Als Kinder und Jugendliche in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren waren wir aus heutiger Sicht kommunikativ isoliert. Damals spielten wir an Bachläufen, kletterten auf Bäume und gingen erst bei Sonnenuntergang nach Hause. Wir wurden auch zwischendurch nicht von unseren Müttern ermahnt, früher zu erscheinen oder zu erklären, wo wir gerade sind. Zum Glück gab es weder Handys noch Smartphones oder Tablet-PCs. Die kommunikative Isolation, die wir als solche gar nicht empfanden, ist unserer heute immer und überall erreichbaren Jugend dennoch nicht völlig fremd. Dass sich die internetaffine Generation immer mehr dem eigenen Auto ab- und den iPhones und iPads zuwendet, hat guten Grund. Denn alleine Auto zu fahren, bedeutet, kommunikativ isoliert zu sein. Während die Hände das Lenkrad umfassen und sich von diesem allenfalls zum Rauf- und Runterschalten lösen sollten, stockt die Facebook-Unterhaltung mit 400 Freunden ebenso wie die neue Statusmeldung auf Twitter. Der World-of-Warcraft-Showdown mit der Gilde wird ausgesetzt, kein Surfen im World Wide Web, weder ein Schnappschuss für die Freundin mit der Handykamera noch ein Musikdownload per Tauschbörse sind möglich. Höchste Zeit also, dass unsere innovative Industrie das Automobil zur Plattform für ein mobiles Multitasking weiterentwickelt. Wenn dazu in naher Zukunft das weitgehend assistierte Fahren Wirklichkeit wird, ist der letzte weiße Fleck auf der Landkarte der IT-Mobilisierung getilgt. Der vorletzte Freiraum wird derzeit erobert: An ihrem zukünftigen Arbeitsplatz wollen die Digital Natives nicht auf private Mobilgeräte und soziale Medien verzichten. Dies hat eine Studie von Siemens Enterprise Communications ermittelt. Noch verweigern sich die meisten Unternehmen der Nutzung privater Endgeräte im Job – einem Verfahren, das neudeutsch BYOD (Bring your own Device) heißt. Das wird sich aber bestimmt ändern, wenn die künftigen Mitarbeiter dank ihrer Mitbringsel von Zuhause vollständig integriert und ständig erreichbar sind. Wenigstens sind sie nicht kommunikativ isoliert – auch dann nicht, wenn sie zwecks Gruppendynamik im Hochseilgarten auf Bäume klettern und lange nach Sonnenuntergang die After-Work-Party mit den KollegInnen verlassen. Dass sie Muttern ermahnt, endlich nach Hause zu kommen, müssen sie – im Gegensatz zu uns damals – aber in Kauf nehmen. Die Abkehr von der kommunikativen Isolation hat eben ihren Preis. dk
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