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E-Business als Türöffner für neue Absatzmärkte

Internet erweitert Spektrum der unternehmensweiten Lösungen
E-Business als Türöffner für neue Absatzmärkte

Nahezu alle Anbieter betriebswirtschaftlicher Software erweitern ihre Programme um E-Business-Lösungen. Doch jenseits von Web-Shop und Internet-Portal hat die Systems einen weiteren Trend markiert: Branchenlösungen sollen kleinere Unternehmen fit machen für den Wettbewerb.

Von unserem Redaktionsmitglied Dietmar Kieser

Sensationelle Neuigkeiten suchten die Messebesucher der Münchener Systems vergebens. Einige Tendenzen zeichneten sich dennoch ab, wie das Angebot bei den Programmen zum Erfassen und Steuern von Geschäftsprozessen (ERP) zeigte. So ist das E-Business nicht mehr aufzuhalten. Mit dem verstärkten Aufkommen elektronischer Einkaufslösungen, den sogenannten Web Shops, im Verbund mit Internet-Technologien wächst zugleich der Bedienkomfort: Anwender können künftig höchst ergonomisch über Web-Browser navigieren.
Eine derartige Bedienerführung bleibt aber nicht auf das ERP-Modul für den Handel im weltweiten Datennetz beschränkt. So will die Proalpha Software AG aus Weilerbach zur Cebit im nächsten Jahr Teile ihrer ERP-Lösung Proalpha damit ausstatten. Ein integrierter XML-Parser macht die objektorientierte Software fit, um via Internet Prozesse abwickeln zu können. Sinnvolle Komponenten werden „zugekauft und integriert“, nannte Vorstand Werner Ernst auf der Systems die Strategie. Der Zugang, so Ernst, erfolge direkt aus dem Browser heraus.
Ihr Geschäftsmodell des E-Business dehnen die Pfälzer auf einen Application Providing genannten Service (ASP) aus. Informatikleistung zu vermieten, ist zwar nicht neu. Doch wo bislang Datenbits via Standleitung vom externen Rechenzentrums-Dienstleister den Anwender erreichten, soll er künftig komplette Anwendungslösungen, Informationen und Services quasi aus der Steckdose erhalten. Branchenkenner prophezeien diesem Markt ein riesiges Potential: 6,4 Mrd. US-$, schätzt Forrest Research aus Massachusetts/USA, sollen im Jahr 2001 auf dem US-Markt mit ASP erzielt werden. Die Analysten der Londoner Durlacher Research kalkulieren für Europa Umsätze von 340 Mio. US-$. Leo Ernst, kaufmännische Vorstand von Proalpha, denkt beim ASP-Serviceangebot besonders an „kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 20 Anwendern“, die er mit seiner Gesamtlösung bis dato „nicht erreichen kann“. Denkbar hält er einen Mindestpreis von monatlich 300 DM pro User. Entscheidend sei aber letztendlich der Bedarf.
Auch die AP AG will neue Wege beschreiten. Das auf der Systems vorgestellte E-Commerce-Modul für die betriebswirtschaftliche Standardsorftware P2 zeigt, wohin die Reise der Karlsruher geht: in Richtung Web. Das Modul Internet Shop ist das erste Beispiel für die künftige Web-basierende Software-Architektur der neuen Produktgeneration P2plus, die unter Windows 2000 laufen wird. Für das Ergebnis, das auf der kommenden Cebit erstmals komplett zu sehen sein wird, hat Vorstand Harald Witte das bisherige Software-Konzept „in Frage gestellt“, wie er in München sagte. Durch die völlige Umstellung auf Internet-Technologie sei das neue System modularer und offener als bislang und lasse sich noch mehr erweitern. Indem er sämtliche AP-Lösungen voll auf das Internet ausrichtet, will sich Witte von dem engen Begriff eines ERP-Anbieters trennen. Künftig positioniert er sich als Lieferant von E-Business-Lösungen.
Die Abkehr vom reinen Softwarelieferanten zum umfassenden Dienstleister für Informationstechnologie verfolgt auch die Bäurer AG. Der Hüfinger ERP-Anbieter will sich laut Firmenchef Heinz Bäurer zum „IT-Manager“ für seine mittelständische Klientel mausern. In die Waagschale werfen die Schwarzwälder ihr Beratungs-Know-how rund um die objektorientiert aufgebaute ERP-Software b2, die bislang Bäurer 2 hieß. Über die Installation einer IT-Lösung hinaus bietet sich Bäurer als Dienstleister an, der per Informationstechnologie alle Geschäftsprozesse unterstützt. Für Heinz Bäurer kann dies „bis zum kompletten IT-Outsourcing gehen“. Unter der Plattform b2 würden bis Mitte nächsten Jahres Funktionen aus den zugekauften Systemen Ifax Open (GSC, Konstanz) und Dialog (von BOG, Kiel) in die neuentwickelte b2-Business-Lösung integriert. Die Außenanbindung ist mit dem auf der Systems vorgestellten Web Shop gesichert.
