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„Diskussion um Basel II bringt Mittelständler zum Nachdenken“

IKB Leasing-Geschäftsführer Wilhelm Lindemann zum Leasing von Produktionsanlagen
„Diskussion um Basel II bringt Mittelständler zum Nachdenken“

„Diskussion um Basel II bringt Mittelständler zum Nachdenken“
Wilhelm Lindemann, Geschäftsführer der IKB Leasing GmbH in Hamburg: „Beim Maschinenleasing erwarten die Leasingnehmer von uns individuelle Lösungen.“
Die deutschen Mittelständler entdecken zunehmend das Leasing, um ihren Maschinenpark zu finanzieren. Wilhelm Lindemann, Geschäftsführer der IKB Leasing GmbH in Hamburg, sieht eine Vielzahl von Gründen für diesen Trend.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering – tilman.voegele@konradin.de

Herr Lindemann, so manche Geschäftsbank geht vor dem Basel-II-Hintergrund bei der Kreditvergabe an Mittelständler restriktiver vor. Kapital werde knapp, heißt es. Erhält die Finanzierungsalternative Leasing dadurch einen neuen Schub?
Die Einschätzung, dass Kapital knapp wird, würde ich so nicht teilen. Allerdings werden nach Basel II von den Banken die Risikokosten der Engagements den Kunden verursachungsgerechter zugeordnet. Das bisher in der Praxis vorzufindende Prinzip der Einheitsmarge – unabhängig von der Bonität eines Unternehmens – wird damit aufgehoben. Festzustellen ist allerdings, dass die damit angestoßene Diskussion viele mittelständische Unternehmen dazu bringt, ihre eingesetzten Finanzierungsinstrumente nochmals zu überdenken. Bei einigen ist dann in der Tat zu erkennen, dass sie sich dem Thema Leasing verstärkt zuwenden.
Warum gilt Leasing häufig nur als zweite Wahl, wenn es mit dem Bankkredit nicht klappt?
Im Jahre 2001 lag der Anteil des Mobilienleasing an den gesamtwirtschaftlichen Ausrüstungsinvestitionen, die sogenannte Leasingquote, bei über 20 Prozent. Investitionen im Wert von fast 40 Milliarden Euro wurden im Wege des Leasing finanziert. Ich behaupte, dass davon 99 Prozent zu Stande gekommen sind, ohne dass eine Bank je gefragt wurde, ob sie die Finanzierung darstellen möchte – geschweige denn, dass sie Gelegenheit gehabt hätte, so eine Anfrage abzulehnen. Leasing ist nicht zweite, sondern erste Wahl, was sich auch in Zukunft durch eine wachsende Leasingquote bestätigen wird.
Der Mittelstand gilt in Finanzierungsfragen als konservativ; viele wollen lieber Eigentum erwerben, anstatt zu leasen. Stellen Sie dort einen Sinneswandel fest?
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat zu dieser Fragestellung jüngst das Ergebnis einer Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Leasing vom Kleinbetrieb bis Großunternehmen wichtiger eingestuft wird als früher. Diese Studie deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, die ich in Gesprächen mit unseren mittelständischen Kunden sammle.
Welche Varianten fragen Betriebe beim Maschinenleasing am häufigsten nach?
Gerade beim Maschinenleasing erwarten unsere Leasingnehmer kompetente Beratung und vor allem individuelle Lösungen. In die Vertragsgestaltung fließen der Wertverzehr der Maschine, die Laufleistung, Stichwort Einschicht/Mehrschichtnutzung, die aktuelle und zukünftige Auftragslage und natürlich auch die allgemeine Finanzplanung eines Unternehmens ein. Standardlösungen wie beim Leasing von kleineren IT-Produkten oder im Bereich Autoleasing sind im Maschinenleasing eher die Ausnahme als die Regel.
Worin liegen denn die Risiken, wo liegt der zusätzliche Nutzen?
Kein Investor geht ein zusätzliches Risiko ein, wenn er sich bei der Finanzierung von Maschinen für Leasing entscheidet. Die Vorteile des Leasing liegen sicher in der unbürokratischen und einfachen Abwicklung, in Liquiditätsaspekten, steuerlichen Vorteilen und nicht zuletzt auch in den attraktiven Konditionen.
Sie sind als Anbieter in Osteuropa präsent. Was ändert sich dort für den deutschen Produktionsbetrieb?
