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„Ein einmaliges Netzwerk“

VDMA-Landeschef Dr. Thomas Lindner fordert noch engere zusammenarbeit der Industrie
„Ein einmaliges Netzwerk“

Der baden-württembergische Maschinenbau steht derzeit hervorragend da. Der VDMA-Landesvorsitzende Dr. Thomas Lindner, im Hauptberuf Geschäftsführer bei Groz-Beckert, warnt dennoch vor Unwägbarkeiten von Seiten der Politik und der internationalen Konkurrenz.

Fast jede dritte deutsche Maschine wird in Baden-Württemberg produziert. Was zeichnet den Südwesten aus?

Zunächst ist es ein wohl weltweit einmaliges Netzwerk von Kunden und Lieferanten des Maschinenbaus sowie einer ausgezeichneten Infrastruktur an unternehmensnahen Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen in Baden-Württemberg, die uns in diese Position gebracht hat. Es sind aber auch unsere gut ausgebildeten Facharbeiter und Ingenieure und langfristig denkende Unternehmer, die zu ihren Unternehmen und Mitarbeitern stehen. Auch bei Forschung und Entwicklung tun die Unternehmen in Baden-Württemberg etwas mehr als in anderen Bundesländern.
Woher kommt das Innovationspotenzial? Gibt es den sprichwörtlichen schwäbischen oder badischen Tüftler noch?
Vielleicht steckt immer noch etwas von dem Tüftlergeist in uns drin. In der Realität haben wir es aber heute mit der Umsetzung neuester Technologien in Produkte und Dienstleistungen zu tun, mit denen wir international wettbewerbsfähig sind. Das erfordert eine hohe technische und wirtschaftliche Kompetenz der Entscheidungsträger und natürlich auch eine solide Ausbildung.
Der Maschinen- und Anlagenbau ist mit knapp 250 000 Beschäftigten der größte industrielle Arbeitgeber. Was muss die Branche tun, um diese besondere Position zu verteidigen?
Die derzeit gute Beschäftigungssituation im Maschinen- und Anlagenbau darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns weltweit ständig neue Wettbewerber unsere Position streitig machen wollen. Wir müssen deshalb mit unseren Kunden auf der ganzen Welt noch enger zusammenarbeiten und ihre Probleme umfassend lösen.
Welche Rolle spielt das Thema Technologie dabei?
Um technologisch an der Spitze bleiben zu können, müssen wir noch mehr in Forschung und Entwicklung und vor allem auch in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren. Zuletzt müssen wir ständig unsere Kostenstrukturen im Auge behalten und darauf achten, dass wir in Deutschland die effizientesten und am besten organisierte Fabriken der Welt haben.
Welche Veränderungen wünschen Sie sich bei den politischen Rahmenbedingungen?
Derzeit sehe ich die größten Handlungsbedarfe in der Steuer-, Arbeitsmarkt- und Forschungspolitik. Bei der derzeitigen Diskussion um die Unternehmensteuerreform müssen wir darauf achten, dass es tatsächlich zu einer Entlastung der Unternehmen kommt, die unsere Position im internationalen Wettbewerb verbessert. Ziel einer Arbeitsmarktreform muss es sein, den Unternehmen mehr Freiheiten zu geben, über Arbeitszeit und Entgelt auf betrieblicher Ebene entscheiden zu können. In der Forschungspolitik müssen sich EU, Bund und Länder mächtig anstrengen, das Lissabon-Ziel mit einer F+E-Quote von mindestens drei Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erreichen.
Derzeit erwartet der Maschinenbau das fünfte Wachstumsjahr in Folge. Was kommt danach?
Der Maschinenbau hat es in den letzten 50 Jahren gelernt, mit den zyklischen Aufs und Abs bei den Auftragseingängen zu leben. Derzeit durchlaufen wir eine außerordentlich lange Phase der Prosperität, die sich auch 2007 noch fortsetzen dürfte.
Kommt dann der Abschwung?
Kaum jemand kann uns derzeit seriös sagen, wie es 2008 weitergehen wird. Auf jeden Fall sind die Unternehmen gut beraten, sich auf eine neue Konjunkturdelle vorzubereiten. Und sie tun dies auch nach meinen Erkenntnissen.
Welche Gefahren sehen Sie für den Maschinen- und Anlagenbau?
International ist natürlich das Aufkommen neuer, häufig preisaggressiver Wettbewerber aus Niedriglohnländern, die oftmals auch nicht vor dem Kopieren unserer Produkte zurückschrecken, eine große Gefahr.
Welche Entwicklungen verfolgen Sie im Inland kritisch?
Im Inland sehe ich vor allem die Gefahr einer unzureichenden Leistungsorientierung in Politik und Gesellschaft. Das gilt übrigens auch für unser Bildungssystem, das viel zu wenig Anreize setzt, sich durch bessere Leistungen auszuzeichnen und weiterzuentwickeln. Das soziale Gerechtigkeitsempfinden überlagert bei uns immer noch alle Lebensbereiche.
Was wollen Sie während Ihrer Amtszeit als Vorsitzender des VDMA Baden-Württemberg alles erreichen?
Meine Ziele sind, einen Beitrag zur Verbesserung der Bildungssituation in Deutschland zu leisten, den Stellenwert des Mittelstands für die Politik zu verbessern sowie den VDMA Baden-Württemberg als effizienten Verband weiterzuentwickeln und die Stellung als anerkannter kompetenter Gesprächspartner für alle Stakeholder zu verstärken.
Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Maschinenbau in Baden-Württemberg
Umsatz (2005): 48,3 Mrd. Euro
Beschäftigte (2005): 247 900
Anteil am gesamten deutschen Maschinenbau: 32 %
Anteil an den Industriebeschäftigten in Baden-Württemberg: 20,6 %
Anteil am Industrieumsatz: 18,5 %
Betriebe: rund 1700
F+E-Quote: 3,5 %
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