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Durchblick im Know-how-Dschungel

Aus Daten und Erfahrungen wird abrufbares Wissen
Durchblick im Know-how-Dschungel

Durchblick im Know-how-Dschungel
Wissensmanagement versetzt Fertigungstechniker in die Lage, Wissen zu speichern, zu verteilen und weiter zu entwickeln. Ein Wissens-Bus weist den Weg durch den Betrieb und schafft zudem als „lebendes Lexikon“ den Durchblick im Datenwust.

Dr. Lothar Ophey ist Geschäftsführer der Inno-Tech GmbH in Kempten, Nancy Katrin Sentner ist dort Mitarbeiterin

Gerade Chefs kleinerer und mittlerer Produktionsunternehmen reagieren oft mit einem Schulterzucken, wenn sie gefragt werden: „Wie kommt man möglichst schnell an das Expertenwissen, das zur Lösung eines aktuellen Problems benötigt wird?“ Sicher ist, dass dieser Aspekt die Unternehmer in den nächsten Jahren herausfordern wird.
Schließlich existiert mit dem Internet als globalem Kommunikationsmittel und dem derzeitigen weltweiten Anstieg von Nutzern bereits eine technische Lösung, um Wissen zu verteilen und darauf zuzugreifen. Von 1995 bis 2001 ist die Zahl der Internet-Adressen weltweit emporgeschnellt. Allein in den USA haben die Web-Adressen in dieser Zeit um das 23fache zugenommen.
Das Hauptaugenmerk richtet sich auf das Erfassen und Erklären von Wissen. Doch der Großteil unseres Wissens liegt in impliziter Form vor, das heißt alle Erfahrungen und Erkenntnisse werden auf der menschlichen Festplatte, dem Gehirn, gespeichert. Somit hat nur das Individuum Zugriff auf diese Informationen. Um so wichtiger ist es, dass dieses implizite Wissen irgendwie – gleich ob schriftlich, im Intra- oder Internet oder durch festgelegte Verfahrensregeln – dokumentiert und in explizite Form umgewandelt wird.
Wer diesen Aspekt vernachlässigt, dem drohen weitreichende Konsequenzen. Viele Unternehmen mussten dies schmerzlich erfahren, als sie ihre älteren Mitarbeiter in Vorruhestand oder in Pension schickten. Nach kurzer Zeit stellten sie fest, dass wichtiges Erfahrungswissen über Abläufe und Prozesse mit in „Rente“ gegangen war. Aus diesem Fehler haben die Firmenchefs gelernt. Viele sind inzwischen bestrebt, eine Wissensbasis im Unternehmen zu schaffen, zu etablieren und zu pflegen.
Praktisch umsetzen lässt sich dies, indem im Betrieb ein sogenannter Wissens-Bus eingeführt wird, der sich durch sämtliche Abteilungen zieht und externe Partner berücksichtigt (siehe Grafik). In jedem Unternehmen existiert ein Kreisprozess zwischen den einzelnen Bereichen oder Funktionen. Im Maschinenbau beginnt dieser Kreislauf mit der Vertriebsfunktion, gefolgt von F+E, Konstruktion über Produktion bis hin zum Service. Zwischen diesen Funktionen oder -bereichen bestehen informative und kommunikative Schnittstellen. Diese Barrieren verhindern jedoch oft einen reibungslosen Datenaustausch. Gleichzeitig unterhält jede Funktion einen regen Informations- und Kommunikationsaustausch mit externen Partnern und Einrichtungen. So steht etwa der Vertrieb ständig in Verbindung mit den unterschiedlichsten Märkten und Kunden. Die Mitarbeiter, die in den verschiedenen Segmenten dieses Kreisprozesses tätig sind, benötigen zu den unterschiedlichsten Zeiten wichtige unternehmensinterne wie auch -externe Informationen.
Jeder Mitarbeiter ist in seiner Funktion ein Experte, der über ein Spezialwissen verfügt. Dieses Know-how existiert wiederum nur in impliziter Form, was den Zugriff darauf immens erschwert, wenn diese Person nicht am Platz ist. Der Wissens-Bus dient dabei als Instrument, um implizites Wissen des Einzelnen in explizites Wissen der Gemeinschaft umzuwandeln, damit jeder Mitarbeiter unabhängig von Ort, Zeit und Person darauf zugreifen kann.
Mit dieser Wissensdatenbank lassen sich einerseits allgemeine Informationen, wie etwa Mitteilungen der Geschäftsführungen, Auditergebnisse oder Handbücher, innerhalb kurzer Zeit im gesamten Unternehmen veröffentlichen. Andererseits kann damit eine Auftragsdokumentationen angelegt werden, wo jeder Beteiligte die am Fertigungsprozess benötigten Daten entnehmen und ebenso nach Bearbeitungsende hinzufügen kann, ohne dass zwischen den einzelnen Produktionsschritten ein Informations- oder Datenverlust entsteht.
