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Fußball-WM 2010 und Arbeit – was geht im Recht?

Fans dürfen wegen der Spiele ihre Pflichten nicht verletzen
Fußball-WM 2010 und Arbeit – was geht im Recht?

Fußball-WM 2010 und Arbeit – was geht im Recht?
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika steht vor der Tür. Bis zum Halbfinale finden eine Reihe von Spielen am späten Mittag oder frühen Nachmittag statt. So beginnt etwa das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Serbien am Freitag den 18. Juni 2010 bereits um 13.30 Uhr. Viele Arbeitnehmer beabsichtigen, dieses und weitere Spiele am Arbeitsplatz zu verfolgen. Andere wieder wollen lieber zu Hause bleiben. Klaus-Dieter Franzen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Bremer Kanzlei Rechtsanwälte Engel und Partner, gibt Antworten auf die Frage, ob und gegebenenfalls wie Fußball und Arbeit unter einen Hut gebracht werden können.

Um in den Genuss der Fernsehübertragungen zu kommen, könnte der Arbeitnehmer zunächst frühzeitig bezahlten Urlaub beantragen. Grundsätzlich genießt der Urlaubswunsch des Arbeitnehmers Priorität, es sei denn, ihm stehen dringende betriebliche oder soziale Belange entgegen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn dem Arbeitgeber durch die Arbeitsbefreiung ein Schaden entsteht, ein hoher Krankenstand zu Engpässen führt oder andere Mitarbeiter zu bevorzugen sind.
Wird der Urlaub nicht gewährt, muss der Arbeitnehmer vor dem beabsichtigten Antritt beim zuständigen Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitgeber erwirken, wenn er weiter an dem Urlaub festhalten will. Einfach zu Hause zu bleiben oder gar anzukündigen, man werde krank machen, wenn der Urlaub nicht gewährt werde, kann schlimme Folgen haben: Die Arbeitsgerichte werten ein solches Vorgehen als erhebliche Vertragspflichtverletzung, die zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen kann.
Keinen Unterschied macht der Umstand, dass der Arbeitnehmer möglicherweise ohne Bezahlung freigestellt werden möchte. Einen solchen Anspruch kennt das Bundesurlaubsgesetz nicht. Ohne die Zustimmung des Arbeitgebers geht in diesem Fall nichts.
Hat der Arbeitgeber jedoch Urlaub gewährt, ist er daran gebunden. Es ist ihm deshalb außer in erheblichen Notfällen nicht erlaubt, den Arbeitnehmer vom Urlaub in den Betrieb zurückzurufen.
Muss der Arbeitnehmer während der Übertragungen arbeiten, bliebe ihm die Möglichkeit, die Spiele am Arbeitsplatz zu verfolgen. Dabei wird das Radiohören noch am ehesten als zulässig anzusehen sein. Es darf nur niemanden stören. Beeinträchtigt die Radioübertragung zum Beispiel den Kundenverkehr oder die Arbeitsfähigkeit der Kollegen, muss das Gerät aus bleiben. Ist dem nicht so und wird die Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei ausgeführt, kann das Radiohören nicht untersagt werden.
Dagegen dürfte von vornherein kein Anspruch des Arbeitnehmers bestehen, Spiele während der Arbeitszeit im Fernsehen verfolgen zu dürfen. Denn wer Fernsehen schaut, wird sich nicht mehr auf die eigentliche Tätigkeit konzentrieren können. Der optische Reiz ist zu stark, um nicht abgelenkt zu werden. Deshalb darf das Gerät ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht eingeschaltet werden.
Ähnliches gilt für die Übertragung im Internet, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung dieses Mediums gestattet hat. Denn regelmäßig umfasst die Erlaubnis nur das Surfen in den Arbeitspausen. Ist in dem Unternehmen das Surfen auch während der Arbeitszeit erlaubt, muss das Übermaßverbot beachtet werden. Werden Spiele in voller Länge verfolgt, liegt regelmäßig eine Verletzung der Arbeitspflicht vor, die abgemahnt oder im schlimmsten Fall mit einer Kündigung geahndet werden kann.
Richtig bitter kann es für den Arbeitnehmer werden, wenn das Spiel erst am Abend nach Feierabend laufen soll und der Vorgesetzte von dem Arbeitnehmer verlangt, Überstunden zu machen. Ob dies zulässig ist, ergibt ein Blick in den Arbeitsvertrag oder in die Betriebsvereinbarung beziehungsweise den Tarifvertrag. Enthalten diese Verträge eine entsprechende Regelung, ist der Arbeitgeber berechtigt Überstunden anzuordnen. Dem steht die Fußballbegeisterung des Arbeitnehmers nicht entgegen. Ist dies jedoch nicht der Fall, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig verwehrt, den Arbeitnehmer zur Ableistung von Überstunden zu zwingen.
Für manche gehört es dabei dazu, mit alkoholischen Getränken auf Tore anzustoßen. Sieht der Arbeitsvertrag, das Gesetz oder der Arbeitsschutz kein Verbot vor, darf angestoßen werden, allerdings nur in Maßen. Wie beim Radiohören darf die Leistungsfähigkeit und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht eingeschränkt werden. Jedoch kann der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nicht einseitig anordnen, sich einer Alkoholkontrolle zu unterziehen.
Nach allem gelten auch für die Zeiten einer Fußball-WM keine Ausnahmen von den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen. So weit erforderlich, sollten die Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Interessenvertretungen für den doch überschaubaren Zeitraum einvernehmliche Regelungen über die angesprochenen Fragen treffen.
Industrieanzeiger
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