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Ein fürstlicher Turbo

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Ein fürstlicher Turbo

Ein Adelshaus als Eigentümer und Spezialwissen in der Metallverarbeitung: Die Zollern-Gruppe beweist einen langen Atem und zeigt Gespür für die richtigen Trends.

Die Produkte wirken im Verborgenen: Sie rotieren im Windrad, summen im Turbolader, treiben Produktionsmaschinen an. Die Eigentümerfamilie hängt ihr Wirken selten an die große Glocke; die Zollern-Gruppe aus Laucherthal bei Sigmaringen ist meist nur Leuten vom Fach bekannt. Und sie feierte diesen Sommer ihren 300. Geburtstag.

„Das ist ungewöhnlich in Zeiten, in denen Unternehmen meist schon wie Kaffeebohnen gehandelt werden“, sagt der Hauptgesellschafter, Karl Friedrich Erbprinz von Hohenzollern. Die Schwaben haben sich auf bestimmte Disziplinen der Metallverarbeitung spezialisiert. Die 3000-Mitarbeiter-Firma entwickelt und fertigt Komponenten und Teile, die zentrale Funktionen in Maschinen oder Anlagen übernehmen: Stahlprofile, Gleitlager, Teile aus Feinguss und Sandguss, Schmiedeteile, Antriebskomponenten und Maschinenbauelemente.
„Wir haben in der Vergangenheit auf wesentliche Trends gesetzt und sind in vielen Bereichen Weltmarktführer“, berichtet Dr. Michael Holzbauer, der das Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren führte und sich jetzt in den Beirat zurückzog. Zollern setzte beispielsweise früh auf das Thema Energieerzeugung und -ersparnis. Heute sind die Süddeutschen nach eigenen Angaben führend bei Gleitlagerprodukten für Motoren und Getrieben für verschiedene Anwendungen, unter anderem für Windräder. „Rechtzeitig für den Boom der Windkraft haben wir unsere Kapazitäten erweitert“, erinnert sich der scheidende Geschäftsführer.
Anfang der 90er-Jahre hielt das Unternehmen an der Sparte Feinguss fest – zu einer Zeit, als mit dem Gießereigeschäft wenig zu verdienen war. Heute liefert Zollern feingegossene, besonders präzise bearbeitete Turboräder für Motoren und profitiert vom stark wachsenden Turbomotoren-Markt. Mit dem Wissen ist das Unternehmen ein gefragter Partner. „Wir begegnen den Automobilherstellern schon etwas mehr auf Augenhöhe als andere Zulieferer“, sagt Holzbauer. In den vergangene Jahren hat er gezielt Spezialfirmen zugekauft, um der Konkurrenz voraus zu sein: beispielsweise einen Spezialisten für das hochpräzise Schleifen, das für die variable Geometrie im Turbolader nötig ist.
Die Strategie zahlt sich derzeit aus: Im Geschäftsjahr 2007/2008 steigerte die Zollern-Gruppe den Umsatz um ein Viertel auf 533 Mio. Euro; 2008/2009 sollen sollen es 630 Mio. Euro werden. Die Auftragsbücher sind voll. In den kommenden Jahren wollen die Schwaben ein Investitionsprogramm in dreistelliger Millionen-Höhe stemmen.
Dem war nicht immer so. Auf Phasen der Prosperität folgten in der 300jährigen Geschichte lange Durststrecken, in denen die Eigentümer Geld aus der fürstlichen Schatulle zuschießen mussten, wie Karl Friedrich von Hohenzollern berichtet: „Hätte unsere Familie nicht immer hinter dem Unternehmen gestanden, es wäre heute bestimmt nicht mehr existent.“
Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Hidden Champions

nennt man sie auch – Unternehmen, die mit unscheinbaren Produkten den Weltmarkt dominieren. Diese Doppelseite präsentiert Ihnen ein Beispiel in drei Segmenten: die Anwendung, die Technologie, das Unternehmen.
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Zollern kurz und knapp…

