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Gemeinsam dem gläsernen Kunden auf der Spur

Customer Relationship Management: Alle ziehen an einem Strang
Gemeinsam dem gläsernen Kunden auf der Spur

Mit aufwändigem Hard- und Software-Einsatz allein erreicht man keine Kundenloyalität. Damit Customer Relationsship Management (CRM) ein Erfolg wird, müssen Management und Mitarbeiter an einem Strang ziehen.

Brigitte Thurn ist Journalistin in Köln

Das Kürzel CRM für Customer Relationship Management gehört zum Trendvokabular von IT-Herstellern und Beratern. Mit dem Management der Kundenbeziehungen sollen mittlere bis große Unternehmen endlich das lernen, was der Chef vom Feinkostladen an der Ecke längst kann. Er weiß, welche Waren Kunde Meyer besonders schätzt. Deshalb kann er Wünsche wecken, die der Kunde beim Betreten des Ladens noch gar nicht hatte: „Ich habe gerade frische Steinpilze hereinbekommen. Die mögen Sie doch so gern.“ Das ist CRM in Perfektion.
„Unter CRM verstehen wir die strategische Ausrichtung auf das Ziel, die Geschäftsbeziehungen zu den Stakeholdern des Unternehmens dauerhaft und werthaltig zu verbessern,“ definiert die C-Business Unternehmensberatung in Frankfurt die Aufgabe. Unternehmen müssten „in der Lage sein, durch gezielten Dialog in Form, Inhalt und Intensität starke, vertrauensvolle und loyale Beziehungen zu ihren Kunden, Interessenten, Mitarbeitern und Aktionären aufzubauen, zu halten, auszubauen und gegebenenfalls wieder aufzubauen“.
Doch Unternehmen sind keine Feinkostläden, obwohl ihr Interesse das gleiche ist: Die Kundenbeziehungen sollen so gestaltet werden, dass der Kunde langfristig gebunden und zu mehr Konsum oder zu größeren Investitionen motiviert wird.
Dieses Bestreben hatten Unternehmen immer schon. Vergleichsweise neu ist der Versuch, das Ziel mit der Unterstützung von Hard- und Software zu erreichen. Was als Computer Aided Selling (CAS) in den 80er-Jahren begann, und ausschließlich die Vertriebsorganisation unterstützte, hat sich zum CRM gemausert.
Die Strategie basiert auf Technologien und Tools wie Data Warehousing, Data Mining, Call Centern, Internet und E-Commerce. Ein CRM-System speichert alle kundenrelevanten Daten und stellt sie Mitarbeitern in Marketing, Vertrieb und Service jederzeit und an jedem Ort zur Verfügung. Der Fundus an Informationen erlaubt es, Kunden zu segmentieren und ihnen ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten.
Für IT-Anbieter und Berater ist die Sache längst entschieden: Ohne CRM läuft in Zukunft gar nichts mehr. Die These findet immer mehr Zustimmung in den Unternehmen. Eine aktuelle Studie der Cap-Gemini-Gruppe und der International Data Corporation (IDC) ergab, dass das Bewusstsein der Unternehmen für die Bedeutung des systematischen Managements von Kundenbeziehungen deutlich gestiegen ist.
Von 1100 befragten Unternehmen in Europa und den USA bestätigen 28 %, derzeit eine CRM-Strategie konkret zu planen oder bereits umzusetzen. Weitere 37 % geben an, sich der wachsenden Bedeutung von CRM bewusst zu sein. Nur rund ein Drittel der Unternehmen fühlt sich von dem Thema derzeit noch nicht betroffen. Die Nachzügler werden in spätestens zwei Jahren unter erheblichen Wettbewerbsdruck geraten, warnen die Analysten. Denn schließlich seien die Elemente des CRM nicht nur ein entscheidendes Differenzierungs-Instrument am Markt, sondern auch ein Mittel, um die Kundenprofitabilität und somit den Umsatz zu steigern.
Ein hoher Anspruch: Der Unternehmensberater und in Fachkreisen renommierte CRM-Experte Wolfgang Schwetz warnt vor Schnellschüssen: „Es gibt keine Kausalität zwischen CRM-Einsatz und Umsatzsteigerung. Auch Aussagen wie ‘durch CRM steigt die Effizienz des Außendienstes um 15 %’ sind nicht sinnvoll.“ Schwetz sieht CRM als langfristige Strategie, deren Effekt sich nicht in sechs Monaten rechnen kann. „Wie wollen Sie den Schaden bewerten, der dadurch entsteht, dass der Kundendienst bisher nicht alle Informationen an die Entwicklungsabteilung oder den Vertrieb weiterleitet?“, fragt der Experte. Der Nutzen von CRM liege darin, dem Kunden schnell ein attraktives Angebot unterbreiten zu können. Schwetz: „Wenn ein Unternehmen dafür traditionell zwei Wochen benötigt, es mit CRM aber an einem Tag schafft, dann ist das ein Erfolg – finanziell ist dies freilich schwer zu bewerten.“