Ein weiterer Vorteil eines solchen Wissens-Busses ist seine Eigenschaft als „lebendes Lexikon“, das die Web-Technologie quasi als Verschiebebahnhof für Informationen nutzt. Dabei erhält jeder Mitarbeiter bei auftretenden Problemen die Möglichkeit, über das System seine Erfahrungen mit anderen Kollegen im Haus oder externen Spezialisten auszutauschen, um Lösungen für das eigene Problem zu erhalten. Für Aufbau und Organisation eines lebenden Lexikons haben sich vier Ansätze herausgebildet: Knowledge Center, Guide, Community und Neuronales Modell (siehe Kasten rechts).
In der Fertigung viele Möglichkeiten, Wissen zu verteilen
Die Anwendungsmöglichkeiten machen deutlich, dass Wissensmanagement nicht mehr nur eine akademische Übung im Elfenbeinturm ist. Damit ergeben sich auch in der Fertigungstechnik vielfältige Möglichkeiten, Wissen zu speichern, zu verteilen und weiter zu entwickeln. Hier gilt es nun, die Anwendungen entsprechend zu gestalten, damit die Mitarbeiter motiviert und engagiert diese Werkzeuge richtig nutzen.
Wege zur betrieblichen Wissensbasis
Vier Modelle schaffen reichlich Spielraum, um im Unternehmen einen Wissen-Bus aufzubauen und zu organisieren. Jeder dieser Ansätze – vom Knowledge Center bis zum Neuronalen Modell – lässt sich zum „lebenden Lexikon“ ausbauen. Mit der Internet-Technologie als Infrastruktur sind die Mitarbeiter dann in der Lage, Wissen aufzubauen, zu verteilen und zu nutzen.
Knowledge-Center-Modell: Der Vorteil liegt in der Einfachheit der Bedienung. Beispielsweise werden alle Informationen, die zum Abarbeiten eines Auftrages notwendig sind, in das Knowledge Center eingestellt. Jeder Beteiligte kann zu jeder Zeit mit wenigen Mausklicks die gewünschten Informationen abrufen. Der Nachteil eines solchen Modells liegt einerseits darin, die Aktualität des Wissenspotenzials sicherzustellen – werden neu gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen auch tatsächlich dem bestehenden Wissensbestand hinzugefügt oder bereits bestehende Sachverhalte überarbeitet? Andererseits fehlen konkrete Ansprechpartner bei auftretenden Problemen. Die Suche nach Lösungen gestaltet sich somit als sehr zeitaufwendig.
Guide-Modell: Im Gegensatz zum Knowledge Center basiert dieses Funktionsprinzip auf Selbsternennung oder Benennung firmeninterner Spezialisten für ein jeweiliges Fachgebiet. Der Vorteil eines solchen Modells liegt in der Kompetenz der Ansprechpartner bei Problemfällen. Allerdings könnte sich der Zugriff auf den gewünschten Experten als nachteilig erweisen, wenn die Suche nach den Spezialisten zu zeitintensiv ist, weil eine flache und eindeutige Struktur des Systems (Intranet) fehlt.
Community-Modell: Hier steht nicht das Wissen eines Einzelnen im Vordergrund, sondern der Teamgeist oder das Wissenspotenzial einer Gruppe. Personen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen schließen sich prozessübergreifend zu einer Community (Gruppe) zusammen, die dann eine oder mehrere Aufgaben innerhalb eines Projektes bearbeitet. Die Geschäftsleitung, die die Aufgaben an die einzelnen Teams verteilt, betreut auch diese. Bei diesem Funktionsprinzip werden die sozialen Gefüge und Verbindungen innerhalb eines Unternehmens gestärkt.
Neuronales Modell: Bei diesem Modell eines „lebenden Lexikons“ existieren weder Spezialisten oder Gruppen für Fachgebiete. Vielmehr kann jeder Mitarbeiter vorhandene oder neue Wissensaspekte individuell miteinander verknüpfen. Vorteil: Die neu entstandenen Dokumente lassen sich regelmäßig gemeinsam bewerten und aussortieren. Wird dies jedoch vernachlässigt, wirkt sich das nachteilig auf die Bedienbarkeit und Effizienz des Lexikons aus.
Aus Daten Zusammenhänge darstellen: 4 Modelle für den Wissensaustausch
Knowledge-Center-Modell
– Bereitstellen des gesamten Wissenspotenzials, das für eine zielstrebige Entwicklung und Abwicklung der Aufgabe notwendig ist
– Schwerpunkt liegt dabei auf maximaler Anwenderfreundlichkeit
Guide-Modell
– (Selbst-)Ernennung von Spezialisten zu unternehmensrelevanten Fachgebieten
– Betreuung des Fachgebietes nach vordefinierter Intranet-Struktur
– Komprimierter Zugriff auf die Experten über ein Intranet-Portal
Community-Modell
– Unterstützung der Bereichs- und Geschäftsprozess-übergreifenden Zusammenarbeit von Experten und -gruppen
– Definition einer Auf- gabe für jede Gruppe
– Direkte Betreuung der Gruppen/Teams durch die Geschäftsführung
Neuronales Modell
– Permanentes und assoziatives Verknüpfen vorhandener und/oder neuer Wissensaspekte durch alle Benutzer des Intranets
– Organisiertes Lernen durch regelmäßiges Bewerten und Auslesen von Dokumenten
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