wir nicht nur als Warenproduzenten, sondern als Systempartner, die eng in die Entwicklungs- und Planungsprozesse von Claas integriert werden.“
Workplace-Portale optimieren die direkte Materialbeschaffung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de