Genau darum geht es ja – um maßgeschneiderte Angebote. „CRM macht der Gießkannenwerbung ein Ende, die dazu führt, dass Leute, die im 7. Stock wohnen, einen Prospekt mit Rasenmähern in ihrem Briefkasten finden“, illustriert Schwetz. „Auch Direktbanken, Energieversorger und Telekommuniktionsunternehmen finden CRM nützlich. Sie wollen große Datenmengen in den Griff bekommen.“ Im Mittelstand, speziell im Investitionsgüterbereich, sei man noch skeptischer. „Dort haben wir komplette Vetriebsmannschaften und vielleicht 5000 Kunden, die der Hersteller zu kennen glaubt“, erklärt Schwetz.
Aber kennt der Mittelstand seine Kunden wirklich so genau? In der Herbert Waldmann GmbH & Co. war man sich eines Tages gar nicht so sicher. „Wir hatten einen Leidensdruck durch großes Wachstum. Das brachte uns dazu, unsere Geschäftsstrategie grundsätzlich zu überdenken“, schildert Thomas Wursthorn. „Wir mussten uns darüber klar werden, wo wir eigentlich hinwollen, ob wir noch weiter expandieren wollen.“ Waldmann produziert Lichttechnik, die zu 80 % direkt an die Abnehmer geht. Zu den Kunden gehören Büros, Kliniken, Händler und Architekten. „Wir hatten so viele neue Kunden, dass die Außendienstmitarbeiter nicht mehr jeden kennen konnten,“ erklärt der Marketingleiter, „und die übliche Segmentierung in A-B-C-Kunden schien nicht mehr zu greifen.“ Wenn der Umsatz stark auf Weiterempfehlung basiert, macht es Sinn, eine Segmentierung nicht allein nach dem Eigenbedarf der jeweiligen Kunden vorzunehmen, sondern zu berücksichtigen, dass manche – wie beispielsweise Architekten – eine Vermittlerrolle spielen. „Wir wollten genau wissen, wen wir als A-Kunden definieren sollen, und gleichzeitig wollten wir rationalisieren.“
Das Unternehmen in Villingen-Schwenningen orderte nicht sofort ein CRM-System, sondern analysierte zuerst die Kundenstruktur. Das sei dringend zu empfehlen, meint Experte Schwetz. „Es kann ja nicht darum gehen, ein Schema-F-Angebot besonders schnell abzugeben. Für ein maßgeschneidertes Angebot aber müssen die Kundenprofile klar sein.“ Bei Waldmann führte man viele Kundengespräche. Man habe laut Wursthorn gefragt: Was wird gewünscht, was sollen wir ändern, was sollen wir behalten?
Was als Computer Aided Selling begann, wurde zu CRM
Die Kunden fanden die Aktion gut, und Waldmann erhielt wichtige Nebeninformationen über Produktlösungen und Prospektgestaltung. Anschließend wurden Projektteams gebildet, um einzelne Bausteine wie das Beschwerde-Management zu institutionalisieren. Und erst dann dachte man konkret über die technologische Lösung nach. „Schon vor fünf Jahren haben wir ein Informationssystem auf Lotus-Notes-Basis eingerichtet. Jetzt wollten wir die Tools mundgerecht machen. Wir wollten erreichen, dass alle Daten auf Knopfdruck abrufbar sind“, erklärt der Marketingleiter.
Diese Einstellung ist ganz im Sinne von Wolfgang Schwetz: „Bevor man ein CRM-System einrichtet, muss das Management umdenken. Es darf CRM nicht in die IT-Ecke stellen, sondern muss es als unternehmensweite Strategie verstehen.“ Der Erfolg des Vorhabens „hängt nicht ab von der Software“, betont Schwetz. Voraussetzung sei die Motivation der Anwender, das System mit all seinen Möglichkeiten aktiv zu nutzen. Der Außendienst müsse lernen, die Daten aktuell und richtig zu erfassen. Das Marketing müsse lernen, die höhere Qualität der Informationen für eine strategisch bessere Marktbearbeitung zu nutzen.
Dieser Forderung kann die C-Business Unternehmensberatung nur zustimmen: „Die meisten CRM-Projekte scheitern“, bedauert Berater Christoph Busch. „CRM ist eine Philosophie, auf die alle im Unternehmen eingehen müssen. Wenn man Mitarbeiter nicht einbezieht, Zugriffe sperrt oder falsch vergibt, was soll dann das Ganze?“ Busch hat die Erfahrung gemacht, dass Sachbearbeiter oft gar keinen Kundenkontakt wollen. Und dann bleiben die Anfragen liegen. Busch: „Da nutzt auch das beste Kontaktmanagement nichts.“
Infos zu CRM
– Buchtipp: Wolfgang Schwetz, Customer Relationship Management. Mit dem richtigen CAS/CRM-System Kundenbeziehungen erfolgreich gestalten (Gabler Verlag, Wiesbaden, 2000). Ein gut lesbares Handbuch mit praktischen Tipps, Fallbeispielen und Checklisten.
– Web-Tipp:www.crmforum.de ist eine von Wolfgang Schwetz gegründete Internet-Community zur Förderung des Austausches rund um CAS und CRM für Experten und Anwender. News, Glossar, Fachbeiträge, Diskussionsforum.
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