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Für die Gesundheit ist der Chef verantwortlich

Gesetze regeln lufttechnisches Entsorgen von Maschinen
Für die Gesundheit ist der Chef verantwortlich

Für das richtige Absaugen von Stäuben, Dämpfen und Nebeln, die beim Bearbeiten von Metall entstehen, ist der Arbeitgeber zuständig. Die EU-Rahmenrichtlinie lässt keinen Spielraum für Fehlinterpretationen. Lufttechnik-Experte Peter A. Walther zum Stand der Dinge:

Dipl.-Ing. Peter A. Walther ist Geschäftsführender Gesellschafter der Air Consult-Walther GmbH in Günzburg

Wenn es um die lufttechnische Entsorgung in Betrieben geht, hält sich hartnäckig der Irrtum, dass diese noch nicht zwingend sei. Tatsächlich gibt es aber schon seit längerer Zeit sowohl ländereigene, als auch EU-Vorschriften. In der deutschen Arbeitsstättenverordnung ist unter § 14 ausgeführt, dass Staub, Dämpfe, Nebel und dergleichen schon am Ort ihrer Entstehung erfasst und nach dem Stand der Technik zu beseitigen sind. Lässt diese Formulierung noch Interpretationen zu, so trifft dies für die exakter ausformulierte EU-Rahmenrichtlinie nicht mehr zu. Sie bestimmt zunächst klar, wer für den Schutz der ihm anvertrauten Mitarbeiter zuständig ist, nämlich der Arbeitgeber oder dessen gesetzlicher Vertreter. Er hat für die Realisierung von Schutzvorrichtungen zu sorgen. Diese Punkte sollten dabei beachtet werden:
1. Gefährdungsanalyse und Risikobewertung
Wird ein Arbeitsplatz eingerichtet, so muss der Arbeitgeber feststellen, welche Gefahr damit für den Mitarbeiter verbunden ist. Liegt eine solche vor, ist die Rangfolge der Schutzmaßnahmen zu beachten, und zwar unter Berücksichtigung des Standes der Technik:
  • a) Substitution gefährlicher Stoffe durch ungefährliche (wenn möglich)
  • b) Technik zur Lösung des Problems
  • c) Arbeitsorganisation
  • d) Körperschutz (Hör- und Atemschutz)
2. Information und Unterrichtspflichten
Ist Punkt 1 abgeschlossen, muss der Mitarbeiter anhand einer Betriebsanweisung über die Art seiner Tätigkeit aufgeklärt werden. Das ist zu dokumentieren. Jährliche Wiederholungen sind Pflicht.
3. Recht auf Arbeitsverweigerung
Der betroffene Mitarbeiter hat das Recht auf Arbeitsverweigerung, wenn er bei seiner Tätigkeit unzulässigen Gefahren ausgesetzt wäre (Gefahr für Leib und Leben).
Neu ist, dass Betriebe ihre verwendeten Gefahrstoffe auflisten und den Ämtern für Arbeitsschutz bekanntgeben müssen. Dort werden sie 30 Jahre aufbewahrt. Der Grund: Zwischen dem ersten Stoff-Kontakt und einer durch ihn verursachten Erkrankung kann ein sehr langer Zeitraum liegen. Trotzdem lassen sich inzwischen typische Krankheitsbilder mit ganz bestimmten Gefahrstoffen in Verbindung bringen: etwa für Schweißer Blasenkrebs, verursacht von Schwermetallen und für Lackierer Nierentumore durch Lösemitteldämpfe. Der Betreffende kann zwar fast immer angeben, in welchen Unternehmen er tätig war, oft aber nicht, mit welchen Stoffen er Kontakt hatte.
Die gesetzliche Unfallversicherung ist mit ihren Berufsgenossenschaften (BG) hart an der Front des Geschehens. Jede dieser BG hat Ausschüsse, die den Wandel in der Sparte registrieren und zeitnah an Vorschriften arbeiten. So regelt die TRGS 560 (Technische Regel Gefahrstoffe) beispielsweise die Luftrückführung beim Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und gibt damit vor, unter welchen Bedingungen diese realisiert werden dürfen. Wesentlich ist allerdings, dass die Arbeitgeber den Aufwand für gerechtfertigt halten und sich danach richten. Das geht umso verlässlicher, je besser sie informiert und von der Notwendigkeit überzeugt sind.
Anhaltspunkte für die Gefährlichkeit von Stoffen gibt der MAK-Wert, der die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentration pro Kubikmeter Luft beschreibt. Die mit speziellen Apparaturen gemessenen Werte berücksichtigen auch die Feinheit des Staubes oder der Aerosole. Die feinste Fraktion ist die gefährlichste – der sogenannte alveole Staub. Er gelangt bis in die Bronchien und Lungenbläschen. Neuerdings nehmen die alveolen Stäube und Aerosole stark zu, etwa bei Kühlschmierstoffen oder beim Laserschneiden und -schweißen. Letztere ist das jüngste Beispiel dafür, wie wichtig die richtige Absaugtechnik ist.
