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„Einkauf muss Ideen aufspüren“

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„Einkauf muss Ideen aufspüren“

„Einkauf muss Ideen aufspüren“
„Der Einkauf benötigt eine technische Grundkompetenz.“
Die fränkische Rehau-Gruppe ist mit dem BME-Innovationspreis 2006 ausgezeichnet worden. Geschäftsführer Rainer Schulz erklärt, welchen Beitrag der Einkauf zum Innovationsmanagement bei dem Kunststoffverarbeiter leisten kann.

Herr Schulz, Gratulation zum BME-Innovationspreis. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Der BME-Innovationspreis stellt für uns eine besondere Auszeichnung dar. Der Stellenwert im deutschsprachigen Raum wird durch so prominente Vorjahressieger wie DaimlerChrysler, Gildemeister, Siemens oder Bayer unterstrichen. Er bedeutet eine kompetente und unabhängige Bewertung unserer Einkaufsprozesse und zeigt, dass der von uns eingeschlagene Weg nicht ganz falsch sein kann.
Was zeichnet diesen Weg aus?
Wenn der Einkauf in der Vergangenheit von den Fachabteilungen dazu bestimmt war, Preise zu verhandeln, so hat sich das Augenmerk in den letzten Jahren mehr auf Kostenmanagement verlagert. Und Kosten werden wesentlich durch die Art und Weise der Konstruktion, der Spezifikationsvorgaben oder der Materialauswahl vorgegeben, die somit Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen.
Damit wachsen auch die Anforderungen…
Auf jeden Fall. Um erfolgreich wahrgenommen zu werden, benötigt der Einkauf eine gewisse technische Grundkompetenz. Nur dann kann er sich früh in der Produktentstehung engagieren und gezielt das Know-how der Lieferanten in den Prozess einsteuern.
Und trägt er so zum Innovationsmanagement bei?
Ja. Innovationsmanagement ist bei uns nicht die Aufgabe einzelner Abteilungen, sondern durchgängige Kernaufgabe aller Bereiche und Ebenen. Speziell der Einkauf soll gezielt Lieferantenideen aufspüren und in die involvierten Fachabteilungen vermitteln. Er initiiert zum Beispiel Workshops mit ausgewählten Lieferanten. Verschiedene Innovationen bis hin zu kompletten Rohrprogrammen sind so entstanden. Der Einkauf bringt somit möglichst frühzeitig die Kompetenz der Lieferanten mit ein, idealerweise bereits in der Phase der Ideenfindung oder der Vorentwicklung.
Wie funktioniert das konkret?
Der Innovationsprozess spielt sich auf mehreren Ebenen ab. Mit unseren strategischen Geschäftsfeldern erarbeiten wir – abgeleitet aus den mittelfristigen Planungen – Suchfelder im Sinne eines Top-down-Prozesses. Diese gelten als Arbeitsauftrag, zu denen der Einkauf Lösungsvorschläge beisteuern soll. Unabhängig davon sucht der Einkauf ständig nach pfiffigen Lieferantenideen, welche er als Bottom-up-Prozess wiederum in die verschiedenen Fachabteilungen hinein vermittelt. Ein eigenes Lieferantenportal auf unserer Homepage ermöglicht es neuen Geschäftspartnern, schnell und unkompliziert innovative Ideen direkt an die richtigen Stellen zu kommunizieren.
Wie funktioniert das Zusammenspiel der Abteilungen?
Neben der Idee ist die zielgerichtete und praxisorientierte Umsetzung wesentlich. Der Einkauf versteht sich primär als Dienstleister, aber auch als kompetenter Partner der internen Kunden. Dazu ist es notwendig, dass sich der Einkauf als fachlicher und technisch kompetenter Gesprächspartner etabliert. Technik und Einkauf sind bei uns gemeinsam für das Materialgruppen- und Lieferantenmanagement verantwortlich. Am Anfang eines neuen Projektes beispielsweise legen Technik und Einkauf gemeinsam eine Beschaffungs-Roadmap mit Konzeptwettbewerben und den zu involvierenden Lieferanten fest.
Sie beschäftigen auch so genannte Innovation Scouts. Was ist darunter zu verstehen?
Wir haben uns die Frage gestellt, was einen erfolgreichen Einkäufer ausmacht. Wir haben professionelle Verhandler, die unter hohem Druck ihre Linie klar beibehalten, sowie systematische und strategisch denkende Materialgruppenmanager, die eine weltweite Lieferantenstrategie entwickeln und mit den unterschiedlichen Stellen im globalen Einkaufsnetzwerk abstimmen können. Und wir brauchen eben auch kreative, technisch versierte Mitarbeiter, die mögliche Potenziale erkennen, deren Nutzen bewerten und in die Technik hinein vermitteln können. In der Technik und den Geschäftsfeldern brauchen wir ebensolche kreativen Scouts, die sich von den Ideen begeistern lassen. Die richtige Kombination der unterschiedlichen Charaktere macht unseres Erachtens den Erfolgsfaktor aus.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten entwickelt?
Wir evaluieren sehr systematisch die Stärken und Schwächen unserer Zulieferer – sowohl aus kommerzieller als auch aus technischer Sicht. Dazu gehört auch, die Innovationskraft zu bewerten. Mit diesen Lieferanten führen wir regelmäßig Innovationsworkshops durch und diskutieren dabei gemeinsame Entwicklungsansätze.
Mit welchem Ergebnis?
In der Regel entstehen Projekte, die von der Entwicklung bis zu gemeinsamen Marketingveranstaltungen reichen können. Es ist dabei wichtig, dass sich unsere Interessen mit denen der ausgewählten Lieferanten decken, was oftmals erst bei der gemeinsamen Definition eines anschließenden Business-Modells offensichtlich wird. Die Zusammenarbeit geht von einem klassischen Lieferantenverhältnis in ein partnerschaftliches Zusammenwirken über, wobei der Begriff Partnerschaft heutzutage oft verwendet wird. Eine wirklich gelebte Praxis findet man dabei trotzdem eher selten.
Welche Kostenvorteile bietet das Einkaufsnetzwerk?
Als weltweit tätiges Unternehmen ist Rehau mit mehr als 170 Standorten in über 50 Ländern vertreten. Dies erfordert ein hohes Maß an Kenntnissen über die Märkte, da wir uns auf deren Bedürfnisse und Besonderheiten einstellen müssen. Über das Einkaufsnetzwerk stellen wir sicher, dass unabhängig von der Region nach den gleichen, standardisierten Prozessen und Tools eingekauft wird. Das erwarten auch unsere international tätigen Großkunden. Zudem ermöglicht das Netzwerk, systematisch und koordiniert die Vorteile der jeweiligen Beschaffungsmärkte zu analysieren und für die Gruppe zu erschließen. Und nicht zu- letzt versetzt es uns in die Lage, dort, wo es sinnvoll ist, Volumina gruppenweit zu bündeln und somit einen kommerziellen Vorteil zu auszuhandeln.
Was bedeutet das für das Innovationsmanagement?
Diese Vorgehensweise wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, da wir systematisch das Innovationspotenzial in weit entfernt liegenden Regionen erschließen. China beispielsweise entwickelt sich mit zunehmender Geschwindigkeit von einem reinen Low-cost-Land zu einem bedeutenden Faktor in der weltweiten Forschung und Entwicklung.
In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungsspielraum?
Die zunehmende Globalisierung wird uns weiter herausfordern. Die weltweite Suche von Lieferanten – auch unter Berücksichtigung der lokalen Marktpreise und Währungspotenziale – muss weiter intensiviert werden. Dazu gehört ein angepasstes Risikomanagement, das auch Fragen zum Schutz von Geistigem Eigentum mit beinhaltet. Wir werden hierzu in den nächsten Jahren einige unserer Schwerpunkte for-mulieren müssen.
Susanne Schwab und Jens-Peter Knauer jens-peter.knauer@konradin.de