Seit zehn Generationen ist die Zollern GmbH im Besitz der Gründerfamilie, dem Haus Hohenzollern in Sigmaringen. Es begann im Jahr 1708 mit einer Eisenhütte: dem Fürstlich Hohenzollernschen Hüttenwerk Laucherthal. Im Jahr 1878 endete die Eisenverhüttung, und in den folgenden Jahren entstand eine Bronze-Gießerei. 1935 nahm das Unternehmen die Gleitlagerfertigung auf, zu Beginn der 50er-Jahre die Feinguss-Produktion, 1972 die Getriebe-Produktion. Es entstanden Zweigwerke in Aulendorf und und Herbertingen, die Stahlsparte stellte auf Spezialprofile um, 1984 folgte die Sparte Handhabungstechnik. 1989 trat schließlich der Unternehmer Dr. Adolf Merckle als Gesellschafter ein, das Unternehmen firmierte in eine KG um und es entstand die heutige Zollern-Gruppe: In den Neunzigern übernahm der Metallverarbeiter die ABB-Tochter Isoprofil in Mannheim, die BHW Braunschweiger Hüttenwerk GmbH, die Zollern Speed Reducer Company Ltd. und die Friedrich Blickle & Co. GmbH in Winterlingen. In Tanjin/China entstand ein Montagewerk für Getriebe. Es folgten in diesem Jahrzehnt weitere Zukäufe: die Dorstener Maschinenfabrik AG in Dorsten, die Zollern TLC in Les Mureaux bei Paris, GMH Gleitlagerfabrik und Metallgießerei GmbH Herzberg/Harz sowie die Mimtec AG in Rorschach/Schweiz sowie die Thyssen-Krupp Aluminiumfeinguss Soest.
  • Gründung: 1708
  • Unternehmensleitung: Dr. Klaus F. Erkes (seit 2008)
  • Mitarbeiter: 3000
  • Umsatz 2007/2008: 533 Mio. Euro
  • 22 Werke und Niederlassungen
  • www.zollern.de

  • Klein, aber fein: Aus einem Guss

    Seit 1953 stellt die Zollern-Gruppe Feinguss-Teile nach dem Wachsausschmelzverfahren her. Es ist das älteste Gießverfahren überhaupt und seit der Bronzezeit bekannt. Diente es früher dazu, Schmuck und Pfeilspitzen zu gießen, werden seit den 40er-Jahren so beispielsweise auch Turbinenschaufeln für Flugzeugmotoren hergestellt. Die Technologie gehört zu den kompliziertesten Gießverfahren. Sie bietet aber sehr freie Gestaltungsmöglichkeiten, eine breite Werkstoffpalette, gute Oberflächeneigenschaften und enge Toleranzen. Die Technologie wird bei Zollern stetig weiterentwickelt und in drei Verfahren eingesetzt: dem Statischen Gießen, dem Aluminiumguss im Niederdruckverfahren und dem Gießen unter Vakuum. Gerade bei diesem Verfahren punktet derzeit Zollern: Dabei erfolgt der Schmelz- und Gießprozess unter Vakuum. Die Anlagen sind in der Regel nach dem Zwei-Kammersystem ausgeführt. Das heißt, eine Schmelzkammer befindet sich über der Gießkammer. Mit diesem Prozess lassen sich Gussteile mit hohen Güteanforderungen wie zum Beispiel Turbinenräder aus hochwarmfesten Legierungen vergießen. Der Vorteil liegt darin, dass die Schmelze nicht mit dem Luftsauerstoff in Berührung kommt. Dadurch lassen sich Legierungen gießen, die sehr sauerstoffafine Elemente wie Titan und Aluminium enthalten. Auch Gussteile mit besonders dünnen Wandstärken lassen sich in diesem Verfahren realisieren.
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