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Fast alles ist auch aus Magnesium zu haben

Leichtbau-Werkstoff Magnesium: Prozesskette ist geschlossen
Fast alles ist auch aus Magnesium zu haben

Auf der Hannover Messe machte die Sonderschau „Magnesium – vom Werkstoff zum Werkstück“ von sich reden. Das Besondere: Sie deckte die gesamte Prozesskette des Leichtmetalls ab. Hier ein kleiner Rundgang bei den ausstellenden Firmen.

Dr. René Poss ist Geschäftsführer der Magnesium-Consulting and Development GmbH (MgCD) in Bad Harzburg

Auf der nächsten Hannover Messe wird die Sonderschau „Magnesium – vom Werkstoff zum Werkstück“ die doppelte Ausstellungsfläche erhalten. So stark war das Besucherinteresse. Deutlich machte die Schau aber auch, dass Magnesium (Mg) zu einem ernstzunehmenden Konstruktions-Werkstoff für den Leichtbau geworden ist: International agierende Produktionsunternehmen decken die gesamte Prozessdecke ab und machen das Material in unterschiedlichster Form verfügbar. Als Werkstofflieferant und Recycling-Unternehmen tritt beispielsweise Magnesium Elektron, Manchester, auf (Luxfer-Gruppe). Die Briten offerieren neben Sandguss- auch Speziallegierungen, die warmfest und korrosionsbeständig sind. Diese Mg-Sonderlegierungen werden bislang vor allem in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt. Daneben konzentriert sich Magnesium Elektron auf das Recyclinggeschäft und kümmert sich um Restbestände, Werkstücke mit Fehlstellen und auszumusternde Teile.
Für die Sandgusstechnologie in Magnesium steht die Metallgiesserei Wilhelm Funke GmbH & Co. aus Alfeld. Das Unternehmen mit 50 Mitarbeitern fertigt Einzelteile, Kleinserien und Prototypen mit einer Jahreskapazität von etwa 240 t. Möglich sind Formen mit den Abmaßen 2400 mm x 2400 mm im Handformverfahren und mit 1250 mm x 850 mm auf Formmaschinen, so dass Bauteile mit Stückgewichten bis zu 200 kg gegossen werden können.
Am präzisesten lassen sich die Vorzüge von Magnesium wohl für die Halbzeug-Form Blech angeben. Als junges Tochterunternehmen der Salzgitter AG befasst sich die Salzgitter Magnesium-Technologie GmbH mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von hochwertigen Flachwalzprodukten. Um das Leistungsprofil der Mg-Bleche zu charakterisieren, hebt Salzgitter die Rohstoffverfügbarkeit und Recyclingfähigkeit hervor, verweist auf die Dichte unter 1,8 g/cm³, auf die guten Dämpfungseigenschaften und die Energieaufnahmefähigkeit. Durch die hohe gewichtsspezifische Festigkeit und Steifigkeit (insbesondere unter Biege- und Beulbeanspruchung) sollen sich Gewichtsvorteile zwischen 25 bis 60 % am Bauteil erzielen lassen, verglichen mit Stahl und Aluminium. Auch Vorteile gegenüber Mg-Druckguss gebe es: Salzgitter nennt hier die homogene, feinkristalline und fehlerarme Werkstoffstruktur der Bleche. Im Vergleich zu Kunststoffen hat Mg-Blech unter anderem eine höhere Warmfestigkeit, eine geringere thermische Dehnung und lässt sich leichter wiederverwerten.
Die Formtech GmbH, Weyhe, gehört zu den weltweit führenden Know-how-Trägern für superplastisches Umformen und hat Erfahrungen mit Stahl-, Aluminium-, Titan- und Magnesium-Werkstoffen. Sie praktiziert die so genannte SPF-Technologie, die in ihrer Entstehung eng mit Fortschritten im Flugzeugbau verwoben ist, und ermöglicht dadurch neuartige, anspruchsvolle Lösungen – beispielsweise dünnwandige, komplexe sphärische Volumenobjekte aus hochfesten Werkstoffen. Kennzeichen von SPF ist die extrem hohe Fließfähigkeit des Metalls. Magnesium erreicht diese Eigenschaft durch Erhitzen auf rund 400 °C in einer Heißpresse. Unter relativ geringem Gasdruck nimmt das Material dann die Gestalt des formgebenden Werkzeugs an. So lassen sich durch superplastisches Umformen dünnwandige und formstabile Geometrien realisieren.
Das finnische Unternehmen Rapid Product Innovations Oy (RPI) ist Mitglied der Alphaform-Gruppe. RPI hat sich auf Produktentwicklungen für die Automobil-, Haushaltsgeräte- und die Elektronikindustrien spezialisiert und gilt als einer der führenden europäischen Systemlieferanten für Prototypen. Auch Rapid-Prototyping-Verfahren für Magnesium gehören zum Angebotsspektrum, decken aber nur einen Teil der Unternehmenskapazität ab.
