Machen wir uns nichts vor. Jeder von uns steckt in einer Schublade. Man kommt dort ganz automatisch hinein. Unser Gehirn sorgt nämlich dafür, dass wir in Kategorien denken. Sonst könnten wir das zunehmende Chaos in unserer komplexen Welt nicht einordnen und die Informationslast reduzieren, behaupten Wissenschaftler. Wo das Gehirn aktiv ist, wenn es sortiert, haben Forscher der Ruhr-Uni-Bochum untersucht. Beteiligt am Schubladendenken ist der linke Gyrus Fusiformis am Schläfenlappen, der abstrakte Objekte kategorisiert. Diese schmale Gehirnwindung kooperiert eng mit dem Hippocampus im Endhirn. Er ist wichtig, um Gedächtnisinhalte aus dem Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Seit ich weiß, dass ich Schubladen nicht nur zuhause, sondern auch im Kopf habe, bin ich viel gelassener. Ohne diesen Hort der Ordnung würde ich bei mir weder Schlüssel noch Brillen oder das Impfbuch finden. Sonst würde bei mir Chaos herrschen. Ich trenne weder Linke von Rechten, auch nicht Stuttgart-21-Gegner von Parkschützern. Mir sind ohnehin alle suspekt, die ihre ideologischen Koordinaten derart zementieren. Sollte aber jemand mich in eine Schublade stecken wollen, werde ich ihm Gyros bis zum Abwinken servieren. Schweres Essen macht bekanntlich müde. Hoffentlich auch den Gyrus Fusiformis. Denn ist er inaktiv, ist eine Gesichtserkennung nicht mehr möglich. Dann steckt mich keiner mehr in eine Schublade. dk
Teilen: