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Designs „ganz neu denken“

Landesagentur Leichtbau BW empfiehlt neue konzeptionelle Ansätze
Designs „ganz neu denken“

Leichtbau | Technologische Zwischenbilanz der Landesagentur Leichtbau BW, zwei Jahre nach der Gründung: Die Zukunft gehört dem Konzept-Leichtbau, der weit mehr kann als nur Masse reduzieren. ❧ Olaf Stauß

„Mittelfristig steht ein grundsätzlicher Umbruch an, der den Schwerpunkt auf Konzept-Leichtbau legt“, sagt Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Leichtbau BW GmbH in Stuttgart. 70 bis 80 % des Gewichts einer Konstruktion würden schon durch das Konzept festgelegt, für das sich die Entwickler zu Beginn entschieden hätten. Neuartige Designs führten darüber hinaus nicht nur zu leichteren Konstruktionen, sondern gleichzeitig zu besseren Produkten mit höherer Leistungsfähigkeit.

Zur Erklärung zitiert Seeliger den Leiter des „Institut für Fahrzeugkonzepte“ (FK) am DLR und früheren Chef der VW-Konzernforschung im Bereich Werkstofftechnik und Fahrzeugkonzepte, Prof. Horst Friedrich: „Wir müssen das Auto komplett neu denken.“ Dies gelte nicht nur für das Auto, sondern für alle Produktfelder, in denen Leichtbau von Bedeutung ist – im Maschinenbau ebenso wie etwa in der Luft- und Raumfahrt oder in der Medizintechnik. Nur durch den konzeptionell neu gedachten Ansatz könnten sprunghafte Verbesserungen erzielt werden. Als weitere Aspekte des Wandels im Leichtbau nennt der Leiter der baden-württembergischen Landesagentur zweitens Prozess-Innovationen und drittens die Digitalisierung der Wertschöpfungskette. Dafür gibt es bereits griffige Beispiele.
Als Vorbild für Konzept-Leichtbau führt Seeliger die Radaufhängung beim Porsche 918 Spyder an. Die Funktionen von Radträger, Radnabe, Radlager und Gelenkwelle wurden so integriert, dass insgesamt 8 kg weniger Gewicht an den Achsen anfällt, 2 kg pro Rad. Letztlich wurde dies durch eine Neukonstruktion möglich, die sich die heutigen technischen Möglichkeiten zunutze macht – und althergebrachte Lösungen hinter sich lässt. Bei dem Sportwagen führt die Gewichtsreduktion zu mehr Dynamik und Performance als Mehrwert.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Prozess-Innovation sieht die Leichtbau BW in Werkzeugen der Aalener Mapal Dr. Kress KG. Die Außenreibahlen des schwäbischen Herstellers werden im Inneren mit einer speziellen Rippenstruktur ausgestattet, die sich nur im 3D-Druck herstellen lässt. Die Rippen sparen mehr als die Hälfte des Gewichts ein: Nun wiegt ein Werkzeug, mit dem sich ein Durchmesser von 8,5 mm bearbeiten lässt, nur noch 172 g statt bisher rund 400 g. Produziert wird die Außenreibahle mithilfe des Laserschmelzens. Solche additiven Fertigungsverfahren bieten hohe Gewichtseinsparung und Ressourceneffizienz, weil sie revolutionäre Designs ermöglichen.
Die Vorteile einer durchgängigen, digitalen Datenkommunikation entlang der Wertschöpfungskette liegen nach Angaben des Leichtbau-BW-Leiters in einer „drastisch verkürzten time-to-market“ aufgrund kürzerer Entwicklungszeiten. So würden etwa bionische Strukturoptimierungen möglich wie bei einem Luftbalgträger der Leiber Group aus Emmingen-Liptingen. Leiber konnte dessen Gewicht durch Topologieoptimierung und Materialsubstitution (Alu statt Stahl) um mehr als 50 % reduzieren. „Wir sollten nicht nur die Produktion digitalisieren, um Industrie 4.0 zu ermöglichen, sondern auch die Entwicklung“, gibt Seeliger zu bedenken. Warum dort ein großes Potenzial zu heben ist, verdeutlicht er mit einem weiteren Beispiel.
Die landeseigene Agentur fördert auch den Technologietransfer in die Industrie. So erging ein Tipp an einen mittelständischen Maschinenbauer, doch einmal ein Maschinenbett einer Strukturoptimierung zu unterziehen – und dafür Wissenschaftler ins Boot zu holen. Ergebnis: eine Materialeinsparung von rund 30 % und eine Kostenreduktion von knapp 7 %. „Wir haben in den letzten Jahren 50 Prozent Kostenersparnis aus unseren Maschinen geholt und sind überrascht, dass auf einen Schlag noch einmal 6,5 Prozent gehen“, wird der Anwender zitiert. Grundlage ist die digitale Datenbasis.
Bereits 1100 Firmen und 172 Institute im Leichtbau-Netzwerk
Die Unterstützung der Innovationstätigkeit sieht die Agentur als eine ihrer wichtigsten Leistungsnachweise. Dazu gehört, dass das vor zwei Jahren gegründete Leichtbau-Netzwerk inzwischen 1100 Unternehmen und 172 Forschungseinrichtungen umfasst. Rund 420 Engagierte sind an derzeit acht aktiven Projektgruppen beteiligt. Unter anderem hat die Landesagentur den „Technologietag Hybrider Leichtbau“ in Zusammenarbeit mit Partnern etabliert. Die Konferenz mit begleitender Fachausstellung findet am 7. Juni zum dritten Mal in Stuttgart statt. Außerdem wurde ein Aus- und Weiterbildungsprogramm initiiert.
Der Industrie bringt die Arbeit konkrete Vorteile, so die Aussage von Firmenvertretern. Manfred Dienes, Sales Director Automotive Germany bei der Altair Engineering GmbH, sagte, „für Altair mit seinen Lösungen im Leichtbau sind die Aktivitäten der Leichtbau BW GmbH eine ideale Plattform für Networking, das sich auch mit gesteigertem Umsatz auszahlt“. Claus Wilde, Geschäftsführer der Engel Deutschland GmbH, pflichtete bei. Der Landesagentur sei es in kürzester Zeit gelungen, die Akteure an einen Tisch zu bringen „und die Leistungsfähigkeit des südwestdeutschen Leichtbaus in die weite Welt zu tragen“.
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