Auch das Institut für Schweißtechnik und Trennende Fertigungsverfahren (ISAF) der TU Clausthal war an der Mg-Leistungsschau beteiligt. Das ISAF beschäftigt sich schon seit Jahren mit Magnesiumlegierungen, deren Eigenschaftsprofil und Verarbeitbarkeit, mit Fügetechnologien und Methoden zur Oberflächenveredelung sowie deren Auswirkung auf die Recycling-Fähigkeit der Produkte. Aktuelle Forschungsarbeiten befassen sich beispielsweise mit dem Laserstrahl- und Reibschweißen von Mg-Legierungen und mit hochfesten Verschleißschutzschichten.
Die Otto Fuchs KG aus Meinerzhagen ist einer der wenigen deutschen Anbieter von Strangpress- und Schmiedeprodukten aus Mg. Das Unternehmen verarbeitet über 100 verschiedene Legierungen der Werkstoffgruppen Aluminium, Kupfer und Magnesium zu Profilen mit Gewichten von bis zu 50 kg/m – häufig nach anwenderspezifischen Vorgaben. Die Otto-Fuchs-Schmiedebetriebe sind mit Pressen von 100 t bis 30 000 t ausgerüstet. Die Heißgesenk-Technologie der Meinerzhagener ermöglicht quasi-isothermes Schmieden für hohe Qualität und Reproduzierbarkeit.
Einer der Marktführer für die Oberflächenveredelung von Mg-Legierungen ist die AHC-Oberflächentechnik GmbH & Co. KG OHG aus Kerpen. Gleich, wohin die Werkstoff-Entwicklung geht: Magnesium bleibt auf Grund seines elektrochemischen Verhaltens (Normalpotenzial bei –2,36 V) unedel und ist gegen Korrosion zu schützen: Zusätzlich müssen die Oberflächen funktionelle Anforderungen erfüllen. Zahlreiche dieser Ansprüche können die Kerpener mit ihrem Programm an Coating-Verfahren für Mg erfüllen:
  • Anodische, plasmachemische Überzüge erhöhen nicht nur die Korrosionsfestigkeit, sondern verbessern gleichzeitig die Verschleißbeständigkeit.
  • Eine chromfreie Passivierung dient als Zwischenschicht für eine nachfolgende Lackierung oder Beklebung.
  • Trockene Gleitbeschichtungen mindern Reibung und Verschleiß.
  • Chemische Vernickelung wird empfohlen, wenn neben gutem Korrosionsverhalten auch typisch metallische Eigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit, Wärmeabführung, Glanz, Abschirmung oder Lötbarkeit verlangt sind.
Der Aluminium-Verlag in Düsseldorf hat die Aufgabe übernommen, das (durch weltweite Forschungsaktivitäten) inzwischen immens angewachsene Wissen über Magnesium in einem ersten Schritt zusammenzufassen. Neuere Legierungen spielen dafür eine wichtige Rolle. Sie lassen den Einsatz des Leichtmetalls auch für Fälle interessant werden, für die Magnesium auf Grund von Festigkeits- und Korrosionsproblemen bisher nicht in Frage kam. Denn auch hier lockt die um 40 % geringere Dichte, verglichen mit Aluminium. Das Magnesium-Taschenbuch will dem Leser einen Eindruck vermitteln, welche konstruktiven Möglichkeiten sich zur Zeit bieten. Mit der Mg-Werkstoffdatenbank hingegen bietet der Verlag eine systematische Informationsplattform mit Suchfunktionen an, die unter anderem schnelles Recherchieren in werkstoffrelevanten Normen und Richtlinien ermöglichen soll.
Als Spezial-Fachzeitschrift für die Magnesium-Industrie hat sich das in Dänemark produzierte Blatt IMC vorgestellt (siehe Web-Adresse unten). Die Redaktion sammelt und dokumentiert aktuelle Informationen über Magnesium und seine Legierungen. Die Web-Seite enthält eine Datenbank über Unternehmen, die im Mg- Bereich tätig sind und sich mit der Erforschung des Werkstoffes beschäftigen.
Nicht zuletzt war auch die MgCD GmbH aus Bad Harzburg, Veranstalterin der Sonderausstellung, auf dem Stand vertreten. Das Team beschäftigt sich mit der Entwicklung von Magnesiumprodukten und berät mittelständische Unternehmen.
www.magnesium-industry.com
Superplastisches Umformen führt zu komplex geformten Magnesiumteilen
Anodische Beschichtungen erhöhen die Korrosionsfestigkeit

Zum Autor

Als einer der Geschäftsführer der Magnesium-Consulting and Development GmbH (MgCD), Bad Harzburg, organisiert Dr. René Poss das Werkstoff-Forum auf der Hannover Messe und neuerdings die Sonderausstellung Magnesium. Sein Unternehmen widmet sich in erster Linie der Beratung von mittelständischen Unternehmen beim Einsatz und der Verarbeitung von Magnesium. E-Mail: poss@mgcd.de
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