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Deutschland 2003: Traumschiff oder Titanic?

Experten erwarten Erholung mit angezogener Handbremse
Deutschland 2003: Traumschiff oder Titanic?

Vorsichtig sind sie geworden, die Experten. Nachdem in diesem Jahr kaum eine Woche verging, ohne dass irgendeine Prognose nach unten korrigiert wurde, äußern sich Wirtschaftsforscher und Analysten bezüglich der Konjunkturaussichten jetzt noch zurückhaltender.

Von unserem Redaktionsmitglied Jens-Peter Knauer – jens-peter.knauer@konradin.de

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechnet für 2003 mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 1 %. Die begonnene, zaghafte konjunkturelle Aufwärtsbewegung werde sich zwar festigen, meinen die so genannten fünf Weisen, jedoch bleibe es eine Erholung mit „angezogener Handbremse“. Unsicherheiten wie die Entwicklung an den Aktienmärkten oder der schwelende Irak-Konflikt würden sich ebenso belastend auswirken wie der allgemeine Pessimismus, der in diesem Jahr um sich gegriffen habe.
Einen ähnlichen Eindruck vermittelt die Herbst-Umfrage des Verbandes der Vereine Creditreform e. V., Neuss: Demnach beurteilen lediglich 20,6 % der Mittelständler die aktuelle Geschäftslage mit gut oder sehr gut. Ihnen stehen 22 % (Vorjahr 16 %) gegenüber, die ihre Geschäftslage mit mangelhaft oder ungenügend einstufen. Investieren will nur noch jeder vierte Befragte, vor einem Jahr waren es über 43 %.
„Natürlich ist die wirtschaftliche Lage in Deutschland derzeit alles andere als befriedigend“, meint Prof. Gustav Horn, Wirtschaftswissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Er erinnert daran, dass Deutschland nach wie vor die drittstärkste Wirtschaftsmacht der Welt sei und eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten besitze. Zudem sei die Steuerquote die niedrigste seit den 50er-Jahren. „Wenn also Politiker die wirtschaftliche Lage in Deutschland jetzt als überzogen schlecht darstellen“, betont Horn, „handeln sie unverantwortlich und vergiften das wirtschaftliche Klima.“
Dr. Hans-Eberhard Koch schlägt in die gleiche Bresche: „Die Stimmung ist im Augenblick schlechter als die Lage“, erklärt der Vorsitzende des Landesverbandes der Baden-Württembergischen Industrie (LVI). Er empfiehlt der Politik, „jeglicher steuerlicher Verlockung“ zu widerstehen. Die Diskussionen um eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder die Mindestbesteuerung für große Unternehmen verunsicherten die Industrie und seien Gift für die Konjunktur, meint der LVI-Chef aus dem Südwesten.
Nackte Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die deutschen Exporte beispielsweise sind seit 1998 um mehr als 25 % gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt hat seit 1992 nur um durchschnittlich 1,4 % pro Jahr zugelegt. Die schwachen Jahre 2001 und 2002 sind auch eine Folge des übermäßig aufgeblähten Dotcom-Booms des ausgehenden 20. Jahrhunderts, sind sich die Experten einig. Außerdem: Eine Wirtschaftsmacht wie Deutschland kann ganz sicher nicht die Wachstumsraten anderer Länder erreichen, die noch viel in ihrer Entwicklung aufholen müssen.
Schluss mit der Panikmache, fordert deshalb Matthias Horx, Gründer und Chef des Zukunftsinstituts in Kelkheim. Er plädiert für einen anti-zynischen und hysteriefreien Umgang mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation. „Der Wandel von gesicherten Märkten auf das neue globale Kräftespiel“, erklärt der Trendforscher, „verursacht Schmerzen und Verunsicherungen. Aber er ist kein Schicksal.“
Industrieanzeiger
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