Konkret sind wir mit eigenen Gesellschaften in Polen, Ungarn und Tschechien vertreten. In diesen Ländern herrschen andere Regeln für das Leasing als in Deutschland. Die Leasingvorschriften dort orientieren sich mehr an dem angloamerikanischen Leasingansatz. Es gibt darin zwei grundsätzlich unterschiedliche Modelle, das Operate-lease und das Finance-lease. Diese unterscheiden sich inhaltlich deutlich von unseren Vollamortisations- und Teilamortisationsverträgen nach den deutschen Leasingerlassen. Aber wir beherrschen auch diese Regeln.
Wie bedeutend sind herstellergebundene Finanzierungsangebote beim Leasing von Produktionsanlagen?
Andere Spielregeln beim Leasing in Osteuropa
Hersteller-Leasinggesellschaften finden sich insbesondere im Automobilmarkt und bei IT-Produkten. Maschinenhersteller, die über eigene Leasinggesellschaften verfügen, trifft man nicht so häufig. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der mittelständischen Struktur des deutschen Maschinenbaus und vor allem in dem hohen Kapitalbedarf, den das Leasinggeschäft mit sich bringt. Es gibt aber eine Reihe von Joint Ventures zwischen Leasinggesellschaften und Maschinenbauern, die sogenannte Same-Name-Leasinggesellschaften betreiben. In diese Joint Ventures bringen die Hersteller ihren Namen, die Produkte und die Kundenbeziehungen ein, während die Leasinggesellschaft das Leasing-Know-how und das notwendige Kapital dazuliefert. In diesem Bereich sind wir übrigens auch mit namhaften Unternehmen engagiert und sehen darin eine interessante Ergänzung unserer Geschäftstätigkeit.
Welche Rolle spielt Ihr Mutterhaus, die IKB Deutsche Industriebank AG?
Die IKB unterstützt uns bei allen unseren Aktivitäten am Markt und stellt uns das notwendige Kapital für unser Leasinggeschäft zur Verfügung. Eine Muttergesellschaft, die so wie die IKB mit dem deutschen Mittelstand verbunden ist, ist sicher ein nicht hoch genug zu bewertendes Asset für uns, um das uns sicher viele Wettbewerber beneiden.
Basel II: Was passiert da eigentlich genau?
Basel II gilt als Synonym für den vieldiskutierten Rückzug von Banken aus dem Kreditgeschäft mit Mittelständlern. Die neuen Regeln richten sich nur mittelbar an Unternehmen. Ab 2007 erst werden die neuen Regeln für die Kreditinstitute greifen.
B eim Begriff Basel II geht es um die internationalen Eigenkapitalanforderungen an Banken, mit denen sie Kredite absichern müssen. 1992 trat der erste Beschluss des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht in Kraft: Basel I. Seitdem gilt ein Satz von 8 % Eigenkapital, mit dem die Institute Kredite an Firmen hinterlegen müssen. Es ist dabei egal, ob das kreditnehmende Unternehmen kerngesund ist oder am Rand der Pleite steht.
Um dem internationalen Bankensystem mehr Sicherheit zu geben, beschloss das Baseler Gremium, die Höhe der Eigenkapitalhinterlegung von der Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredites abhängig zu machen: hohe Sicherheit – geringe Eigenkapitalanforderung, geringe Sicherheit – hohe Eigenkapitalanforderung.
Das erste Konsultationspapier stieß (wie mehrfach im Industrieanzeiger berichtet) auf harsche Kritik des Mittestands. So sollten beispielsweise nur kostenintensive externe Ratings von Rating-Agenturen zugelassen werden. Außerdem sollten längerfristige Kredite automatisch mit mehr Kapital hinterlegt werden. Seitdem mehrfach nachverhandelt wurde, sieht es für den Mittelstand besser aus:
– Firmenkredite unter 1 Mio. Euro werden gebündelt und von der Bank mit einer geringeren Eigenkapitalsumme hinterlegt.
– Bei Unternehmenskrediten unter 50 Mio. Euro können die Banken Abschläge bei der Gewichtung des Kreditrisikos bis zu 20 % vornehmen.
– Die nationale Finanzaufsicht kann Kredite an Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. Euro von Zuschlägen zur Eigenkapitalunterlegung freistellen und bei längerfristigen Krediten von Laufzeitzuschlägen befreien.
– Interne Bankenratings werden externen Ratings durch Agenturen gleichgestellt.
Wie die endgültigen Vorschriften aussehen werden, steht noch aus. Im Mai nächsten Jahres wird ein neues Konsultationspapier erwartet. Im Herbst sollen die neuen Eigenkapitalvereinbarungen veröffentlicht werden. Danach wird eine Testphase ab dem Jahr 2006 vorbereitet. Zum Jahreswechsel 2007 soll das neue Regelwerk schließlich in Kraft treten. (Quelle: WGZ Bank.)
Industrieanzeiger
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