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Die gläserne Supply Chain

Prozessmanagement: Simulation verbessert Termintreue
Die gläserne Supply Chain

Termintreue und kurze Durchlaufzeiten sind die Eckpfeiler für Produktivität. Der Maschinenbauer Willi Stürtz hat für dieses Ziel seine Auftragsprozesskette mit einer Supply-Chain-Software erfolgreich neu organisiert.

Das rheinland-pfälzische Unternehmen Willi Stürtz Maschinenbau GmbH wollte seinen internen Informationsfluss optimieren und die Wertschöpfungskette effizienter steuern. Der Mittelständler organisiert seine Auftragsprozesskette mit Hilfe einer Software für das Supply Chain Management (SCM). Auch die IT-Infrastruktur war schon vorhanden: Ein Fertigungsleitrechner verwaltet zusammen mit einem Produktionsplanungssystem (PPS) die Daten der Maschinen- und Montageterminals, die am Produktionsprozess beteiligt sind. „Was uns fehlte war der Blick auf den Gesamtprozess mit integrierter Planung und synchronisiertem Material- und Informationsfluss“, sagt Jörg Breuer, Bereichsleiter Prozessmanagement bei Stürtz.

Der Maschinenbauer holte sich Berater des Münchner SCM-Spezialisten Wassermann AG ins Haus. Die analysierten die Auftragsabwicklung, notierten Durchlaufzeiten und verschafften sich ein Bild über Lagerbestände und die Kommunikationswege zwischen den Mitarbeitern. Das Ergebnis war ernüchternd: Reibungsverluste durch Planungsfehler und unnötiger Aktionismus in den Fachabteilungen. Ein weiterer Befund waren lückenhafte Grunddaten und fehlende Kenntnisse über Änderungswünsche der Auftraggeber. Das hatte zur Folge, dass aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse plötzlich Termindruck entstand, der wiederum die Zusammenarbeit der Mitarbeiterteams empfindlich störte. Selbst technische Projektfragen klärten die zuständigen Experten mitunter erst nach der Auftragsvergabe. „Das war für uns ein klarer Fall für fehlende Transparenz entlang der internen Supply Chain“, erinnert sich Peter Volker Grau, Projektleiter bei Wassermann.
Mehr Licht in den Gesamtprozess brachte die grafische Supply-Chain-Visualisierung. Mit Hilfe von Simulationstechniken, die das Wassermann-Tool „waySCS“ zur Verfügung stellt, prüfen die Produktionsplaner am Bildschirm den Verlauf von Produktionsszenarien. Die Software zeigt auftretende Planungskonflikte, identifiziert drohende Engpässe bei bestimmten Arbeitsschritten oder warnt bei falscher Materialdisposition. Mit Hilfe dieser Informationen lassen sich bereits im Planungsstadium Korrekturen an den einzelnen Prozessschritten vornehmen, so dass nach der Auftragsfreigabe eigentlich nichts mehr schief laufen kann.
Die 250 Mitarbeiter von Stürtz beliefern in erster Linie Abnehmer in der Fensterbaubranche weltweit. Zu den Produkten zählen automatisierte Stabbearbeitungszentren, Schweiß- und Verputzlinien, Montageautomaten bis hin zu Kompletteinrichtungen.
Die Planungsoptimierung führte bei Willi Stürtz zu messbaren Vorteilen in der Auftragsabwicklung. Vor allem in der zeitlichen Abwicklung von Aufträgen herrscht heute wesentlich mehr Planungssicherheit. Während in früheren Jahren bei der Auslieferung und Installation von Anlagen unerwartete Terminverschiebungen von 14 Tagen und mehr keine Ausnahmefälle waren, gilt heute der vereinbarte Liefertermin. Nur wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ein weiterer Punkt betrifft die Kommunikation zwischen den intern beteiligten Teams und Entscheidern sowie den Dienstleistern und Zulieferern, die in die Prozesskette eingebunden sind. Immer wieder stellten die Stürtz-Planer fest, dass terminlich