Trifft der Laser auf das Metall, verdampfen beispielsweise alle Legierungsbestandteile, um im nächsten Augenblick zu kondensieren. Sogenannte „Airborn Particles“ entstehen, winzige Tröpfchen, die durch die geringste Thermik quer durch den Raum wandern und auch Unbeteiligte behelligen. Man riecht sie nicht, man sieht sie nicht, doch sie können verheerende Wirkungen haben. In der Anfangszeit der Laserbearbeitung wurden die Metallkondensate mittels elektrostatischer Filter abgetrennt. Heute weiß man, dass man den Bock zum Gärtner gemacht hatte. Die Metallaerosole setzten sich an den Isolatoren fest und begünstigen die Entladung des elektrischen Potenzials, so dass der Wirkungsgrad solcher Anlagen gering ausfallen musste. Unbefriedigend ist das allerdings für die Beschäftigten. Die waren der Meinung, sie hätten ein Filter für den Staub, und alles Misstrauen war fort. Heute häufen sich die Krankheitsbilder, und elektrostatische Filter sind so gut wie nicht mehr anzutreffen in der Laser-Metallbearbeitung.
Schadstoffentstehung und -beseitigung an Werkzeugmaschinen: Zwei Drittel der ohne Beratung getätigten Investitionen sind Fehlinvestitionen
Entstehen an einer Werkzeugmaschine Schadstoffe welcher Art auch immer, so ist eine 100%ige Erfassung derselben und eine ebenso wirksame Filterung vorgeschrieben.
Bei geringer Verschmutzung reicht eine Zwangsbe- und -entlüftung des Raumes, durch die der Schadstoffgehalt der Luft im Rahmen gehalten wird. Bei größeren Schadstoffmengen, etwa wenn mehrere Emissionsquellen vorhanden sind, ist eine maschinenbezogene Absaugung unerlässlich.
Werden derartige Geräte nötig, empfiehlt es sich auf jeden Fall, Experten zu Rate zu ziehen. Schätzungen gehen davon aus, dass 2/3 der von Laien getätigten Investitionen nicht dem Anforderungskatalog entsprechen, also schlicht Fehlinvestitionen sind. Fachgemäße Lösungen sind dagegen oft nur wenig teurer. Zudem hält eine vernünftig dimensionierte Peripherie die Kosten der Luftreinigung in vertretbaren Grenzen.
Wichtig ist auch zu bedenken, dass die Beschaffungskosten solcher Absaug- und Filtergeräte nur wenige Prozent der Lebenskosten betragen. Den viel größeren Anteil machen die laufenden Betriebskosten aus, etwa hohe Stromkosten oder häufig nötige Filterwechsel. Diese Kosten fallen vor allem deshalb ins Gewicht, weil diese Gerätschaften unproduktiv sind.
Luftreinigung zum Nulltarif gibt es nicht, und ohne Gesetzesübertretung ist es nicht möglich, auf Luftreinigungsmaßnahmen zu verzichten. Es kann daher sinnvoll sein, sich schon beim Kauf einer Werkzeugmaschine für einen Hersteller zu entscheiden, der wenigstens Hinweise zur nötigen Peripherie gibt oder diese noch zusätzlich anbietet. Zudem lohnt es sich immer, bei den angegebenen Referenzen nachzufragen. Möglich, dass der Betreiber die Angelegenheit etwas differenzierter schildert.
Diese Punkte sollten Sie abfragen, bevor Sie einen Auftrag für Absaug- und Filtergeräte erteilen. Denn erst, wenn auch die latenten Kosten sichtbar sind, lassen sich Angebote verschiedener Hersteller vergleichen:
– Eignet sich das Gerät für die bekannte Aufgabenstellung? Lässt sich damit der MAK-Wert einhalten?
– Mit welchen Betriebskosten ist zu rechnen?
– Wie laut ist ein Gerät im Betrieb?
– Welche Wartungsarbeiten verursacht es und welche Wartungsintervalle müssen eingehalten werden?
Norm EN 12957 : Funkenerodieren soll sicherer werden
Wie sich Funkenersosionsmaschinen sicher betreiben lassen, regelt die Norm EN 12957. Ihr Entwurf liegt in Brüssel zur Abstimmung, spätestens Mitte 2001 soll sie in Kraft treten. Betreibern von Senk- und Drahterodieranlagen gibt sie jedoch schon jetzt wichtige Anhaltspunkte, wie sie die Maschinenrichtlinie einhalten können. Folgende Defizite könnte die Regelung beheben:
– Das Verpuffungsrisiko durch zugesetzte Filter
Jährlich werden in Deutschland 10 bis 15 Verpuffungen bekannt. Sie gehen meist auf zugesetzte Filter zurück. Der Filterwiderstand steigt und die Absaugleistung sinkt. Dadurch kommt das Dampf-Luft-Gemisch in den explosionsgefährlichen Bereich. Oft reicht dann ein Funke, um eine riesige Verpuffung auszulösen. Geborstene Rohrleitungen und verbogene Bleche können die Folge sein.
– Die Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter
Wenn die Absaugleistung sinkt, werden die Dämpfe an der Entstehungsstelle nicht mehr 100%ig abgesaugt. Mitarbeiter atmen Dämpfe und Metallaerosole ein.
– Die Gefahr der Ausbreitung von Glimmbränden
Schaltet die Absaugung im Brandfall nicht automatisch ab, wird der CO2-Löschmittel-Teppich wieder abgesaugt. Ein übrig gebliebener Glimmherd kann dann leicht zu neuerlichem Brand führen, gegen den eine dann leere CO2-Flasche machtlos ist. Dielektrikum hat Heizwerte wie Petroleum. Gerät es in Brand, kann über kurz oder lang die gesamte Hallenfläche betroffen sein, wenn beispielsweise eine Zuleitung auf Grund der Hitze platzt. Zudem können Temperaturen von 200 bis 300 °C Dieelektrikumsrückstände in Vertiefungen von unsachgemäß verlegten Rohren zur Entzündung bringen.
Der Entwurf ist zu beziehen bei: Beuth-Verlag GmbH, Berlin, Tel. 030/2601-2260
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