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Gegenseitiger „Windklau“

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Gegenseitiger „Windklau“

Windkraft | Windparks liefern den größten Anteil erneuerbarer Energie. Doch die Technologie stößt schneller an ihre Grenzen als bislang gedacht: Stehen Windräder nah beieinander, bremsen sie sich gegenseitig aus.

Immer größer werden die Windparks, die Deutschlands Strombedarf in der Zukunft decken sollen. Doch mit ihrer Größe sinkt ihre Leistungsfähigkeit, berichten Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena. Das Potenzial der Windenergie könnte kleiner sein als bislang erwartet.

Das Umweltbundesamt etwa kam in einer Studie aus dem Jahr 2013 noch zu dem Schluss, dass sich mit Windenergie knapp 7 W/m2 erzeugen lassen. Doch wie ein internationales Team um Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts in Jena nun zeigt, ist diese Rate deutlich niedriger. Die Wissenschaftler haben den Effekt anhand einer 100 000 km2 großen Region im windreichen US-Bundesstaat Kansas simuliert. Nach Angaben von Axel Kleidon, Leiter der Forschungsgruppe am Jenaer Institut, sind die Erkenntnisse auf andere Regionen übertragbar – und wohl auch auf Windparks auf hoher See.
Derzeit werde an einer ähnlichen Untersuchung für solche Offshore-Windparks gearbeitet. „Da sehen wir sehr ähnliche Effekte. Denn die Rate steigt nicht linear mit der installierten Leistung, weil die Turbinen den Wind bremsen“, so Kleidon. Das mache sich vor allem bei einer sehr hohen Dichte installierter Windkraftleistung bemerkbar. Der Effekt tritt überall auf. Wieviel Strom pro Fläche Windkraft tatsächlich liefert, variiert aber von Region zu Region leicht. In Kansas ließe sich noch viel mehr Windenergie effizient nutzen. Das Potenzial auszuschöpfen, das das Umweltbundesamt in Deutschland für die Windenergie sieht, wäre jedoch vermutlich nicht sinnvoll.
Allein stehende Windkraftanlagen können mehr Strom produzieren, denn die Leistung einer einzelnen Turbine wird durch die Windgeschwindigkeit bestimmt. Wenn viele Anlagen nah beieinanderstehen, kommt nur noch sehr wenig Wind in der Mitte eines Feldes an. Stehen die Anlagen zu dicht, liefert jede Turbine weniger Leistung. „Die Windturbinen nehmen sich sozusagen gegenseitig den Wind weg“, erklärt Kleidon.
Die Forscher arbeiteten mit einem komplexen Simulationsmodell, das häufig in der Wettervorhersage benutzt wird, und berücksichtigten in den Rechnungen erstmals Windparks und deren Auswirkungen auf den Wind. „Wenn wir nur ein paar Windturbinen berücksichtigen, finden wir, was wir erwarten: mehr Turbinen erzeugen mehr Strom“, erklärt Lee Miller, Erstautor und Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. „Sobald wir sehr viel mehr Turbinen einführen, zeigt sich aber, dass die Windgeschwindigkeit zunehmend reduziert wird und jede Turbine weniger Energie erzeugt.” Laut der Studie können Windparks maximal 26 % der Windenergie in elektrische Energie umwandeln. Dann haben sie allerdings die Windgeschwindigkeit um 42 % reduziert. „Der Wind muss von oben für Nachschub sorgen“, sagt Kleidon, „doch dieser vertikale Austausch ist relativ gering.“ Wenn Windparkbetreiber das Limit von 1,1 W/m2 erreichen wollten, würde sich das aber nicht nur auf die Ausbeute ihrer Anlagen auswirken. „Natürlicherweise wird der Wind durch Turbulenzen gebremst“, erklärt Axel Kleidon. „Über die Turbulenzen wird aber auch Wärme und Feuchtigkeit zwischen der bodennahen und der höheren Atmosphäre ausgetauscht.“ Nehmen sie ab, weil Turbinen den Wind bremsen, hat das auch Folgen für das Klima.
Auf dem Land produzierte Windenergie ist die günstigste der erneuerbaren Energien. Ihr Strompreis liegt nur knapp über dem von Kohle und Gas. 2014 deckte Windenergie etwa 9 % des deutschen Strombedarfs.
Kleidon betont, dass dieser Effekt nur bei der Windkraft auftrete, nicht aber bei anderen erneuerbaren Energien wie der Solarenergie. Dicht beieinander stehende Photovoltaikanlagen hätten keinen Einfluss aufeinander. Ihr Einsatz sei flächendeckend möglich. (ag) •
Industrieanzeiger
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