veränderte Kundenaufträge nur zeitlich verzögert bei den entscheidenden Stationen innerhalb der Supply Chain ankamen. Bleibt eine rasche Kommunikation über die Terminänderung aus, hat das erhebliche Auswirkungen auf die geleistete Wertschöpfung. Denn je nach Richtung der Umterminierung arbeiten die Mitarbeiter an Werkstücken, die für den aktuellen Auftrag gar nicht gebraucht werden und vollkommen ohne Priorität sind. Oder sie sind mit Teilen beschäftigt, die längst in der Endmontage sein sollten. „Wir sprechen von einer asynchronen Prozesskette, die von Blindleistung übersät ist“, erläutert Wassermann-Projektleiter Grau. Mit Hilfe der Prozess-Simulation gehören solche Kommunikationspannen der Vergangenheit an. Denn das System erkennt sofort Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Auftragsstatus und kommuniziert diese Abweichung per Datenleitung über die komplette Prozesskette. „Das Geheimnis liegt einfach darin, die richtigen Dinge zum richtigen Zeitpunkt zu erledigen“, betont Projektexperte Grau.
Kommt es zu weniger Blindleistung, wirkt sich das günstig auf die Lagerbestände und Durchlaufzeiten aus. Idealerweise ist jeder Handgriff und jedes Arbeitsteil auf den aktuellen Auftrag bezogen. Nichts wandert mehr halbfertig ins Lager, weil im Moment keine Verwendung besteht. Die Auftragsreihenfolgen gehorchen dem Zeittakt der Produktionsplanung und so genannte Arbeitsvorratslisten geben genau vor, was zu tun ist.
Die Simulationssoftware erzeugt täglich neue operative Prozessvorgaben. Das hat den Vorteil, dass für ein enges Zeitfenster pro Arbeitsplatz eine terminlich geordnete To-Do-Liste für alle Mitarbeiter zur Verfügung steht, die am Prozess beteiligt sind. Die Verwaltung der Daten findet in einem eigenen Softwaremodul namens wayMES statt. Dieses dient der Kommunikation zwischen Planungsabteilung und allen Fachbereichen des Unternehmens. Das Tool enthält zudem Funktionen für die Betriebsdatenerfassung (BDE). Der Grund ist einleuchtend: Mit dem Modul können an jeder Arbeitsstation Rückmeldungen vom Mitarbeiter formuliert und an das Simulationssystem zurückgesendet werden. Damit schließt sich der Informationskreislauf: Die Rückmeldungen liefern dem Planer zeitnahe Informationen darüber, ob der Prozess sich noch im vorgesehenen Zeitrahmen befindet.
Damit der Gesamtablauf durch fehlerhafte Rückmeldungen nicht durcheinander gerät, unterliegen die Meldungen einer automatischen Plausibilitätsprüfung. Die Software merkt sich den Vorgänger-Status und kann darüber offensichtliche Fehleingaben bei aktuellen Rückmeldungen erkennen. Ein zwar grobmaschiges aber durchaus wirkungsvolles Instrument, das Eingabefehler durch den Anwender nicht gleich für bare Münze nimmt.
Im Bereich Logistik und Produktion sind Arbeitsvorratslisten nicht unbekannt. Sie gehören zu jenen Instrumenten der Planer, die den Status eingebuchter Arbeitsfolgen entlang der Bearbeitungskette verfolgen und anzeigen. Als Herzstück jedes Produktionsauftrages zeigt diese Liste den aktuellen Arbeitsvorrat für jede Abteilung oder Maschine und bietet dem Mitarbeiter Dialogfunktionen mit dem Planungssystem an. Damit die Vorgaben tatsächlich mit der Material- und Ressourcenverteilung übereinstimmen und Mitarbeiter flexibel auf unterschiedliche Bedarfssituationen reagieren können, sind sehr gute Vorarbeiten notwendig: „Nur eine tagesgenaue und flexible Planung macht aus den Listen ein effizientes Medium“, unterstreicht Stürtz-Manager Breuer.
Andreas Beuthner Fachjournalist in Buchendorf
Software erkennt Fehleingaben automatisch
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