Einen Online Shop bietet zwar auch Navision an, auf dem Messestand gab es die neue Version 2.01 für Navision Financial zu sehen. Was jedoch die Software-Architektur betrifft, bleiben die Dänen ihrem bewährten Konzept treu. Objektorientiert, und damit modern programmiert, läßt sich die Komplettlösung skalieren und ohne Einschränkung erweitern. Wie alle Basismodule wird auch die Komponente für E-Commerce direkt aus dem ERP-System eingerichtet und gepflegt. Vorteil für den Anwender: Er befindet sich in seiner gewohnten Benutzerumgebung. Wer im Umgang mit Browsern geübt ist, kann aber auch hier mit Elementen wie Pull-down-Menüs und Auswahlfeldern arbeiten.
Weitere Akzente setzt der Anbieter, dessen größte Niederlassung von Hamburg aus agiert, bei Branchenlösungen. 29 der insgesamt 116 Solution Center zeigten auf dem Messestand vielfältige Anwendungen. Das von Partnern getragene Branchenprogramm gilt den Dänen als zentraler Bestandteil ihrer Strategie. Denn künftig, hob Geschäftsleiter Sven Buck hervor, werde auch die Branchenkompetenz der Anbieter wettbewerbsentscheidend sein.
Der Aufbau von Branchenkompetenz ist das A und O
Einen ähnlichen Weg verfolgt Damgaard mit Deutschlandsitz in Böblingen. Wie Navision in Dänemark beheimatet, konzentriert sich der Lösungsanbieter auf Entwicklung und Integration in die Systemumgebung. Distributionspartner passen die beiden Programme Axapta und Concorde XAL auf die Kundenbedürfnisse an. Das zur Cebit 99 angekündigte ERP-System Axapta wird laut Deutschland-Chef Hans-Peter Bech derzeit bei Kunden implementiert. Für 25 bis 250 Nutzer in Fertigungsbetrieben konzipiert, ist die Business-Software objektorientiert erstellt. Während Axapta dank Web Shop jetzt auch den Einstieg in alle Bereiche des E-Commerce ermöglicht, zielt Concorde XAL auf die Bedürfnisse kleinerer Betriebe mit durchschnittlich 5 bis 10 Usern. E-Commerce, so Hans-Peter Bech, sei dort noch nicht das Thema. Diese Anwender verlangten anderes, etwa „Einführungszeiten von nur drei Monaten“, wie dies bei Axapta der Fall sei.
Die Zusammenarbeit mit Partnern ist auch für die PSI-Tochter Psipenta Teil ihrer strategischen Ausrichtung. Auf der Systems gaben die Berliner die Kooperation mit der Origin Deutschland GmbH bekannt. Der herstellerneutrale, international agierende IT-Dienstleister mit deutschem Sitz in Hamburg wird bei Kunden die ERP-Software Psipenta installieren. Überhaupt nutzte die PSI-Tochter den Messeauftritt, um zahlreiche Partner samt vielfältiger Lösungen ins rechte Licht zu rücken. Auf der Basis von Microsofts Entwicklungsumgebung Visual Basic for Applications (VBA) sind zielgruppengerechte Lösungen entstanden: etwa das EDM/PDM-System CIM Database, das 25 unterschiedliche CAD-Systeme an Psipenta ankoppelt.
Wie Fertigungsunternehmen ihren Betrieb effizienter steuern und ihre Kunden schneller versorgen können, zeigte auch die Infor AG aus Friedrichsthal. Über die neue Technik namens Infor:com soll sich die ERP-Kernsoftware Infor:NT über jeden Internet-Browser ausführen lassen. Vorteil für den Anwender: Standleitungen zwischen bislang weltweit vernetzten Geschäftsstellen entfallen. Kunden wiederum können via Internet Aufträge erteilen, Artikel abfragen, auswählen und bestellen. Daß die Saarländer ihre neue Strategie auf dem Web aufbauen, zeigten sie auch am Beispiel einer Infor:NT-Version, die komplett unter einer Internet-Browser-Oberfläche läuft.
Massiv ordnet auch die SAP AG ihr Angebot dem World Wide Web unter: Die Internet-Version der Standardsoftware R/3 haben die Walldorfer Mysap.com getauft. Erste Lösungsumgebungen wurden vor wenigen Wochen ausgeliefert. Organisatorisch basiert dieses Konzept auf dem Portal-Gedanken: Über das Web erhält der Anwender von SAP automatisch diejenigen Informationen, Services und Programme, die er benötigt. Das Angebot zielt bis auf den einzelnen Arbeitsplatz im Unternehmen: Über das Workplace-Portal soll das Internet – und mithin das SAP-Angebot – fester und problemloser Bestandteil des Berufsalltags werden wie etwa Telefon oder PC. Benötigt ein Sachbearbeiter Informationen und Dienste über das Unternehmen hinaus, offerieren ihm die Walldorfer diese über ihr Marktplatz-Portal. Das Mieten von Softwarepaketen oder kompletter Lösungen (Application Hosting), die in Rechenzentren zertifizierter SAP-Partner betrieben, gepflegt und aktualisiert werden, steht auch auf dem Plan.