BME-Innovationspreis – von den Besten lernen

Der weltweit tätige Polymerverarbeiter Rehau ist für sein Konzept „Innovationsmanagement im Einkaufsnetzwerk“ mit dem Innovationspreis 2006 des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) ausgezeichnet worden. „Das Unternehmen hat es verstanden, Innovationspotenziale von Lieferanten frühzeitig zu erkennen und zugleich gezielt zu fördern, um neuartige Lösungen zu Produkten, Märkten oder Technologien ins Unternehmen einzubringen“, begründet der BME-Vorstandsvorsitzende Dr. Jürgen Marquard die Wahl der Jury.
Rehau analysiert systematisch die Innovationskraft seiner Lieferanten. Der Einkauf wird in die Lage versetzt, bereits früh im Produktentstehungsprozess mitzuwirken.
Seit 1986 würdigt der BME mit dem Innovationspreis zukunftsfähige Konzepte in Einkauf und Logistik, die von Unternehmen in Deutschland verwirklicht wurden. Das Konzept muss sich erfolgreich für das Unternehmen und nützlich für Marktpartner ausgewirkt haben. Es soll zeigen, dass die sinnvolle Anwendung eines materialwirtschaftlichen Instrumentariums entscheidend zum Unternehmenserfolg beigetragen hat.

Neue Technologien
Um im Wettbewerb bestehen zu können, ist das Innovationspotenzial eines Unternehmens entscheidend. Dem Einkauf kommt dabei die Aufgabe zu, neue Technologien und Innovationen bei den Lieferanten systematisch zu eruieren und mit den eigenen Fachstellen umzusetzen.
Industrieanzeiger
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