Die Produkte für das Web geöffnet hat auch die britische Sage KHK mit Deutschland-Niederlassung in Frankfurt/M. Der für Marketing zuständige-Direktor Nigel Hudson blickt hierzulande auf „eine Basis von 230 000 Kunden, von denen rund 40 Prozent an das Internet angeschlossen sind. Doch erst 5 Prozent verfügen über eine Site. Ihnen wollen wir den Weg zum E-Commerce erleichtern.“ Über die neue Einstiegslösung PC-Kaufmann 2000 bietet Sage KHK Anwendern eine kostenlose Präsenz ihres Unternehmens im Internet. Voraussetzung dafür sei lediglich die Produktregistrierung. Kleine Unternehmen können sich so einen fünfseitigen Web-Auftritt gestalten. Das Angebot in den Markt trägt die PC-Handelskette Vobis – auch als Lösung im Bundle mit entsprechender Hardware.
Testsoftware: Erst prüfen, dann kaufen
Test vor Kauf – nach diesem Motto lädt ERP-Anbieter Vanenburg Business Systems (VBS), Hannover, mittelständische Auftragsfertiger zum Test ihrer Standardsoftware ein. Interessenten können kostenlos prüfen, ob sie mit dem Produkt, den Industry Solutions auf der Basis von Baan IV, zurecht kommen. Anhand einer praxisorientierten Musterfirma wird ein kompletter betriebswirtschaftlicher Ablauf abgebildet. Der Interessent erhält die Software vollständig installiert auf einem Notebook. Ein „Fahrplan“ liegt bei. Maximal 24 Stunden sollten für den Test der insgesamt neun Geschäftsprozesse veranschlagt werden. Hierfür hat der Nutzer drei Wochen Zeit.
Kommentar: Beam me up
Kaum ein anderes Forum ist so prädestiniert, die derzeitige Internet-Hysterie auf die Spitze zu treiben wie eine Computermesse. Zwar erhalten die allseits hochgehandelten Themen E-Commerce und E-Business bereits kräftig Konkurrenz in Form des Mobile Commerce. Doch der vielbeschworene WAP-Dienst, das Wireless Application Protocoll, der das Internet auf das Handydisplay beamen soll, bleibt noch vieles schuldig.
Anders die E-Variante: Shop-Lösungen, mit denen Unternehmen ihren Kunden anbieten können, Geschäfte über das globale Netz abzuschließen, gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Kaum ein Hersteller unternehmensweiter Software, der nicht einen Online Shop in sein Standardpaket integriert oder zumindest als Zusatz-Modul anbietet. Der Markt ist heiß umkämpft, zumal kräftige Zuwachsraten prognostiziert werden. Hinzu kommt ein auf den ersten Blick für die Anbieter erfreulicher Umstand: Anwender, die heute bereits mit einer E-Commerce-Lösung arbeiten, scheinen damit recht zufrieden zu sein. Dies hat eine Studie des Konradin Verlags unter mittelständischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und des Handels ergeben. Immerhin 57 Prozent der Anwender geben ihrem System die Schulnote zwei, fast 20 Prozent sogar die eins. Die Früh-Innovatoren sind sich ihrer Entscheidung sicher. Das Gros der umworbenen mittelständischen Anwender indes hat eine etwas andere Sicht: ERP-Module für das Personalwesen, das Archiv oder die Kundenbeziehungspflege (Customer Relationship Management; CRM) schätzen sie in den nächsten zwei Jahren für ihr Unternehmen wichtiger ein als den elektronischen Handel. Knapp die Hälfte, so das Ergebnis der Studie, fühlt sich von E-Commerce-Prozessen nicht betroffen. Vor den Anbietern liegt also viel Überzeugungsarbeit. Dabei könnte der extrem schnelle Wandel für sie arbeiten. Die Klagen, wonach die Anwender Informationstechnik immer nur als Kostenfaktor gesehen hätten, kämen ihm heute nicht mehr zu Ohren, bemerkte ein IBM-Manager. Statt dessen würden die Unternehmen IT mehr und mehr als Wettbewerbsfaktor anerkennen, mit dessen Hilfe sie sich im Markt differenzieren könnten. Und hierfür eignen sich kaum andere Technologien besser als Lösungen für E-Commerce und CRM.
Dietmar Kieser
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
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